Sternenfaust - 039 - Der neue Offizier
mit einem Handspeicher im Aufenthaltsraum zu sitzen und mit dem Ding Videospiele zu spielen. Natürlich hatte das sofort Hauser und Hill auf den Plan gerufen, die ihm das Gerät wegnahmen und gründlich untersuchten. Doch sie hatten nur festgestellt, als dass es tatsächlich nichts weiter war als ein harmloses, auf Unterhaltungsspiele programmiertes Gerät.
Inzwischen beachtete ihn niemand mehr, wenn er an seinem bevorzugten Tisch saß und nach einer Mahlzeit eine oder zwei Stunden lang mit dem Ding spielte. Nur war es längst nicht mehr das harmlose Gerät, das Hauser untersucht hatte.
Mit dem Reparatur-Kit, das in jeder Kabine vorhanden war, um damit kleinere Defekte an den in den Kabinen befindlichen Geräten beheben zu können, hatte Borzan den Handspeicher so umgebaut, dass er mit ihm den Navigationscomputer anzapfen konnte, ohne dass jemand den Zugriff bemerkte. Hier an seinem Platz in der Kantine war er dem Navigationsrechner nahe genug, um das zu bewerkstelligen. Ferner konnte er nach einer weiteren kleinen Modifikation mit diesem Gerät einen Funkspruch in den normalen Datentransfer einschleusen, diesmal garantiert ohne dass es bemerkt wurde.
Er hatte festgestellt, dass die ALCATRAZ immer noch regelmäßig jede Stunde ihren vorgeschriebenen Funkspruch zum Hauptquartier absandte. Das zeigte ihm, dass die Ausgebrochenen sich gar nicht sicher waren, ob es sich bei dem verdeckten Spruch, den sie entdeckt hatten, nicht doch um eine vollkommen harmlose Fehlfunktion handelte.
Dafür sprach zumindest die Tatsache, dass bisher niemand versucht hatte, sie abzufangen, oder sie per Funk aufgefordert hatte sich zu ergeben.
Borzan hielt das für eine gute Taktik der Solaren Welten. Schließlich war es nicht klug, die Entflohenen durch derlei Maßnahmen darauf aufmerksam zu machen, dass man von ihrer Flucht wusste. Andererseits bestand natürlich auch die Möglichkeit, dass die Empfänger der Sendung den überlagerten Spruch ebenfalls für eine Fehlfunktion gehalten und ihn ignoriert hatten. In dem Fall würde die Kavallerie, auf die Borzan hoffte, gar nicht erst ausrücken.
Trotzdem hatte er sich entschieden, den zweiten Versuch zu wagen. Schließlich war eine winzige Chance besser als gar keine.
Er hatte den Zugang zum Navigationscomputer erhalten und speicherte die gegenwärtige Zeit, Position und Kurs. Scheinbar konzentriert eines seiner Spiele spielend verkapselte er diese Informationen in einen Datenstrom und speiste ihn in die Funkstation mit einem Trigger, der ihn zusammen mit der nächsten Routinemeldung absenden würde. Die geringe Energie, die der Handspeicher dafür brauchte, würde nirgends angemessen werden können.
Nachdem Borzan das erledigt hatte, spielte er noch ein bisschen weiter und wartete darauf, dass irgendjemand an seinem Tisch vorbei kam. Er musste nicht lange warten. Schließlich war er nicht der Einzige mit festen Gewohnheiten. Giorgio LeBlanc kam, um sein Mittagessen einzunehmen. Er war einer von Borzans Mitgefangenen und hatte versucht, im Auftrag der Kridan den Friedensschluss durch ein Attentat auf den Prediger Satren-Nor zu verhindern.
Als LeBlanc an seinem Tisch vorbeiging, täuschte Borzan ein heftiges Niesen vor, bei dem ihm der Handspeicher entglitt und zu Boden fiel – genau vor LeBlancs Füße. Es gab ein hässliches Knirschen, als der mit seinem vollen Gewicht darauf trat. Der Speicher zersprang in mehrere Einzelteile.
»Mist!«, fluchte LeBlanc erschrocken. »Tut mir Leid, Borzan, ich …«
»Schon gut«, unterbrach ihn Borzan. »War doch nur ein Handspeicher. Davon haben wir Dutzende an Bord. Ich nehme mir einfach einen anderen.«
Er sammelte die zerbrochenen Teile auf und warf sie in den Müllschlucker. Natürlich würde Borzan mit einem anderen Gerät morgen wieder an seinem Stammplatz sitzen und spielen. Damit es niemanden misstrauisch machte, wenn er plötzlich mit dieser Gewohnheit aufhörte.
Er hatte jetzt getan, was er konnte. Der Rest lag nicht mehr bei ihm.
*
Sun-Tarin genoss es, wenigstens eine Mahlzeit am Tag mit Bruder William einzunehmen, wenn es sein Dienstplan erlaubte. Er fand die Gespräche mit dem Christophorer überaus anregend, obwohl sie selten einer Meinung waren und der junge Mann gefährliche Halbwahrheiten für Tatsachen hielt.
Die meisten übrigen Crewmitglieder hatten sich an seine Anwesenheit an Bord gewöhnt. Nachdem anfangs kaum jemand mit ihm gesprochen hatte außer Bruder William, Captain Frost und Lieutenant Commander van
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