Sternenfall: Roman (German Edition)
bekanntgegeben, dass alle ihr Eintreffen am Raumhafen um vierundzwanzig Stunden verschieben sollen. ›Technisch bedingte Verzögerungen‹ wurden dafür verantwortlich gemacht, und man hat uns versichert, dass noch genug Zeit bliebe, um wegzukommen.«
»Wann war das?«
»Vor ungefähr zwei Stunden. Ich hatte noch keine Gelegenheit, es Ihnen zu sagen.«
»Damit hat sich das Problem erledigt«, fuhr Amber fort. »Wir können ihnen sagen, wir würden die übrige Zeit darauf verwenden, so viele Spiegel wie möglich von Farside zu holen. Denken Sie daran, wenn die Evakuierung hinter dem Zeitplan herhinkt, wird er sich um das, was wir tun, nicht kümmern. Seine einzige Sorge wird sein, so lange wie möglich den Deckel auf dem Topf zu halten. Wenn er sich uns vom Hals halten kann, indem er uns den Schlüssel zum Massebeschleuniger aushändigt, wird er es wahrscheinlich tun.«
Grayson dachte gut eine Minute lang über den Plan nach. Dann nickte er. »Es könnte klappen.«
»Ich weiß, dass es klappen wird«, beharrte Amber, die immer noch unter Adrenalin stand. »Wenn wir erst einmal Zugang zum Massebeschleuniger haben, können wir im Angesicht Gottes und der Welt mit dem Umbau eines Containers beginnen. Man wird lediglich glauben, wir seien verrückt.«
»Zwei Container«, sagte Thorpe. »Wir sind fünfzehn. Wir werden Luftflaschen, Funkgeräte, Nahrung, Beschleunigungsgurte und Gott weiß was noch alles brauchen. Und wir werden nicht alle in einen einzigen Container hineinpassen.«
Amber näherte sich ihm und legte einen Arm um ihn. Jetzt, da es nach so vielen Enttäuschungen wieder Anlass zur Hoffnung gab, war ihr nach Feiern zumute. »Also gut. Nehmen wir zwei. Solange wir beide mit dem gleichen Container starten, soll es mir egal sein.«
Wie Amber vorausgesagt hatte, hatten sie mit ihrer Masche problemlos Erfolg. Als Niels Grayson an der Spitze seiner Delegation besorgter Astronomen bei ihm eintraf, begrüßte John Malvan seine chiffskameraden wie alte Freunde. Wenn er beunruhigt darüber war, dass ihn ein grausames Universum zum Tod verurteilt hatte, so zeigte er es nicht. Da er die letzten Stunden damit verbracht hatte, Tausende von aufgebrachten Umsiedlern zu besänftigen, konnte John Malvan sein Bedauern leicht hinter seiner mitgenommenen Erscheinung verstecken. Er war nur allzu glücklich, den Astronomen den Zugangscode zum Kontrollraum des Massebeschleunigers zu überlassen.
Was Thorpe am Raumhafen sah, überzeugte ihn davon, dass Halver Smith Recht gehabt hatte. Als sie durch den Raum kamen, wo sie sich für die Evakuierung hatten registrieren lassen, war er verlassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte jeder, der sich noch auf Luna befand, seinen Flugschein bereits erhalten. Diejenigen, die keinen Schein hatten, waren solche, die sich entschlossen hatten, mit ihrer Welt zusammen zu sterben. Was Thorpe auffiel, war das Fehlen jeglicher Ordnungskräfte. Abgesehen von einem Streifenkommando am Eingang der Einschiffungshalle hatte die Polizei sich zurückgezogen. Ihr Verschwinden sagte ihm, dass unentbehrliches Personal zu den Schiffen hinausgeschafft wurde, um die Beendigung der Evakuierungsmaßnahmen vorzubereiten. Wann immer das letzte Schiff das Landefeld verlassen haben musste – der Zeitpunkt rückte rasch näher.
Sie kehrten zum Hotel zurück und packten ihre Taschen. Der große Korridor, der zum Massebeschleuniger führte, war für die Beförderung von Frachtgut gebaut worden. Er wurde durch eine hohe Drucktür abgeschlossen. Grayson tippte die Kombination ein, die er von Malvan erhalten hatte. Als die Notschleuse aufschwang, blickten sie in einen dahinterliegenden Hohlraum. Die kleine Gruppe der Flüchtlinge ging hinein.
Der Hohlraum war einen iertelkilometer lang und einen halben Kilometer breit. Er erinnerte Thorpe an Bilder einer Flugzeugfabrik, die er einmal gesehen hatte. Ein großer freier Raum von hundert Metern Höhe. An der Decke hing ein riesiger beweglicher Kran, mit dem man schwere Lasten transportiert hatte. Sie entdeckten leere Container, die säuberlich in Reihen gestapelt waren. Am gegenüberliegenden Ende des Raumes befand sich ein langes Förderband, das nach oben verschwand. Dort waren die vollen Container in den Massebeschleuniger gehievt worden. Auf der Oberfläche angelangt, wurden die Container in das Startgeschirr eingehängt und von einem starken Magnetfeld in den Raum beschleunigt.
Thorpe, Amber und Barnard gingen zu einem Personenlift an einer der Seiten der Höhle
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