Sternenfaust - 036 - Hinter feindlichen Linien
Zwar war er ihr Vorgesetzter und hatte sie bisher nur als eine einfache, wenn auch begabte Analytikerin gesehen. Aber jetzt erkannte er, dass sie mehr war als das. Sie besaß Führungsqualitäten. Und er ertappte sich dabei, dass er ihrem Rat vertraute.
»Ich hole die anderen«, sagte er und verschwand in der Höhle.
»Wir müssen davon ausgehen, dass sich alle Städte in den Händen der Feinde befinden«, sagte sie zu Branok, als er mit einigen Helfern zurückkam. »Und sie haben die Gleiter ausgeschickt, um nach Flüchtlingen zu suchen. Wir müssen uns überlegen, was wir als Nächstes tun wollen. Denn früher oder später wird der Gleiter vermisst werden.«
»Wir könnten ihn wie den, mit dem wir hergekommen sind, per Autosteuerung irgendwohin schicken«, schlug Gerush vor.
»Das nähme uns aber die Möglichkeit, von hier wegzukommen«, widersprach Branok. »Und auf die Dauer werden wir wohl hier nicht bleiben können.«
»Da stimme ich Ihnen zu«, sagte Gerush. »Allerdings halte ich es für zu gefährlich, uns jetzt schon nach einer neuen Unterschlupf umzusehen. Die Wahrscheinlichkeit, einem anderen Suchtrupp in die Arme zu laufen, ist viel zu groß. Wir müssen warten, bis sie die Suche nach weiteren Flüchtlingen eingestellt haben. Nur dann haben wir eine Chance. Wir sind uns sicherlich alle einig, dass jeder Gleiter, den wir zu diesem Zweck kapern, früher oder später vermisst wird und die Feinde wieder auf unsere Spur bringt. Darum denke ich, wir werden bei der Suche nach einer besseren und vor allem sicheren Unterkunft auf unsere Füße angewiesen sein.«
Branok überdachte das und stimmte dem schließlich zu. »Gut. Tishaga, programmieren Sie den Gleiter auf Autokurs so, dass er aus der Gegend hier verschwindet. Wir kümmern uns um die Toten.«
Tishaga zögerte. »Ich frage mich«, sagte sie nachdenklich, »warum die Feinde uns mit Gleitern suchen. Bei der technischen Überlegenheit, die sie bewiesen haben, wäre es ihnen doch ein Leichtes, uns mit Scannern aufzuspüren.«
»Vielleicht sind ihre Ortungsgeräte nicht so weit entwickelt wie ihre Waffen«, schlug Gerush vor. »Vielleicht schirmt uns auch einfach das Gestein über uns ab. Unsere Ortung hätte damit ebenfalls Probleme. Und vergessen Sie nicht, wie groß das Gebiet ist, dass sie absuchen müssen. Heutzutage, da wir von Sonnensystem zu Sonnensystem fliegen, mag das ja nicht mehr so klingen, aber ein Planet ist riesig, wenn man ein paar Starr darauf sucht.«
»Das bedeutet aber auch, dass unsere eigenen Rettungstrupps dasselbe Problem haben werden«, stellte Tishaga fest.
»Stimmt«, bestätigte Gerush. »Deshalb müssen unsere Wachposten immer besonders aufmerksam sein.«
»Sehr gut!«, spottete Branok. »Und woran unterscheiden wir feindliche Suchtrupps von möglichen Rettern?«
»Ich denke, das dürfte gar nicht so schwer sein«, antwortete Gerush. »Die Feinde haben, so wie es aussieht, unsere Flotte zerstört, nicht erobert. Wenn aber tatsächlich Rettung kommt, wird die mit großer Wahrscheinlichkeit in den Beibooten eines Kampfschiffes auftauchen.«
Niemand widersprach ihm. Allein schon deshalb nicht, weil sie kaum noch auf Rettung hofften. Bis auf Tishaga und ihren unerschütterlichen Optimismus. Sie kümmerte sich jetzt um den Gleiter, und die übrigen Starr schafften die Toten in eine der entlegenen Höhlen.
Bevor Tishaga den Gleiter wieder losschickte, nahm sie noch alles aus ihm heraus, was die Flüchtlinge gebrauchen konnten, ohne dass er allzu ausgeschlachtet aussah. Mit etwas Glück würden diejenigen, die den Gleiter irgendwann fanden und aufhielten, zu dem Schluss kommen, dass er sich durch eine Fehlfunktion selbstständig gemacht hatte.
Natürlich würden sie nach der Besatzung suchen. Doch deren geplanten Kurs im Speicher hatte Tishaga ebenfalls geändert. Somit hatten die Flüchtlinge noch ein bisschen Zeit gewonnen. Trotzdem würden sie mehr als nur sehr viel Glück brauchen, um unentdeckt überleben zu können.
*
Nachdem die SONNENSTURM fünf Tage in ihrem Versteck ausgeharrt hatte, kam Kaishuk zu dem Schluss, dass es an der Zeit war, entweder zu versuchen, die Flüchtlinge in den Mondbergen auf Munush IV zu finden und zu retten oder, falls das nicht mehr möglich war, selbst das Weite zu suchen.
Die Lage im Munush-System hatte sich insofern beruhigt, als dass die meisten Feindschiffe das System verlassen hatten. Nur die Besatzer von Munush IV und eine Wachflotte, die das Wurmloch schützte, waren
Weitere Kostenlose Bücher