Sternenfaust - 089 - Sirius III
wahrsten Sinn das eigene Grab schaufelte, indem man die geologischen Bedingungen missachtete und eines Tages ein großer Erdrutsch alles mit sich fortnahm.
Unterwasserforschungen des Ordens hatten ergeben, dass genau dies auch einigen anderen Siedlungen der Alt-Sirianer so ergangen sein musste, deren Überreste man nun in den Tiefen des Kratersees finden konnte.
Meister Daniel verengte die Augen, als er sah, dass sich ein paar Steine nur wenige Schritte von ihm entfernt wie durch Geisterhand bewegten. Sie sprangen einfach zur Seite und rollten dann in die Tiefe.
Wie vom Donner gerührt stand Meister Daniel da.
So ähnlich musste sich Saint Garran gefühlt haben, als er zum ersten Mal mit der sogenannten Entität Kontakt aufgenommen hatte …
Erkenne die Geheime Gestalt Gottes in allem, was da existiert! , erinnerte er sich eines der Lehrsätze aus dem reichen Fundus an Überlieferungen, die es von den Worten Saint Garrans gab.
Das Geistwesen, dem Saint Garran begegnet war, hatte die Materie auf Nano-Ebene so stark zu formen gewusst, dass es ihm möglich gewesen war, buchstäblich alles nachzubilden und zu imitieren. Selbst die Gestalt bekannter Menschen.
So war Saint Garran, der mit der Entität auf gewisse Weise zeitweilig verschmolzen war, auch nach seinem Tod noch einigen Ordensmitgliedern erschienen – als Gestalt, die die Entität gewählt hatte, um sich zu offenbaren.
Die Entität hatte zwar den Planeten verlassen, aber es sprach nichts dagegen, dass sie jederzeit zurückkehren konnte. Sie bewegte sich mit Hilfe des Effekts der Quantenteleportation, deren Reichweite im Prinzip unbegrenzt war. Eine einfache Übertragung jener Quantenzustände, die zusammengenommen die Entität bildeten. Auch der Mensch besteht letztlich aus nichts anderem , dachte Meister Daniel. Aber wir sind im Gegensatz zur Entität weit davon entfernt, diese Zustände zu beherrschen oder gar übertragen zu können …
Aber schon im nächsten Moment wurde Meister Daniel sehr ernüchtert, als er sah, was wirklich die Steine bewegt hatte.
Aus dem Gestein schälte sich eine graue, wurmartige Kreatur heraus. Ein sirianischer Gesteinsbeißer! , durchzuckte es Daniel. Diese bis zu zehn Meter langen und im Durchmesser ungefähr einen halben bis einen Meter dicken wurmähnlichen Wesen fraßen sich mit Hilfe starker Säuren durch das planetare Erdreich von Sirius III. Es gab Krater, die sie so innerlich zersetzt hatten, dass eine Bebauung nicht mehr möglich war.
Allerdings zogen sie eigentlich die Flachlandpartien auf Sirius III vor. Nur wenn besondere Gründe vorlagen, zog es sie durch die Gebirge. Was das für Umstände waren, hatte man noch nicht mit letzter Sicherheit herausgefunden. Wahrscheinlich hing es mit ihrem Stoffwechsel zusammen – und dem Hunger dieser Wesen nach Zersetzung ganz bestimmter Mineralien während bestimmter Phasen im Lebenszyklus.
Mineralien, die wahrscheinlich bei der Zeugung des Nachwuchses eine gewisse Rolle spielten.
Jedenfalls machte den Gesteinsbeißern die dünne Luft in diesen Höhen nicht das Geringste aus, denn sie nahmen ihren Sauerstoff ohnehin direkt aus dem Erdreich auf und kannten eine Atmung im eigentlichen Sinn nicht.
Im Gegenteil! Ein zu hoher Sauerstoffanteil, wie er in den bodennahen Regionen herrschte, machte das Emporsteigen an die Oberfläche zu einem nicht unerheblichen Risiko, da immer die Gefahr bestand, dass die Säuren, die sie aus ihren Schlünden ausstießen, mit diesem Sauerstoff heftig reagierten und die Gesteinsbeißer sich selbst zersetzten.
Trotzdem – in diesen Höhen, in denen eigentlich nur ein paar besonders hartnäckige Moose gediehen, hatte man Gesteinsbeißer bisher noch nicht angetroffen. Meister Daniel war fasziniert.
Die Kreatur schälte sich aus dem Gestein heraus und sorgte dabei dafür, dass weiteres Geröll in Bewegung geriet und stieß Laute aus, die wie ein röchelndes Grummeln klangen.
Die Kreatur öffnete einen Schlund am vorderen Ende ihres wurmartigen Körpers. Am hinteren Ende befand sich ein gleichwertiger Schlund, der sich aber nur wenige Zentimeter weit öffnete.
Daniel bewegte sich nicht.
Er wusste genug über die Sirianischen Gesteinsbeißer, um zu wissen, dass man sich dann, wenn sie an die Oberfläche kamen, vor ihnen in Acht nehmen musste. Sie konnten ihre Säure meterweit ausstoßen und es war in Einzelfällen sogar schon beobachtet worden, dass vorbeifliegende Flügelschlangen, eine weitere einheimische Tierart, von den Gesteinsbeißern
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