Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
Clarke einen Besuch abstatten. Und dann werden wir uns das Haus ansehen, das ich für Sie ausgesucht habe.«
»Sie haben was?« Ricarda fühlte sich plötzlich schwindelig. Sie war sich mit einem Mal nicht mehr sicher, ob sie das alles annehmen konnte.
»Ja denken Sie denn, ich habe während der Woche untätig herumgesessen? Ich habe mich auf die Suche nach einem Haus begeben. Oder besser gesagt, nach einem Hausbesitzer, der bereit ist, für einen günstigen Preis an Sie zu vermieten. Ich habe tatsächlich jemanden gefunden, der es mit Freuden tun wird. Natürlich verspricht er sich davon kostenlose Behandlungen, aber ich denke, für den Preis ist die Behandlung seiner Wehwehchen wohl möglich.«
Ricarda war überwältigt. »Ja, natürlich«, presste sie schließlich hervor.
Mary lachte lauthals und klatschte in die Hände. »Wissen Sie, ich liebe es, andere zu überraschen. Besonders, wenn sie hinterher dreinschauen, als hätte sie ein Amboss getroffen. Bei Ihnen ist das gerade der Fall, Ricarda. Wenn Sie möchten, gebe ich Ihnen meinen Taschenspiegel.«
Ricarda war zu verwirrt, um schlagfertig zu antworten.
»Kommen Sie, machen wir Mr Clarke ein bisschen Dampf unter dem Hintern!«, sagte Mary, hängte sich bei ihr ein und zog sie zur Seite.
Erst jetzt bemerkte Ricarda, dass sie direkt vor dem Governement Building standen.
Der Bürgermeister zeigte sich von seiner freundlichsten Seite. Entweder hatte er das Gespräch mit Ricarda bereits wieder vergessen, oder er wagte nicht, eine finstere Miene aufzusetzen, weil Mary Cantrell zugegen war. Er bot Ihnen sogleich Sitzplätze und Erfrischungen an, wobei Mary Letzteres für sie beide dankend ablehnte.
Clarke fühlte sich nun verpflichtet, nach dem Anliegen der Damen zu fragen. Natürlich wandte er sich zunächst an Mary.
»Nun, Mr Clarke, ich bin heute nur die Begleitung für Doktor Bensdorf«, antwortete sie. »Sie hat ein Anliegen, nicht ich.«
Bei der Erwähnung des Namens mitsamt Titel fuhr der Bürgermeister zusammen. Offenbar hatte er sich Ricardas Aussehen nicht gemerkt und ihm war erst jetzt wieder eingefallen, welch dreistes Anliegen sie schon einmal zu ihm geführt hatte.
Als er Ricarda anschaute, glaubte sie, Missbilligung in seinen Augen zu lesen, bevor sein Ausdruck wieder verbindlich wurde. Selbst er schien die Frau des Abgeordneten zu fürchten. Das hätte Ricarda mit Zufriedenheit erfüllen können, aber es verstärkte ihre Nervosität nur noch. Dennoch versuchte sie, mit fester Stimme ihre Sache vorzubringen.
»Ich habe heute den Bescheid von der Einwanderungsbehörde bekommen. Er ist positiv. Deshalb bleibe ich bei meinem Antrag, Herr Bürgermeister. Ich möchte eine Arztpraxis in Tauranga eröffnen.«
Sie hatte die Worte bewusst so gewählt, damit deutlich wurde, dass er ihr das Vorhaben hatte ausreden wollen.
»Ich habe Ihnen meine Zeugnisse und selbstverständlich auch mein Diplom mitgebracht. Außerdem können Sie den Bescheid selbst in Augenschein nehmen. Ich hoffe, Sie überdenken meinen Antrag noch einmal«, setzte sie hinzu.
Clarke blickte zwischen ihr und Mary hin und her und nahm die Mappe mit den Unterlagen entgegen. Obwohl die Zeugnisse schnell zu erfassen waren, nahm er sich Zeit zum Lesen. Ricarda vermutete, dass er nur nach einen Vorwand suchte, um ihren Antrag abzulehnen.
»Sie werden mir beipflichten, Mr Clarke, dass ein Arzt für unsere ständig wachsende Stadt zu wenig ist«, warf Mary Cantrell im Plauderton ein. »Die Zahl der Einwanderer steigt, was von unserer Regierung ja auch gefördert wird, und wir wollen doch nicht, dass die Menschen, die mit Träumen, Hoffnungen und Innovationen herkommen, erkranken oder sogar sterben, nur weil unser guter Doktor Doherty überlastet ist.«
Clarke fuhr sich mit dem rechten Zeigfinger in den Kragen, als säße er zu eng. Es war ihm anzusehen, dass er sich innerlich wand.
Hätte nicht so viel auf dem Spiel gestanden, hätte Ricarda das sogar amüsant gefunden.
Mary ließ den Bürgermeister nicht aus den Augen - wie ein Raubtier, das jeden Augenblick zuschlagen wird, dachte Ricarda. Obwohl ihre Verbündete sich unbeteiligt gab, loderte in ihren Augen ein unnachgiebiger Wille.
»Nun, was das angeht, haben Sie Recht, aber Doktor Doherty ...«, setzte Clarke unsicher an.
»Sie wollen doch nicht behaupten, dass er etwas dagegen hätte, wenn eine junge Kollegin sich hier niederlässt?«, fuhr ihm Mary sogleich in die Parade. »Ich könnte mir vorstellen, dass sich die beiden
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