Sternenfaust - 005 - Der Wächter
konnten Williams Fähigkeiten von unschätzbarem Wert sein.
Sie wussten nicht, was sie in der Stadt der Bewohner von Gerohli-III erwartete. Aller Wahrscheinlichkeit nach kannte diese Spezies keine anderen Völker außer sich selbst.
Immerhin experimentierten die Einheimischen mit Funk, was Lieutenant Stein Gelegenheit gegeben hatte, den Translator zu programmieren. Die hiesige Sprache ähnelte offenbar einer der Menschheit bereits bekannten, sodass das überraschend gut funktionierte.
Dennoch würde eine Übersetzung noch sehr bruchstückhaft ablaufen. Der Lieutenant und sein Computer hatten zu wenig Zeit gehabt, um ausreichend Daten zu sammeln. Aber wenn tatsächlich ein Gespräch zwischen Frost und einem Einheimischen zu Stande kommen würde, würde sich das rasch ändern.
»Wir sollten vermeiden, von mehreren Individuen gesehen zu werden«, sagte der Christophorer nachdenklich. »Unser Erscheinen könnte einen Schock auslösen.«
»Bruder William, ich benötige schnell Ergebnisse.«
Er lächelte sie an. »Ein Grund mehr, so vorzugehen. Sonst erwarten uns wahrscheinlich tagelange Zeremonien.«
Dana überlegte einen Moment und nickte schließlich. »Okay, wir machen es auf Ihre Weise.«
Die L-3 befand sich im Anflug auf den Kontinent, auf dem die einzige Stadt der Bewohner des Planeten lag. Die Landefähre ging weit von der Siedlung entfernt in bodennahen Flug über, damit sie von niemandem gesehen werden konnte. Etwa zwei Kilometer vom Rand der Stadt entfernt landete die Pilotin.
Dana verzog die Mundwinkel zu einem freudlosen Grinsen. »Nun können wir uns auf einen netten Spaziergang freuen.«
»Hoffen wir, dass die Aktion sich lohnt«, kommentierte Bruder William.
»Wir müssen auf alles gefasst sein. Die Einheimischen können uns freundlich und hilfsbereit gegenüber treten, aber sie können ebenso gut feindlich eingestellt sein.« Captain Frost warf den beiden Marines einen Blick zu.
Diese verzogen keine Miene.
»Es bleibt abzuwarten, wie sie auf uns reagieren werden«, dachte der Christophorer laut. »Wenn sie tatsächlich nichts von der Existenz anderer Intelligenzen wissen, kann das …«
»Kann das zu Problemen führen«, unterbrach Dana ihn. »Ich weiß.«
»Natürlich wissen Sie das, Captain«, sagte Bruder William nervös und fuhr sich mit den Händen durch seine braunen Haare. »Entschuldigen Sie.«
William zeigte wie üblich wenig Selbstbewusstsein, wirkte schüchtern und unsicher. Er traute sich selbst viel weniger zu, als er tatsächlich zu leisten vermochte.
»Es gibt nichts zu entschuldigen«, versicherte Dana. »Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass Sie alle Probleme, die bei dem Kontakt mit einem hiesigen Intelligenzwesen entstehen, mit Bravour lösen werden.«
*
Ssurk wandte den Kopf und schaute zurück.
Er verließ die Stadt nur sehr ungern, aber manchmal blieb ihm keine andere Wahl. Wie heute.
Er musste einige Rahr-Früchte finden, sonst konnte er seine Gäste nicht in angemessener Form empfangen. Sie jedoch zu brüskieren, war undenkbar. Nicht nur, weil sie wichtig für sein weiteres Leben waren, sondern vor allem, weil sie ihn heute das erste Mal mit ihrer Anwesenheit beehren würden.
Ihnen zu einer solchen Gelegenheit keine Rahr-Früchte zu servieren, wäre nichts anderes, als ihnen ein Auge auszuhacken.
Um sich selbst von dem leichten Unbehagen abzulenken, das ihn immer überkam, wenn er die Stadt verließ, sang er eines der Lieder, die zurzeit so beliebt waren, wenn sie zusammenkamen. Sein Bruder hatte es ihm beigebracht, denn Ssurk selbst durfte noch nicht an den Versammlungen teilnehmen. Er war zu jung, um zugelassen zu werden.
»Wir strecken uns dir entgegen … Sonne des Lebens, schein auf uns herab … Sonne des Lebens, vertreib die dunklen Seelen …«
Er kannte eine Stelle, ganz in der Nähe, in der es einen Rahr-Strauch gab. Wenn seit dem letzten Regen niemand hier gewesen war, mussten dort einige Früchte zu finden sein.
»Wir strecken uns dir entgegen«, wiederholte er das Lied, ehe er zum rituellen Abschluss kam: »Die Götter mögen den Wächter segnen.«
Ssurk hörte ein Geräusch. Augenblicklich blieb er stehen. Sein Kopf drehte sich, bis er die gesamte Umgebung in Augenschein genommen hatte. Nichts. Wahrscheinlich hatte er es sich in seiner Nervosität nur eingebildet.
Es war immer dasselbe. Wenn er hierher kam, die schützenden Mauern der Stadt verließ, fühlte er sich unsicher und bedroht. Es hieß nicht umsonst, die Abgründigen
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