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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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»Für zwei Leute«, antwortete ich, und wenn es Leichen wären, auch für mehr. Bitte keine Leichen, dachte ich. »Das ist nur ein kleiner Kundschafter«, sagte ich.
    > »Jede Hilfe ist willkommen«, entgegnete sie, obwohl sie ein bisschen skeptisch klang. Sie gab mir einen Leitstrahl, und ich ging so nahe heran, wie ich konnte, ohne im Weg zu sein.
    > Die Krähe war nicht mehr zu retten. Während ich näher kam, brach sie immer noch weiter auseinander. Große Späne von zerrissenem Metall schälten sich von der Hülle. Wenn sie absprangen, erbebte das waidwunde Schiff. Die großartige Salontreppe stand in einem treibenden Dickicht aus Teppichen und Leitungen, das sich träge ins Nichts schraubte. Es gab tonnenweise Trümmer, Gastanks, Kerzenleuchter, Kleiderkoffer und Kokosnüsse, alles quoll in einem Schneesturm aus Luft und Wasser und Kühlmittel und Blut in den Raum hinaus.
    > Da waren Leichen, und da waren Leute, die die Leichen einsammelten. Da war vielleicht was los, eine Menge Boote halfen bei
den Bergungsarbeiten. Ich legte den Anzug an, kam mir aber irgendwie überflüssig vor. Halten Sie sich bereit, hieß es immerzu, bitte halten Sie sich bereit. Ich richtete meinen Suchscheinwerfer auf das Wrack und saß da und wartete.
    > Ich ertappte mich dabei, wie ich auf ein silbriges Ding starrte, das immer wieder das Licht meines Scheinwerfers reflektierte und dann wieder verdeckt wurde. Zwischen einem Wust aus Trümmern, hinter verschlungenem Zeug, das aussah, als hätte es zum Heizsystem gehört. Es schien da festzusitzen, verschwand und kam wieder raus, immerzu.
    > Dann kapierte ich, was ich da sah.
    > »Da ist jemand!«, rief ich. »Da ist noch jemand drin! Ich glaube, er ist eingeklemmt.«
    > »O Gott«, sagte die Arzthelferin. »Wo? Können Sie mir zeigen, wo? Wir haben keine Hand mehr frei. Ich kann nichts sehen …«
    > Ich ließ die Steilschwanz im Stich, stieg aus und tauchte direkt in die Trümmerwolke. Nichts als Glaskrümel, Scherben und Metallfetzen, genug, um aus einem Opfer zwei zu machen. Aber ich fackelte nicht lange, tauchte durch und packte den Verunglückten beim Arm.
    > Ich merkte, wo er zwischen dem Knäuel aus Rohrleitungen festsaß. Die Röhren waren nur aus Plastik und schockgefroren und gingen sofort in die Brüche, als ich zupackte. Also schlang ich den Arm um den Verunglückten und zog und zerrte ihn zum Schiff zurück.
    > Das war schon alles. Höchstens eine Minute, länger hat das Ganze nicht gedauert. Es war kein Kunststück und schon gar keine Heldentat. Jeder hätte das getan.
    > Ich habe das Opfer in den hinteren Sitz gelegt. Die Arzthelferin meldete sich, sagte, dass jemand unterwegs sei, um sich zu kümmern, und half mir weiter.

    > »Ist das Lebenserhaltungssystem in Betrieb? Leuchtet die Anzeige?«
    > »Nein«, sagte ich.
    > »Haben Sie Luft im Schiff?«
    > »Ja«, sagte ich.
    > »Dann öffnen sie den Helm. Sehen Sie nach, ob sie atmet.«
    > Vermutlich sagte sie auch »frau«, wo andere »man« sagen. Oder sie war Hellseherin. Der Helm war genauso verschnörkelt wie die Helme auf der Prächtigen Trogon . Man konnte kaum reingucken. Ich ließ die Verschlüsse aufschnappen und öffnete das Visier.
    > »Sie ist ein Mann«, sagte ich.
    > »Atmet er?«
    > »Ja, er atmet. Er ist bei Bewusstsein. Er … er lächelt.«
    > Der Mann bewegte die Lippen. »Peter«, krächzte er. »Peter Pan.«
    > Es war Balthasar Zwetsche.
    > Alice?
    > Alice, kannst du mich hören?

56
    Neben der Venus nahm sich das Schiff im Aufflackern seines aufgeblähten Primärsystems wie eine hellgrüne Olive aus. Mit diesem Spurt stieß sich die Lesondak Anakonda endgültig aus dem Orbit und entschwand lautlos und elegant wie eine Sternschnuppe hinter dem schillernden, verhüllten Antlitz des Planeten.
    Doch sie war nicht im Entferntesten so romantisch wie eine Sternschnuppe und bei Weitem nicht so rechtschaffen wie eine Olive. Sie war die Nackte Wahrheit aus Dïrìx Matno, das anstößigste und niederträchtigste Werkstück aus Metall, das sich durchs System schlängelte. Ihre fahlgrüne Karosserie trieb Pusteln und
Pocken, Waffenausschlag brutalster Art und großräumige Blasen mit geschwürigen Ionenblenden, als müsse sich die innere Verderbtheit einen Ausweg schaffen. Am Bug trug sie, gleich einer marodierenden Fregatte der frühen Erde, eine tückisch schielende Galionsfigur, deren Rumpf geschwärzt war vom feindlichen Abwehrfeuer. Unter ihr wogten und schassierten die Lähmungsnetze wie der Rocksaum einer

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