Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
dass die Begegnung mit Euphemia Maxwell zu den angenehmsten gehörte, die sie in Tauranga gehabt hatte. Sie und ihre Töchter bewohnten die ehemalige Missionsstation, die im Jahr 1832 von Reverend Brown gegründet worden war.
»Ja, der gute Reverend. Maxwell war wirklich ein begnadeter Gottesmann. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass aus ein paar einfachen Hütten dieser Ort entstanden ist.«
Ricarda betrachtete ihren Gastgeber einen Moment lang. Er wirkte nicht älter als Ende dreißig. »Haben Sie Reverend Maxwell persönlich gekannt?«
»Und ob ich das habe!«, entgegnete Cantrell und winkte ein Dienstmädchen heran, das mit einem Tablett durch die Reihen der Gäste wanderte und Getränke reichte. Bei näherem Hinsehen erkannte Ricarda, dass es sich um eine Maori handelte. Ihre Haut hatte die Farbe von Haselnüssen, und ihr Haar war von einem tiefen Schwarz.
Das Dienstmädchen lächelte schüchtern, als Ricarda ihm dankte und sich ein Glas Schaumwein nahm.
»Sie müssen das Geschenk dieses Landes unbedingt kosten«, sagte Cantrell, während er ebenfalls nach einem Glas griff.
»Stammt er von dem französischen Weinbauern aus Auckland?«, fragte Ricarda, und nach einem Schluck musste sie zugeben, dass Mollys und Mr Cantrells Schwärmerei durchaus angebracht war.
»Sie kennen ihn bereits?«
»Meine Pensionswirtin ist ganz begeistert von dem Weingut. Allerdings sagte sie auch, dass man den Winzer für verrückt hält.«
»Menschen mit guten Ideen werden häufig als Verrückte angesehen - bis die Leute, die so vorschnell urteilen, den Wert dieser Ideen erkennen. Ich wette darauf, dass Neuseeland in einigen Jahrzehnten ein renommiertes Weinbaugebiet ist.«
Wenn Sie dazu beitragen auf jeden Fall, dachte Ricarda.
»Ich persönlich schätze es jedenfalls sehr, nicht mehr wochenlang auf eine Wein- oder Champagnerlieferung warten zu müssen, zumal man immer das Risiko eingeht, dass sie auf den Schiffen verloren geht.«
Er nahm einen Schluck und schloss genießerisch die Augen. »Ja, dieser Tropfen ist wirklich hervorragend. Aber um auf Reverend Maxwell zurückzukommen, wir haben ihn kennengelernt, nachdem wir in Tauranga angekommen waren. Glücklicherweise hatten wir unser Haus schon vor unserem Eintreffen gekauft, aber ich muss zugeben, dass es mir auch gefallen hätte, eine Weile auf The Elms zu bleiben. Es ist wirklich einer der schönsten Flecken auf der gesamten Nordinsel.«
Bevor Ricarda etwas dazu sagen konnte, erschien ein weiterer Mann neben ihnen. Er war ziemlich beleibt, und Schweißperlen rannen ihm von der Stirn.
»Ich fürchte, ich muss Ihnen Ihren Gesprächspartner für einen Moment entziehen, Miss«, sagte er und fasste Cantrell am Arm, als sei er sein Eigentum. Der Gastgeber ließ sich das mit der gewohnten Freundlichkeit gefallen.
»Bitten entschuldigen Sie, Doktor Bensdorf, ich bin gleich wieder bei Ihnen.«
Ricarda nickte und schaute den beiden Männern nach, die sich in eine Ecke des Raumes zurückzogen, in der sie ungestört reden konnten. Sie fühlte sich ein wenig verloren. Ab und zu fing sie einen neugierigen Blick auf, aber niemand schien das Bedürfnis zu haben, sich mit ihr zu unterhalten. Eigentlich war ihr das sogar ganz recht. Sie schlenderte zum Fenster, um ein wenig frische Luft zu schnappen, und setzte sich auf eine Chaiselongue, die darunter stand.
Während sie das Treiben auf dem Empfang beobachtete, begriff sie allmählich, worauf sich die Macht der Cantrells in dieser Stadt gründete. Die Eheleute nahmen die Probleme und Wünsche der Menschen ernst und verstanden es, auf sie einzugehen. Ihre Freundlichkeit, aber vermutlich auch der Reichtum öffnete ihnen offenbar viele Türen. Sie halfen, wo es ihnen nur möglich war, und erhielten dafür Hilfe zurück. Ricarda hätte darauf gewettet, dass kaum jemand etwas Nachteiliges über ihre Gastgeber zu sagen wüsste.
»Nun, wie gefällt es Ihnen bisher?«, fragte Mary, die von der Seite auf sie zukam und dann neben ihr Platz nahm. »Ich hoffe, man hat Ihnen noch keine Löcher in den Bauch gefragt.«
Ricarda schüttelte den Kopf. »Nein, bisher haben sich die Leute noch nicht an mich herangetraut. Ich fürchte, eine studierte Frau flößt ihnen ziemlichen Respekt ein.«
»Lassen Sie ihnen Zeit!«, bat Mary lächelnd. »Immerhin hat niemand Sie für verrückt erklärt. Oder Ihnen gesagt, dass sich ein Studium nicht für eine Frau gehört.«
»Ich schätze, unter Ihrem Dach würde das auch niemand wagen.«
Mary schob die
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