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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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existierte ein Ausdruck davon. Irgendwo. Wenn sie die Tabellen nicht fand, dann konnte sie ebenso gut in den Himmel spucken und das ballistische Ergebnis auf die Alice übertragen.
    Xtaska hätte all die Berechnungen im Schlaf ausführen können. Xtaska hätte man nur hübsch zu bitten brauchen, und sie hätte die Kompressionsverstärker mit einem Schwanzwedeln geflickt. Xtaska wäre jetzt eine große Hilfe gewesen.
    Xtaska hatte bereits ins Gras gebissen.
    Sie würden alle sterben.
    Na gut. Sei’s drum, noch war es nicht so weit.
    Tabea erhob sich und begann, ständig auf irgendwelche lauernden Baumbewohner gefasst, den riesigen Blumenkohl hinaufzuklettern. Bei all den Gabelungen war das ein Kinderspiel. Sie kletterte auf einen glatten, glänzenden Ast hinaus.
    Weiter oben im blutroten Wald saßen auf ihren Ästen die großen purpurroten Leguane und fischten mit ihren schwarzen elastischen Zungen träge die flackernden Mücken aus der Luft. Ihre
Kapuzenaugen schienen in einer Art Marathonvergnügen einem inwendigen Marathonspektakel zu folgen. In Wahrheit lachten die Viecher nur die dämlichen Menschen aus, die sich wie verrückt gebärdeten, bevor sie starben.
    Weit entfernt ein Brüllen. Tabea hasste das Geräusch. Auf der Venus sollte es Dinosaurier geben, riesige, fette Schlangen auf Beinen. Giftige Dämpfe sollten sie ausatmen. Sie hatte bereits skorpionartige Tiere zu Gesicht bekommen und wäre fast auf eine kleine schwarze Schlange getreten. Das Ding hatte sie wie irr angefaucht und war über den Sumpf davongeschossen. Sie mussten nicht auch noch groß sein.
    Tabea hatte noch nie irgendwo gelebt, wo es wilde Tiere gab, und folglich hatte sie eine Abneigung gegen ungezähmte oder uneinsichtige oder ungenießbare Kreaturen.
    Sie blickte von ihrem Hochsitz aus auf den nackten, zerschundenen Rücken ihres Schiffes hinab. Von den Sende- und Empfangsextremitäten war sage und schreibe nichts mehr übrig, bis auf einen zehn Zentimeter langen Antennenstummel. Nicht eine einzige Außenkamera hatte überlebt. Und mit einem Sichtfenster, das durch abertausende Haarrisse verschleiert war und für das es keinen Ersatz gab, war nur ein absoluter Blindstart möglich.
    Je weniger Informationen, umso leichter der Job. Aus allen Rohren feuern und den Weg zurückdonnern, den man heruntergedonnert war.
    Und danach - es war sinnlos, sich den Kopf über ein Danach zu zerbrechen. Erst musste sie herausfinden, ob sie überhaupt noch über Triebwerke verfügte.
    Fünf Minuten später lag Tabea im Morast unter dem schwebenden Rumpf der Alice und versuchte in Seitenlage, eine zweite Hebewinde einzuspannen, die sie unter das zu tief hängende Triebwerk gesteckt hatte. Sie lag zusammengekrümmt, den rechten Arm und
mehr als die Hälfte des linken zwischen Morast und Triebwerk. Wenn das Schiff jetzt fünf Zentimeter absackte, dann war sie ein Krüppel, dachte sie vage. Sie redete dem Schiff gut zu. Hinten im Nasen-Rachen-Raum machte sie kleine Kiekslaute, während sie blind mit der Winde hantierte. Sie verwünschte die lästigen Handschuhe.
    So hantierte sie eine Zeit lang, vergaß die Drachen, die Mücken, die phosphoreszierenden Leguane, die kleinen schwarzen Schlangen. Alle Gedanken wurden vage, verflüchtigten sich, parkten im Hintergrund, und Tabea wurde zur Maschine, anspruchsloser als jede Drohne. Sie war die Bodenplatte der Hebewinde, sie war die Hebeplatte, und sie war die Winde. Sie war der Hebel.
    Gelähmt und lautlos versickerte die Zeit. Die unsichtbare, unübersehbare Sonne rührte sich nicht von der Stelle. Marco Metz und die »atemberaubenden Zodiak-Zwillinge« blieben aus.
    Als Tabea das Triebwerk aus dem Schlick hatte, wälzte sie sich ins Freie und ließ die Drohnen einen gestürzten Baum unterschieben. Keine Sekunde zu früh, denn eben ging die zweite Hebewinde verloren. Doch der Baumstamm hielt, und das Triebwerk blieb frei. Tabea kraxelte an Bord, kraxelte das krängende Deck hoch. Sie konnte es kaum erwarten, das Triebwerk zu testen.
    Es funktionierte noch. Mit einem winzigen, triumphierenden Flammenstoß pustete sie den Schlamm aus. Tabea summte ein Liedchen. Sie war den Tränen nahe. Sie genehmigte sich ein Bier.
    Sarah meldete sich. »Ich habe ihn gefunden«, sagte sie zögernd. War das eine Interferenz oder sang da jemand?
    »Wen hast du gefunden? Ist das Mogul?«
    »Mogul«, sagte sie. »Marco ist … auch … Mogul jetzt zurück.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Ich weiß nicht!« Sarah schluckte verstört,

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