Sternenfaust - 076 - Heimkehr
wehrte Rudenko ab und lud MacShane mit einer Handbewegung ein, in einer gemütlichen Sitzecke seines Büros Platz zu nehmen, von dem aus man über die ganze, jetzt nächtliche Stadt mit der jahrhundertealten Skyline sehen konnte, die unter Denkmalschutz stand.
MacShane setzte sich ohne zu zögern und nahm eine Haltung ein, die er »den Raum besetzen« nannte. Er lehnte sich im Sessel zurück, breitete die Arme aus, die er locker über die Lehnen zu beiden Seiten legte, schlug die Beine übereinander und rückte seinen Körper so zurecht, dass er schließlich angedeutet diagonal im Sessel saß. Mit dieser nonchalanten Haltung schaffte er es meist, unsichere Menschen einzuschüchtern. Doch bei Rudenko hatte er sich verrechnet – der Ratsvorsitzende war alles andere als schüchtern. Doch MacShane war nicht gewillt, sich von Rudenko beeindrucken zu lassen.
»Ich habe Sie doch nicht ›vorführen lassen‹, Professor«, sagte der mächtigste Mann der Solaren Welten jetzt freundlich. »Ich habe Sie lediglich zu diesem Gespräch gebeten und ich bin sicher, dass Miss Duchamp da keinen falschen Eindruck hinterlassen hat.«
MacShane verzog das Gesicht, als hätte er gerade in eine saure Zitrone gebissen. »Oh sicher, dann war es bestimmt mein Fehler, dass ich Ihre … Bitte so falsch verstanden habe.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber da ich nun schon einmal hier bin, sagen Sie, was Sie von mir wollen. Meine Zeit ist kostbar.«
»Ist sie das nicht für uns alle?«, meinte Rudenko amüsiert. »Was kann ich Ihnen als Erfrischung anbieten, Professor?«
»Eine Antwort auf meine Frage genügt mir völlig. Ach ja«, fügte Mac Shane ironisch hinzu, »und die hätte ich gern ohne falsche Schmeicheleien.«
Falls Rudenko an MacShanes Worten Anstoß nahm, so ließ er es sich nicht anmerken. Stattdessen lächelte er entschuldigend. »Ich wollte Sie keinesfalls beleidigen oder Ihnen in irgendeiner anderen Weise zu nahetreten, Professor MacShane. Sollten meine Worte Sie verstimmt haben, so bitte ich selbstverständlich um Entschuldigung. Ich wollte Sie damit lediglich meiner Wertschätzung versichern.«
MacShane neigte mit einem leichten Lächeln den Kopf. »Der versichern Sie mir am besten, indem Sie endlich zur Sache kommen.«
»Wie Sie wünschen«, gab Rudenko schmunzelnd nach und setzte sich ihm gegenüber in einer Haltung, die eine beinahe genaue Kopie von MacShanes eigener war.
Wie zwei Alphamännchen, die ihren Revierkampf ausfechten , dachte Valentina Duchamp unwillkürlich, die neben Rudenkos enormem Schreibtisch saß und keine Regung von einem der beiden entgehen ließ. Mal sehen, wie das Duell ausgeht. Doch sie war klug genug, sich ihre Belustigung nicht anmerken zu lassen.
»Ich habe Sie hierher gebeten , Professor MacShane«, sagte Rudenko jetzt, »weil ich mit Ihnen über die Entdeckung der Bibliothek des Volkes der Wloom sprechen wollte. Ich habe die Berichte der STERNENFAUST gelesen und natürlich auch Ihre eigenen. Wir haben natürlich unsere besten Analytiker an die Auswertung der Berichte gesetzt. Die sind zu dem Schluss gekommen, dass die Kopie der Wloom-Bibliothek einen wichtigen Schlüssel darstellt, der uns Informationen liefern kann, die für unser weiteres Vorgehen essentiell sein kann.«
»Weiteres Vorgehen?«, wiederholte MacShane verständnislos.
»Ich will offen mit Ihnen sein, Professor, Sie machen mir den Eindruck, als müsste ich bei Ihnen mit den Tatsachen nicht hinterm Berg halten. Ich bin mir sicher, dass Sie die außenpolitische Entwicklung hinsichtlich der Gründung einer Interstellaren Union verfolgt haben, die aus Menschen, Kridan, J’ebeem, Starr und Shisheni bestehen soll. Noch steht es in den Sternen, ob daraus jemals etwas wird. Bisher jedenfalls haben die Diskussionen diesbezüglich gerade mal dazu ausgereicht, um die gemeinsame Expedition auf den Weg zu bringen. Aber für den Fall, dass diese IU irgendwann einmal Realität werden sollte, braucht die Menschheit, um sich ihren Platz darin zu sichern, einen gewissen Vorsprung an Wissen, da die anderen Völker uns teilweise technisch immer noch überlegen sind.
Sie sind ein Mann mit vorzüglichem Verstand, Professor, deshalb bin ich mir sicher, dass Ihnen bewusst ist, dass es auch in einer Demokratie – oder einem demokratischen Völkerbund – immer jemanden gibt, der das Sagen hat. Zwar wird der von den übrigen Mitgliedern gewählt, aber einmal gewählt bestimmt er die Richtung, in die das Schiff fliegt, wenn Sie verstehen, was
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