Sternenfall: Roman (German Edition)
verstehe, warum die Astronomen in Aufregung sind. Dieses Ding hat die Oort-Wolke zum letzten Mal gesehen. Von jetzt an wird es zwischen Venus und Saturn kreisen.«
»Ich überlege, ob nicht gewisse Leute einen derartigen Orbit in kommerzieller Hinsicht interessant finden könnten.«
Thorpe runzelte die Stirn. »Warum? Jeder einzelne Stein im Asteroidengürtel hat relativ zur Erde einen kleineren Geschwindigkeitsgradienten. Kein ernsthafter Planer würde diesen exzentrischen Orbit auch nur eines zweiten Blickes würdigen.«
»Das war auch mein erster Gedanke«, stimmte Smith zu. »Es ist eine haarige Sache, wenn man die physikalischen Parameter in Betracht zieht. Jedenfalls frage ich mich, wie die Medien auf die nahe Begegnung mit Jupiter reagieren werden.«
Thorpe zuckte mit den Achseln. »Sie werden es mächtig aufbauschen, denke ich.«
»Und was ist, wenn irgendein smarter Unternehmer ankündigt, dass er diesen so bekannten Kometen einfangen wird? Wird der durchschnittliche Investor klug genug sein, um zu erkennen, dass es sich dabei um einen Reklametrick handelt?«
»Nicht sehr wahrscheinlich, oder?«
»Die Chancen stehen vielleicht eins zu zehn«, erwiderte Smith. »Genug, um unsererseits aktiv zu werden.«
»Aktiv, Mr. Smith? Warum? Was geht uns das an, solange wir kein so hirnrissiges Unternehmen finanzieren?«
»Es geht uns etwas an, Thomas. Das letzte Mal, als es Gerüchte gab, dass ein Fang geplant sei, fielen unsere Aktien innerhalb von drei Tagen um siebzehn Punkte. Für das nächste Jahr stehen heikle Verhandlungen zur Refinanzierung unserer Schulden an. Jede derartige Bewegung unseres Aktienkurses würde meine Verhandlungsposition ernsthaft schwächen.«
»Wenn irgendjemand einen Fang zu organisieren versucht, bringen wir einfach die Wahrheit an die Öffentlichkeit. Das dürfte sie auf der Stelle stoppen.«
Smith schüttelte den Kopf. »Jede solche Verlautbarung würde nur weitere Aufmerksamkeit auf das Einfangprogramm lenken. Die Investoren würden glauben, wir hätten Angst vor der Konkurrenz. Wir würden die Scharlatane womöglich hoffähig machen und die Börse in helle Aufregung versetzen.«
»Aber wie wehren wir sie dann ab?«, fragte Thorpe verwirrt.
»Wir stoppen den Versuch schon im Ansatz.«
»Wie?«
»Wir erwerben die Nutzungsrechte am Kometen selbst. Wenn wir die Rechte haben, kann kein anderer etwas machen.«
»Verdammt, Mr. Smith, wir können einen zweiten Asteroiden ebenso wenig brauchen wie eine Steuerprüfung! Es gibt dort nicht einmal Metall. Wenn ich mich recht erinnere, bestehen die Kerne der meisten Kometen aus nichts als Dreck.«
»Ich habe nicht gesagt, dass wir unseren Anspruch auch ausüben würden. Ich schlage lediglich vor, dass wir ihn erwerben.«
»Aber die einzige Möglichkeit, Anspruch auf einen Himmelskörper zu erwerben, besteht darin, eine permanente Präsenz einzurichten. Die Ausrüstung einer Expedition zum Kometenkern würde ein Vermögen kosten.«
»Das ist die normale Methode, einen Anspruch geltend zu machen«, stimmte Smith zu. »Aber es ist jedenfalls nicht die einzige Methode. Im Gesetz gibt es eine bestimmte Klausel.« Smith reichte Thorpe einen Computerausdruck. »Lesen Sie den letzten Abschnitt dieser Bestimmung – den, der mit ›Entdeckungsrechte‹ überschrieben ist.«
Thorpe tat wie geheißen. Sein Stirnrunzeln verwandelte sich allmählich in einen Ausdruck des Verstehens. »Es heißt hier, dass alle Rechte an dem entdeckten Objekt für die Dauer von zehn Jahren nach der ersten Meldung an die Astronomische Vereinigung dem/der betreffenden Individuum/ Organisation zufallen. Danach tritt die Bestimmung bezüglich der ›permanenten Präsenz‹ in Kraft.«
»Sie sehen also, Thomas, dass es nicht nötig sein wird, den Kometenkern zu besetzen, um einen Anspruch darauf zu erwerben. Wir müssen lediglich den Entdeckern die Nutzungsrechte abkaufen. In diesem Fall ist das das Farside Observatorium auf Luna.«
Thorpe blickte auf den Computerausdruck des alten Gesetzestextes hinunter. »Es steht da ›Individuum/Organisation‹. Heißt das nicht, dass die Rechte diesem A. Hastings gehören?«
»Ich wünschte, es wäre so«, antwortete Smith. »Es würde billiger kommen, mit einer Einzelperson zu verhandeln als mit einem Observatorium. Die Rechtsabteilung hat jedenfalls darauf hingewiesen, dass der Astronom für das Observatorium arbeitet – dass er dort angestellt ist, genauer gesagt – und dass er sich zur Zeit der Entdeckung der
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