Sternendieb - Roman
»Und was willst du damit sagen?«, fragte sie.
Tabea dachte auch darüber nach. »Weiß ich auch nicht«, gab sie schließlich zu. »Wer versteht schon die Frasqui?«
Eine Zeit lang lagen sie schweigend da. Sarah hatte alles gesagt,
was sie wusste. Tabea fragte sich nicht zum ersten Mal, wann Käpt’n Pepper, wenn überhaupt, seine Gefangenen zu beköstigen gedachte.
Plötzlich sagte Tabea: »Was meinte Hannah Su eigentlich, als sie sagte, alle ständen um sie herum?«
»Sie sagt immer solche Sachen«, entgegnete Sarah. »Sie glaubt, dass die Leute in den anderen Kühlsärgen bei ihren Geschäften mithören.«
»Oh«, machte Tabea.
Sarah legte plötzlich wieder die Arme um sie. »Lass uns jetzt nicht mehr reden«, schlug sie vor. »Wir sollten sparsam mit unserem Gesprächsstoff umgehen. Wer weiß, wie lange wir hier noch zubringen müssen.«
»Ja«, sagte Tabea. »Richtig.«
Sie lagen zusammen auf der Pritsche und lauschten dem dröhnenden Wummern der Nackten Wahrheit , die sie mit langsam zunehmender Geschwindigkeit ins Ungewisse trug.
TEIL FÜNF
Zum Imbiss bei Bruder Felix
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> MODUS? VOX
> SD? 19.9.29
> BITTE WARTEN
> Alice?
> BITTE WARTEN
> Komm schon, Alice. Du kannst dich doch nicht für immer da drin verkriechen.
> KÄPT’N?
> Hallo, Alice.
> HALLO, KÄPT’N. FEHLFUNKTION.
> Ich weiß. Weißt du, wo wir sind?
> PLANET. HEISS. REGEN. SÄURE. FEHLFUNKTION, KÄPT’N. GEFAHR. GEFAHR. GEFAHR.
> Ja, Alice, ich weiß, aber wenn du mir hilfst, kann ich dich vielleicht rasch wieder von hier fortbringen.
> SCHLAFEN.
> Wir haben keine Zeit. Wenn du jetzt wieder einschläfst, sterben wir alle, Alice!
> KÄPT’N?
> Alice?
> HALLO, KÄPT’N.
> Hallo, Alice!
> ALLES IST SO UNDEUTLICH. WO SIND WIR?
> Auf der Venus.
> DER VENUS.
> Ja.
> BRUCHLANDUNG. KEIN WUNDER, DASS ICH MICH SO ELEND FÜHLE.
> Alice, du musst dich unbedingt umsehen, ob du irgendwas tun kannst da drinnen. Machst du das bitte für mich, Alice? Bitte!
> WEITERREDEN, KÄPT’N. ERZÄHL MIR EINE GESCHICHTE. ERZÄHL MÅ%VÄ£ú± †8
> Nicht, Alice!
> Alice!
> Verdammt! Alice …
> Also gut, Alice. Ich erzähle dir, was ich hier mache. Ich sitze hier im Cockpit vor der Konsole und bin dabei, alle Diagnosen abzurufen, die ich von hier aus abrufen kann - an diesem Punkt sind wir - also dann …
> Wo war ich stehengeblieben?
> Ach ja, ich weiß wieder.
> Die Karawane. Sie löste sich bereits auf, als die Prächtige Trogon es geschafft hatte. Wir platzten mit einem ganzen Gestöber freier Radikaler aus dem Hyperraum. Es gab nur wenige Abschiedspartys, wir hatten kaum noch Sichtkontakt. Die Oktoberkrähe war fünf Millionen Kilometer weit von der Trogon entfernt rausgekommen, weit weg von der Ringebene. Sie war nur ein winziges Kügelchen Quecksilber, das über den Pol blinzelte. Die Frasqui hatten mit Feiern nichts am Hut. Sie waren von uns aus schon halbwegs hinter den Ringen, der ganze Schwarm von Massentransportern, vorneweg die Basilisk, unterwegs zu den neuen Habitaten über Japetus.
> Wir hatten Verluste. Ich kann mich an die Amsterdam und ein Schiff von der Shenandoah-Linie erinnern, sie waren auf und davon ins
Ungewisse, durch irgendeinen Schluckauf des Capella-Antriebs. Da waren noch weitere Schiffe, die tüchtig was abgekriegt hatten. Ich habe mit eigenen Augen eine Navajo-Skorpion gesehen, die sauber eingeschnürt worden war, der Sprung hatte zwei Schiffe aus ihr gemacht, die wie siamesische Zwillinge aussahen; und dann diese Bellerophon mit der Bulldozerfracht, sie hatte sich in fünftausend Tonnen Brennnesselgemüse verwandelt.
> Ich verließ die Trogon über Enceladus. Man war nicht gerade glücklich darüber, dass ich so rasch wieder den Dienst quittierte, aber sie kehrten zum Mars zurück, und dazu hatte ich keine Lust. Ich gehörte sozusagen zur Speerspitze der Menschheit, vom Taxi bis zur Jolle konnte ich alles steuern, ich hatte mir ein kleines Kreditpolster geschaffen, und ich war Herrin über meine Zeit. Ich war frei.
> Wir erklommen den Arawak-Hügel über der Stadt und blickten in den unwegsamen Norden, wo die Eisvulkane den bleichen Horizont mit frostigen Wolken vernebelten. Tricarico zeigte mir die Observatorien, sie schimmerten wie frische Kristalle auf den fernen Klippen. Er zeigte mir die gleißenden Turmspitzen des Lamaklosters »Zum Heiligen Gral der Totalen Verschmelzung«. Ich
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