Sternenfall: Roman (German Edition)
»Ich habe bis spät in die Nacht gearbeitet, um die offenen Fragen bezüglich des Kometen aufzuarbeiten. Ich wollte nicht wieder zwei Wochen bis zur nächsten Schicht warten.«
»Freut mich, dass Sie mitfahren. Wenn ich mich mit jemandem unterhalten kann, werde ich von Varls Fahrweise abgelenkt.«
Thorpe fand bald heraus, dass Amber ihn tatsächlich von der Fahrt ablenkte. Er wurde von ihrer Gesellschaft so in Anspruch genommen, dass er es kaum bemerkte, als sich der Rolligon für fast fünf Sekunden in ein Flugmobil verwandelte.
Ihre Unterhaltung beschränkte sich zunächst auf Smalltalk, doch bald schon wurden die Themen persönlicher. Thorpe erzählte ihr sozusagen sein Leben. Sie konterte mit ihrer Jugend im unterirdischen Labyrinth von Luna. Anschließend saßen sie lange Zeit schweigend da, bis die waghalsigen Manöver des Rolligonfahrers ihnen eine Reihe von Scherzen entlockten. Als sie Hadley’s Crossroads erreichten, wären sie vor Lachen in ihren Anzügen beinahe erstickt.
Sie hatten Glück, dass sie nur zwei Stunden auf die Einschienenbahn nach Luna City zu warten brauchten. Eine Viertelstunde hinter Hadley’s überquerte die dahinrasende Bahn den Terminator und erteilte Thorpe seine schmerzhafte Lektion. Zehn Minuten darauf zeigte Amber auf einen zerklüfteten Berg, der gerade über dem Horizont auftauchte.
»Sehen Sie diese Bergspitze dort drüben?«
Thorpe blickte über die öde Landschaft hinweg zu dem entfernten Gipfel und nickte.
»Das ist die Teufelshöhe. Dort kam kurz nach der Jahrhundertwende eine Forschungsexpedition um. Fünf Männer verschwanden damals spurlos.«
»Wie kann denn auf dem Mond etwas verschwinden? Sie müssen doch Spuren hinterlassen haben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie haben einen MoonJumper benutzt. Ihre letzte Meldung war, dass sie nahe der Höhe niedergehen würden.«
»Landeunfall?«
»Möglicherweise.«
Thorpe nickte. Er hatte die Raketen gesehen, die hier die gleiche Aufgabe erfüllten wie die Flugzeuge auf der Erde. Ein MoonJumper sah anders als aus die Apollo-Mondlandefähre oder die Fähre, die Thorpe zum Raumhafen von Luna City transportiert hatte. Vier in Plattfüßen endende Beine umgaben einen Raketenantrieb mit einer Druckluftkabine an der Spitze. Die Hüpfer flogen nicht wie ein Flugzeug. Sie beförderten sich vielmehr in eine ballistische Bahn und bremsten ihren Fall später bei der Landung ab.
»Und es wurden keinerlei Überbleibsel gefunden?«
Amber schüttelte den Kopf. »Keinerlei Spuren. Manche Leute glauben, sie könnten auf einem Abhang aufgesetzt und einen Erdrutsch ausgelöst haben, der sie begrub. Ich frage mich oft, ob sie nicht einfach noch immer dort drau ßen sitzen und darauf warten, dass jemand vorbeikommt. Vielleicht in einer Million Jahren …«
»Ich nehme an, Luna ist nicht besonders gut erforscht«, sagte Thorpe.
»So gut wie gar nicht. Besonders hier auf Farside nicht. O ja, wir haben Fotos aus dem Orbit, das schon. Das ist aber nicht dasselbe wie Bodenerkundung. Erinnern Sie sich, die Oberfläche des Mondes beträgt achtunddreißig Millionen Quadratkilometer. Das ist kaum ein Viertel der Landfläche der Erde. Unsere Bevölkerung beträgt zehn Millionen. Da liegt das Problem.«
»Sie haben es erstaunlich weit gebracht, wenn man den Zeitraum bedenkt, den der Mond von Menschen besiedelt ist. Nehmen wir die Erde. Es ist erst wenige Hundert Jahre her, dass ihre Erforschung abgeschlossen wurde. Sogar heute noch gibt es Meerestiefen, die noch nie jemand besucht hat.«
»Die Erde«, sagte Amber wehmütig. »Eines Tages würde ich sie gerne sehen. Besonders die Meere. Es muss faszinierend sein, wenn einem das Wasser buchstäblich über den Kopf geht!«
»Sie werden vielleicht schon bald die Möglichkeit haben, es selbst herauszufinden.«
»Warum sagen Sie das?«
»Sie sind die Entdeckerin von Komet P/Hastings, oder etwa nicht?«
Amber stöhnte auf. »Bitte, dieser Scherz ist nicht lustig!«
»Es ist kein Scherz. Ich habe vor unserer Abfahrt mit Niels Grayson gesprochen. Er sagte mir, die Astronomische Vereinigung habe sich vorläufig für diesen Namen entschieden. Ich nehme an, dass es eine lange Tradition hat, Kometen nach ihren Entdeckern zu benennen.«
»Ich bin nicht der Entdecker! Der Observatoriumscomputer hat das verdammte Ding gefunden. Alles, was ich getan habe, war, ein paar Knöpfe zu drücken.« Sie berichtete ihm von ihren Problemen, als sie gebeten worden war, dem Kometen einen Namen zu geben.
»Man kann
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