Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
von ihm sprach. Für sie war er mittlerweile so etwas wie ein Bruder, auch wenn er in einem anderen Haus lebte und seine Haut blass und nicht tätowiert war.
»Eine Heilerin dir bringen viel mana. Du sie heiraten wollen?«
»Nein, nein, Moana, das nicht!«, wehrte er ab, obwohl er zugeben musste, dass dieser Gedanke durchaus reizvoll war.
»Ist nicht hübsch?«
»Doch, das ist sie. Aber ich kenne sie noch nicht.« Er hatte schon seit einiger Zeit keine Beziehung mehr zu einer Frau gehabt, und wenn er ehrlich war, sehnte er sich nicht nur in gewissen Nächten danach, einen warmen Körper neben sich zu haben. Allerdings war Ricarda Bensdorf keine Frau, die man nur für ein paar Nächte zu sich holte. Sie war stark und eigenwillig und würde sich bestimmt nicht durch Komplimente beeindrucken lassen. Für sie musste ein Mann schon etwas Besonderes tun. Sie hatte ihn mit ihrer Schönheit an seine verstorbene Verlobte erinnert, wenngleich Emily blond und zart gewesen war. Und Miss Bensdorf ähnelte mit ihrem Temperament eher den Frauen seiner Familie väterlicherseits als der stillen Emily.
»Dann du sie müssen kennenlernen. Herz wissen früher als Verstand, was gut für dich.«
»Das sagst du so leicht, Moana.« Jack konnte ein Seufzen nicht unterdrücken. Schon oft hatte sich sein Herz geirrt. »Du bist eine glückliche Frau. Immerhin ist Rameka dein Tane, und er hat dich. Er muss ein sehr glücklicher Mann sein.«
»Manchmal er das sein, manchmal aber auch froh, wenn ich Hütte verlasse für Weile.«
»Das ist bei uns nicht anders. Aber wenn man eine Frau liebt, wünscht man sie sich schnell wieder zurück, wenn sie gegangen ist. Das ist bei euch auch so.«
Moanas Lächeln war Antwort genug.
In der Siedlung verschwand Moana in ihrer Hütte, die besonders kunstvoll gestaltet war. Das hohe Ansehen, das Moana bei ihrem Volk genoss, zeigte sich auch in den prächtigen Schnitzereien, die den Giebel zierten.
Die Heilerin hatte ihn eingeladen, ihr Haus zu betreten. Jack hatte die Einladung nicht ausgeschlagen, aber doch höflich darum gebeten, dass er den Besuch später nachholen dürfe, weil er vor Tagesanbruch wieder bei seiner Herde sein müsse. Deshalb wartete er nun draußen und ließ den Blick über den Versammlungsplatz schweifen. Gleich nebenan erhob sich ein tiki, eine jener ehrfurchtgebietenden Menschenstatuen aus Holz, die es in dieser Gegend häufiger gab und die Jack noch immer ein Rätsel waren. Die Hütten waren alle in größerem Abstand um diesen Mittelpunkt angeordnet. Nachbarn trafen sich hier zu einem kleinen Plausch, ein paar junge Krieger verdeutlichten sich mit ausschweifenden Gesten die Größe ihrer Jagdbeute. Einige junge Frauen und Mädchen beäugten Jack neugierig von weitem.
Die Maorifrauen hatten bei den Weißen den Ruf, besonders freizügig zu sein, was Männer wie Bessett offenbar weidlich ausnutzten. Jack wäre das niemals in den Sinn gekommen. Nicht etwa, weil er die braune Haut der jungen Frauen nicht attraktiv gefunden hätte, sondern weil er Respekt besaß vor den Eingeborenen, insbesondere vor diesem Stamm, mit dem er eng zusammenlebte. Mehr Aufmerksamkeit als ein flüchtiges Lächeln schenkte er den Mädchen deshalb ganz bewusst nicht, doch das reichte bereits, damit sie die Köpfe zusammensteckten, tuschelten und in Gelächter ausbrachen. Männer mit heller Haut und ohne Tätowierungen begegneten ihnen nur selten. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, waren die Ureinwohner nicht auf die Stadt angewiesen. Die Maori ernährten sich von kumara, Süßkartoffeln, puha, einer Sumpfpflanze, ika, Vögeln, und manu, Fisch. Außerdem kannten sie verschiedene essbare Wurzeln und Früchte, die es überall auf der Insel gab. Was sie nicht erjagen konnten, bauten sie auf Feldern und in Gärten an. Mehr brauchten sie nicht. Deshalb begaben sie sich nur nach Tauranga, wenn sie etwas bei Behörden regeln mussten oder ein Ereignis ihre Neugierde geweckt hatte. Die Missionare, die in der Nähe der Stadt tätig waren, bemühten sich, ihnen das Christentum nahezubringen, doch die Eingeborenen hielten an ihren Göttern Papa und Rangi fest.
Dennoch war der Einfluss der Weißen nicht aufzuhalten. Einige Maori sprachen bestens Englisch und arbeiteten als Dolmetscher für die Siedler und kleideten sich bereits wie die Europäer, weil man ihnen eingeredet hatte, dass ihre ursprüngliche Bekleidung schamlos sei. Jack wusste nicht, ob er das gutheißen sollte. Die Eingeborenen lebten in solch
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