Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
waren bereits grau. Die wenigen Damen waren alle sehr elegant gekleidet. Obwohl es eigentlich nur ein kleiner Empfang war, trugen einige von ihnen sehr teuren Schmuck. Wahrscheinlich hatte man in Tauranga nicht oft die Gelegenheit, ihn zu zeigen.
»Meine Herrschaften, darf ich vorstellen«, rief Mary durch den Raum, »unsere neue Ärztin in Tauranga, Doktor Ricarda Bensdorf.«
Sofort wurde es still. Schließlich ertönte ein Raunen. Einige der Anwesenden musterten Ricarda unverhohlen von Kopf bis Fuß.
Sie wappnete sich innerlich gegen die Fragen, die man ihr stellen würde. Zweifelsohne würden es die gleichen sein, die sie immer zu hören bekam. Glücklicherweise wich Mary nicht von ihrer Seite.
Nach einer Weile nahmen die meisten Gäste die Gespräche wieder auf. Einige Männer ließen Ricarda dennoch nicht aus den Augen.
Sicher aus anderen Gründen, als ich mir wünschen würde, dachte Ricarda und unterdrückte einen Seufzer.
Nach einer Weile löste sich ein hochgewachsener, gutaussehender Mann aus der Menge. Er trug das üppige Haar zurückgekämmt, in der Brusttasche seines Gehrocks steckte ein spitzenverziertes Seidentuch. Sein Lächeln war das eines Menschen, der es gewohnt war, in allen Lebenslagen die Oberhand zu behalten.
»Liebling!«, rief Mary. »Kommst du, um Doktor Bensdorf ein wenig auszufragen? Ricarda, das ist mein Mann John.«
»Ich wollte die Dame eigentlich begrüßen, aber natürlich bin ich auch neugierig«, antwortete er und verbeugte sich höflich.
Ricarda reichte ihrem Gastgeber lächelnd die Hand. »Freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, Sir.«
»Ganz meinerseits.« Er deutete einen Handkuss an, bevor er sich an seine Frau wandte: »Hast du etwas dagegen, wenn ich sie dir kurz entführe?«
»Keineswegs, ich habe gesehen, dass Mrs Caffier auf dem Weg hierher ist. Wie du weißt, schätzt sie es, besonders begrüßt zu werden.« Damit zog sich Mary zurück.
»Sie sind also die Dame, von der meine liebe Mary regelrecht schwärmt«, sagte Cantrell, nachdem er seiner Frau beinahe sehnsuchtsvoll nachgesehen hatte. Vielleicht wäre er in diesem Augenblick lieber mit Mary allein gewesen, als sich um die Gäste kümmern zu müssen. Aber das ließ er sich nicht anmerken.
»Und Sie sind der Mann, der dafür gesorgt hat, dass ich endlich meinem Beruf nachgehen kann, wofür ich Ihnen gar nicht genug danken kann.«
»Es war mir ein großes Vergnügen, Ihnen zu helfen. Ich weiß, wie langsam die Mühlen unserer Verwaltung mahlen. Manche Einwanderer warten endlos lange auf ihre Papiere, jedenfalls dann, wenn sie nicht als Mitglied des britischen Commonwealth geboren wurden. Die Engländer können hier ein und aus gehen, als würden sie einen Ausflug nach London oder in die Highlands machen. Alle anderen Nationalitäten jedoch müssen warten. In Ihrem Fall wäre das eine besonders schmerzliche Zeitverschwendung gewesen. Zeit, die Sie brauchen werden, um Ihre Praxis einzurichten.«
Ricarda nickte. Noch immer war sie nicht ganz frei von der Frage, welchen Preis sie dafür zu zahlen hätte, aber Mr Cantrell wirkte in seiner Rede so frei und gelassen, dass es eigentlich unvorstellbar war, dass er eine Gegenleistung für seine Hilfe erwartete.
»Wann werden Sie eröffnen?«, fragte John Cantrell, und wiederum war seine Miene offen, und er wirkte ehrlich interessiert.
»Ich denke, dass ich in zwei Wochen so weit bin. Ab dann werde ich meine Tür für Notfälle offen halten. Wie lange die Handwerker noch brauchen werden, kann ich leider nicht genau sagen.«
»Wen haben Sie engagiert?«, erkundigte sich Mr Cantrells Nebenmann, der ihre Unterhaltung mit angehört hatte. »Doch wohl hoffentlich nicht diesen Gauner Conway?«
»Nein, es sind Leute aus der Mission. Zufällig ist einer der Männer Zimmermann. Er und seine Söhne haben bereits mit der Arbeit begonnen.«
Das war anscheinend nicht das, was der Gast, der sich nicht vorgestellt hatte, hören wollte. Er schob die Unterlippe nachdenklich vor und ging weiter.
»Nehmen Sie es ihm nicht übel«, sagte Cantrell lachend. »Rob Miller hat selbst ein Bauunternehmen und schätzt es nicht, wenn man Konkurrenten engagiert. Sie haben in Ihrem Fall genau das Richtige getan. Die Damen Maxwell waren sicher sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
»Das hoffe ich doch. Mrs Euphemia war wirklich sehr freundlich. Sie hat mir einiges über die Geschichte der Mission und das Wirken ihres verstorbenen Mannes erzählt.«
Ricarda musste zugeben,
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