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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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zu Boden. Die Stimme hörte nicht auf zu rufen, und Tabea rutschte auf dem Hosenboden müde an der Wand entlang, bis sie unter dem Luftspender saß. Sie langte hoch und fummelte das Ding aus der Halterung.
    »Weil du es bist, Dodger.«
    Sie hebelte die Mündung in die Helmmuffe.
    »F…«
    Ihr wurde schwarz vor Augen.
    Sie war unter Wasser. Sie war tief unter Wasser, sie atmete das Wasser. Es war leicht. Man brauchte bloß einzuatmen und auszuatmen.
Wenn die Leute wüssten, wie einfach das war. Sie bewegte sich mit kraftvollen Stößen durch die Wassernacht. Auch hier unten gab es Sterne. Sie kräuselten sich, als Tabea ihre Richtung einschlug. Sie blinzelten, pulsierten. Komm her, riefen sie. Komm!
    Und sie tauchte nach den Sternen.
    Dann lag sie auf dem Flugdeck der Alice Liddell , ihre Lunge füllte sich mit Luft, Luft, die das Schiff in ihren Anzug schwemmte. Das Blut pochte in ihrem Kopf, die Glieder prickelten. Durch das halbblinde Bugfenster sah sie das trübe Glühen des heißen, gekrümmten Waldes, den nieselnden, dampfenden Regen.
    Du Idiot, schalt sie sich und trank gierig die frische Luft. Du Vollblutidiot! War da vorhin jemand gewesen und hatte mit ihr gesprochen? »Alice?«, sagte sie. Die Kehle schmerzte.
    Keine Antwort.
    Tabea setzte sich auf, lehnte sich an die Wand.
    Durch den Schlauch des Luftspenders in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, langte sie hinter sich und hängte den Tornister ab. Sie konnte weit genug rutschen und hängte das Sauerstoffaggregat an die Säuberungseinheit. Den Kopf auf die Schulter gelegt, las sie ab, wie viel Sauerstoff der Apparat zuletzt abgegeben hatte. Ihr Herz krampfte sich zusammen bei dem Wert.
    Fünfzehn Minuten, bis sie sich wieder frei bewegen konnte. Sie suchte in ihrer Gürteltasche und fand eine letzte Dose Kraftsirup.
    Es raschelte im Frachtraum.
    Da unten war etwas. Sie hatte sich das nicht eingebildet.
    »Sarah?«
    Keine Antwort.
    Vielleicht hatte der Papagei die Box verlassen.
    »Talo?«, rief sie. »Hierher, Talo.«
    Kein Papagei.
    Sie saugte die Dose leer. Das Schlucken tat weh.

    Unter Qualen rappelte sie sich hoch. Sie hatte Glaspulver in den Muskeln. Keuchend lehnte sie an der Wand und sah nach dem Aggregat. Noch zehn Minuten, bis sie es wieder anlegen konnte. Zehn Minuten hilflos angekettet und jeden Moment darauf gefasst, dass die Kreatur aus dem Frachtraum kam und sie hier oben entdeckte.
    Eine Zeit lang herrschte Stille. Dann ein weicher Plumps und ein Rascheln.
    Eine Fledermaus, überlegte sie. Hereingeflogen durch das aufgerissene Dach und findet jetzt nicht mehr hinaus.
    Sechs Minuten. Fünf. Vier Minuten vierundzwanzig Sekunden.
    Ein weiteres Rascheln. Wie von kleinen Metallstückchen. Sie überlegte verzweifelt, was das sein konnte. Etwas mit metallharten Schuppen. Leguane. Es waren Leguane.
    Zwei Minuten achtundfünfzig Sekunden.
    Um ins Schiff zu gelangen, brauchte der Leguan nur an einem der Ankerbäume heraufzuklettern, sich an einer Trosse zum Schiff vorzuarbeiten, zum offenen Frachtraum zu laufen und hinunterzuspringen.
    Ein klirrendes Rasseln, wiederholt, anhaltend.
    Eine Minute noch.
    Irgendetwas trieb sich da unten herum, wartete auf sie.
    Tabea sah ihren großen Schraubenschlüssel am Boden liegen. Ihr wurde bewusst, dass sie den Atem anhielt. Wenn sie nicht vorhatte zu atmen, warum hing sie dann noch an diesem Luftschlauch?
    An der Säuberungseinheit leuchtete ein Hinweis auf: ACHTUNG! SAUERSTOFFAGGREGAT ERST VON DER EINHEIT TRENNEN, WENN ALLE LICHTER VERLÖSCHT SIND UND DIE JUSTIERUNG ERFOLGT IST.
    Tabea grapschte nach dem Aggregat.

    Die Einheit brummte.
    Der Hinweis leuchtete.
    Sternenreiche wurden geboren und zerfielen.
    Der Hinweis leuchtete.
    Das Universum drehte sich schläfrig um seine Achse.
    Der Hinweis leuchtete noch immer.
    Tabea riss den Tornister an sich, schulterte und platzierte ihn. Während sie ihn noch zurechtruckelte, hörte sie das Ventil klicken. Sie sog ihre Lunge wieder voll Sauerstoff.
    Sie zerrte die Mündung des Luftschlauchs aus der Helmmuffe, bückte sich und riss den Schraubenschlüssel an sich. Es konnte losgehen.
    Sie klackte die Stiegen hinunter, bewegte sich so leise wie irgend möglich. Sie lehnte sich an den Rahmen des demolierten Schotts und spürte, wie die Alice unter ihr schwankte.
    Etwas Niedriges schälte sich aus dem blutroten Schattenreich und kam auf sie zu.
    Das war kein Leguan. Es war größer als ein Leguan.
    Sie holte aus und zielte mit dem Schraubenschlüssel. Dann sah sie,

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