Sternenfaust - 071 - Amok!
befand sich eine Linse, die dem Blick einen möglichst breiten Winkel bieten sollte. Von der Innenseite war die Linse mit einer undurchsichtigen Schicht überzogen, die genau das verhindern sollte, was er gerade tat: nämlich hinauszusehen.
Doch die Folie hatte seinen Krallen keinen nennenswerten Widerstand geboten und so hatte er ein winziges Loch hineinkratzen können, gerade groß genug, um die Sicht auf einen winzigen Ausschnitt außerhalb der Zelle zu ermöglichen. Der Gipfel seines kleinen Triumphes war gewesen, als das erste, was er durch die schmale Öffnung hatte sehen können, das fahrbare Gestell gewesen war, auf dem sich der Monitor befand, der an die Überwachungskameras seiner Zelle angeschlossen war. Er stand in einem spitzen Winkel zu ihm, so dass er kaum erkennen konnte, welcher Zellenabschnitt gerade gezeigt wurde.
Aber – und das war viel wichtiger, ja, das eigentlich Entscheidende – Caan konnte genau sehen, wann sich einer seiner meist zutiefst gelangweilten Wächter mit müder Geste dem Bildschirm zuwandte. Dazu rollte meist einer von diesen schmächtigen Burschen auf seinem Stuhl heran, genug Zeit, sich auf den Boden sinken zu lassen und schlafend zu stellen. Das hieß, sie würden nicht mitbekommen, dass er sie beobachten konnte – und das konnte ihm vielleicht einen entscheidenden Vorteil verschaffen.
Sie hatten ihn wahrscheinlich schon häufiger auf dem Boden als auf der hässlichen Pritsche schlafen gesehen, die eigentlich als sein Bett vorgesehen war und die für ihn viel zu schmal, zu kurz und zu unbequem war.
Wäre es nicht so bitter und deprimierend gewesen, ausgerechnet von diesen Wesen gefangen und eingesperrt worden zu sein, er hätte laut gelacht über die Ungeschicktheit seiner Feinde.
Täusche den Feind mit der Normalität , schoss es ihm durch den Kopf und er überlegte, wo er diesen Satz schon einmal gehört hatte. Es fiel ihm nicht ein. Außerdem gab es in diesem Augenblick etwas Wichtigeres zu sehen als über Philosophie nachzudenken. Direkt vor seinen Augen behandelte dieses winzige Weibchen seiner Feinde einen unbedeutenden Kratzer, den sich jemand offensichtlich als Folge einer Stichverletzung zugezogen hatte. Eine lächerliche Wunde, die einen echten Morax-Kämpfer noch nicht einmal zu einem Stirnrunzeln veranlasst hätte, geschweige denn, sie sich verarzten zu lassen. Doch es war nicht die Geringfügigkeit der Verletzung, die Caans Empörung hervorrief, sondern wer sich behandeln ließ.
»Ein bleicher Affe! Er ist tatsächlich an Bord dieses Schiffes. Er muss ein Verräter sein!«
Er konnte die Ehrlosigkeit dessen, was er da sah, kaum fassen. Es verursachte bei ihm deutlich mehr Kopfschmerzen als das verfluchte Gas, mit dem sie ihn regelmäßig außer Gefecht setzten.
*
Als Dana mit Kkiku’h die Kantine betrat, drängelten sich einige Marines und Crewleute in auffälliger Eile und ohne in vorgeschriebener Weise zu grüßen an ihnen vorbei und aus der Kantine hinaus. Der Einzige, der sie korrekt grüßte und dann ebenfalls die Kantine verließ, war Simon E. Jefferson, der Leitende Ingenieur der STERNENFAUST. Dana runzelte die Stirn angesichts des merkwürdigen Benehmens ihrer Crew und nahm sich vor, dem nachzugehen. Besser, derartige Disziplinlosigkeiten im Keim zu ersticken, bevor sich die schlechte Stimmung an Bord ausbreitete. Doch zunächst konzentrierte sie sich auf das Gespräch mit Kkiku’h.
»Wie läuft es so auf der LEKKEDD?«, fragte Dana, nachdem sie und Kkiku’h es sich gemütlich gemacht hatten.
Kkiku’h stieß einige knarrende Laute aus, die der Translator nicht übersetzen konnte. Stattdessen erschien auf dem Display lediglich der Hinweis: Möglicherweise ein Ausdruck von Ungeduld.
»Ich weiß, du bist nicht hierhergekommen, um Smalltalk zu führen«, setzte Dana erneut an.
»Entschuldige«, antwortete Kkiku’h, »aber ich wollte das Problem mit dir persönlich bereden, nicht über Bordfunk und erst recht nicht in der großen Runde.«
Mit der großen Runde meinte er die Captains der verschiedenen Schiffe, die an der Expedition teilnahmen. In regelmäßigen Abständen wurde miteinander das weitere Vorgehen oder anstehende Probleme besprochen.
Es sieht so aus, als habe sich der Kreis um Bruder William seit dem Desaster im Drei-Sonnen-System nicht weiter ins Zeug gelegt, was die Verständigung angeht , dachte Dana, behielt ihre Überlegung jedoch für sich, da auch Kkiku’h eine nicht völlig durchsichtige Rolle während dieses
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