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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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den Aufenthalt auf deinem Schiff genießen, nicht wahr?«

    Doch Sarah ließ sich nicht ablenken. »Wenn ich schon nicht mit Mogul reden kann, will ich wenigstens über ihn reden«, erklärte sie.
    Tabea lag nichts daran. Aber es war wenigstens ein Zeitvertreib, und wenn es Sarah half, umso besser.
    Sarah redete. Ihre Stimme zitterte. »Er war nur glücklich, wenn auch ich glücklich war. Das war immer so! Wir haben immer dasselbe gefühlt. Wir alle. Wenn einer von uns traurig war, haben ihn die anderen aufgemuntert. Wir waren so glücklich! Wir … wir wussten ja nicht mal, dass wir glück…« Sie schniefte kräftig und schluckte. »Das war alles viel leichter, als wir noch zu fünft waren. Ich will nicht mehr darüber reden.«
    Tabea hingegen wollte jetzt weiterreden. Ohne nachzudenken, sagte sie: »Ihr stammt wirklich von Abraxas?«
    »Wer sonst hätte das gemacht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Tabea. Aber dann ging ihr flüchtig ein Gedanke durch den Kopf, der ihr schon mehrmals gekommen war: dass nämlich die Zodiak-Zwillinge gar nicht aus einem Experiment hervorgegangen waren, dass sie keinen homo devius verkörperten, dass sie überhaupt nicht geklont waren und auch nicht von Abraxas stammten; dass sie vielmehr von der Erde kamen, irgendwo aus Europa, wo es Berge und Kühe gab. Sie waren Zirkusartisten mit merkwürdigen Ambitionen, und sie zogen eben, wie die meisten Zirkusartisten, eine gute Nummer ab.
    Sarah sagte einfach: »Ich denke immer nur: Und Mogul ist tot . Ich denke irgendwas, und dann ertappe ich mich dabei, wie ich am Ende sage: Und Mogul ist tot . Es ist kein Gram. Noch nicht. Aber wenn sie uns hier nicht bald rauslassen«, sagte sie mit einer Stimme, die immer leiser und straffer wurde, »dann werden sie erleben, was Gram ist.«
    Es war gerade so, als wüsste sie genau, was Tabea eben gedacht hatte.

    »Tabea«, sagte sie. »Ich bin daran gewöhnt. Das ist mir immer so ergangen, mein Leben lang. Die Leute haben mich in eine Schublade gesteckt und mich betrachtet. Wir hatten unser eigenes Quartier, ein großes Kinderzimmer mit einer Wunschumgebung wie bei Hannah. Seraphim und Cherubim gingen aus und ein bei uns, die ganze Zeit.
    Als nur noch wir zwei übrig waren und Xtaska uns abholte und auf ein Schiff brachte, da dachten wir, jetzt wären wir an der Reihe.
    Aber wir sind nie nach Hause gekommen.«
    Sie hob ihren Leib auf Tabeas Leib, suchte Trost. Sie war ein Fliegengewicht.
    Sie sagte: »Wir entkamen aus einer Schublade in eine andere. Und wo versteckten wir uns? In einem Kabarett. Als hätten wir’s nicht aushalten können ohne Leute, die uns anstarren.«
    »Glaubst du, dass man euch deswegen - gemacht hat?«, fragte Tabea.
    »Wir glauben, sie wollten sich nur beweisen, dass sie so was noch fertigbringen - dass sie noch ganz gewöhnliche Menschen machen konnten. Ganz gewöhnliche! Du siehst ja, was daraus geworden ist. Wir wurden das, was sich die Seraphim darunter vorstellen, unter gewöhnlichen Menschen.«
    »Die haben das also verpfuscht.«
    Sarah sah sie argwöhnisch an.
    »Du bist kein gewöhnlicher Mensch«, bekräftigte Tabea.
    »Wer ist das schon!«, sagte Sarah ungehalten. »Das ist der springende Punkt. Wir beiden waren die Einzigen, die überhaupt eine Chance hatten, gewöhnliche Menschen zu werden. Es gab fünf von uns, und alle waren einander gleich. Gewöhnliche Menschen gibt es aber immer nur einmal. Und jetzt gibt es nur noch einen wie mich.«
    Tabea wollte sie schon trösten; doch in dem Augenblick, da Sarah ihre neue Einzigartigkeit begriff, bedurfte sie keines Trostes mehr.

    »Also bin ich jetzt wie alle anderen! Tabea! Ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch!«
    Tabea lächelte. »Merkst du nicht, dass du dich im Kreis drehst? Ich meine, mit dem, was du da sagst. Dir müsste eigentlich schon ganz schwindlig sein.«
    Sarah sah sie verständnislos an.
    »Ach, vergiss es.« Tabea drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
    »Du lachst mich aus.«
    »Tu ich gar nicht! Siehst du mich lachen? Sieht so jemand aus, der lacht?«
    »Ja.«
    Tabea lachte. »Also gut.« Sie streichelte Sarahs Pobacken. Dann hielt sie inne.
    »Sag mal, wie lange seid ihr - wie alt bist du?«
    »Neun«, sagte Sarah.
    Tabea war wie vor den Kopf geschlagen, gekränkt fast.
    »Oh, die Sache ist einfach«, sagte Sarah, die Tabeas Reaktion missverstand. »Alles wird beschleunigt, das ist nichts Besonderes bei denen.«
    Tabea war sich nicht sicher, ob sie das auch unter dieser Rubrik verbuchen sollte. Für

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