Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
paradiesischen Zuständen, dass jede Anpassung an die Welt da draußen nur die Zerstörung ihres Gartens Eden bedeuten konnte, an der Männer wie Bessett bereits arbeiteten. Auch wenn der Engländer seinen Umsiedlungsplan wohl kaum durchsetzen könnte, so war zu befürchten, dass er seine Leute gegen die Maori aufhetzen und Kämpfe provozieren würde, um die Behörden von der Notwendigkeit einer Zurückdrängung der Urbevölkerung zu überzeugen. Bessett war ein gewissenloser Machtmensch, dem man unbedingt Einhalt gebieten musste.
Moana riss Jack aus seinen Grübeleien.
»Hier, Kräuter wie letztes Mal. Geben Tieren noch heute Abend.« Damit hielt sie ihm ein Tuch entgegen, in das sie die Heilkräuter eingeschlagen hatte.
Jack nickte. Noch immer war er versucht, ihr zu danken, aber was das anging, hatten die Maori ihre eigenen Regeln. Sie dankten nicht mit Worten, sie taten zum Dank etwas füreinander. Er hätte der Heilerin den Stoff jetzt überreichen sollen, aber Moana hatte auch so verstanden, dass dieses Geschenk sein Dank für ihre Hilfe war. Er verabschiedete sich freundlich, und als er in die Dunkelheit ritt, hörte er, wie die Dorfmädchen ein Lied anstimmten. Laute, die man am Tag nicht vernehmen konnte, schwebten in der Luft. Überall raschelte es, und fremdartige Rufe ertönten. Jack fühlte sich, als werde er von zahlreichen Augen beobachtet und verfolgt.
Bald konnte er in der Ferne einen Lichtschein erkennen. Die Mannschaftsquartiere seiner Farm waren hell erleuchtet, die Männer, die am Abend von der Nachtwache abgelöst worden waren, begaben sich zur Ruhe.
Obwohl Jack wusste, dass Kerrigan noch auf den Beinen war, wollte er ihn nicht bemühen. Er ritt an der Farm vorbei zu den Weiden und zu dem Gatter mit den abgesonderten Tieren. Dort verteilte er die Kräuter an der Stelle, wo den Schafen stets Grünfutter hingeworfen wurde. Sogleich fraßen einige von ihnen davon. Während Jack die Herde beobachtete, erinnerte er sich an Moanas Worte.
Das Herz weiß früher als der Verstand, was gut für dich ist.
Was die junge Ärztin anging, waren Jacks Herz und Verstand sich einig: Es lohnte sich sicher, Miss Bensdorf näher kennenzulernen. Es war wie damals, als er Emily das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte.
Doch alles zu seiner Zeit! Er konnte schließlich unmöglich vor ihrer Tür aufkreuzen und ihr sagen, was er fühlte. Das Schicksal sollte entscheiden. Wenn sie die Richtige für ihn war, würde sie ihm wieder über den Weg laufen. Moana mit ihrem gesunden Menschenverstand würde darüber vielleicht lächeln, aber Jack glaubte ebenso fest an die Macht des Schicksals wie einst seine Mutter.
An diesem Abend hielt es Ingram Bessett nicht in seinem Haus. Sein prachtvolles Anwesen am Rand von Tauranga leuchtete im letzten Abendlicht, als er durch die blühenden Gärten spazierte, die er hatte anlegen lassen. Der Frieden, der dort herrschte, hätte ihn eigentlich besänftigen müssen, doch das Brennen in seinem Inneren ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Gedankenverloren bückte er sich und streichelte seinen Hund, der um seine Füße wuselte. Im Gegensatz zu Menschen sind Hunde doch verlässliche Kreaturen, dachte er. Seine Frau hatte sich wieder einmal mit Kopfschmerzen in ihre Gemächer zurückgezogen, und sein Sohn trieb sich in Wellington herum. Er hatte niemanden, dem er seine Sorgen oder Gedanken anvertrauen konnte. Aber er hatte gelernt, allein zurechtzukommen und seine Entscheidungen ohne Ratgeber zu treffen.
Ein Schmerz fuhr Bessett durch die Glieder, als habe ihm jemand ein Messer in den Leib gerammt, und er richtete sich auf. Dieses verdammte Sodbrennen! Das hatte er nur diesem Manzoni zu verdanken! Aber er würde es diesem Hurensohn schon heimzahlen!
Dessen Weigerung, ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen, war noch nicht mal das Schlimmste. Dass er die Sache mit der Maori zur Sprache gebracht hatte, war wesentlich peinlicher. Das würde er ihm ganz gewiss nie verzeihen. Hatte eine der Maorihexen den Kerl davon in Kenntnis gesetzt?
Vermutlich hatte Taiko eine ihrer Stammesgenossinnen aufgesucht, um sich Klarheit über ihren Zustand zu verschaffen ... Offenbar kannten diese Weiber so etwas wie Verschwiegenheit nicht.
Ich hätte es wissen müssen, dachte Bessett.
Schon als er das Mädchen zu sich genommen hatte, wusste er, dass er es in sein Bett holen würde. Und deshalb hatte er Taiko vorsorglich eine eigene kleine Kammer zugewiesen. Die Maorifrauen waren sehr schön - und
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