Sternenfaust - 106 - Die Monde der großen Planeten
auf Titan, Ende November 2074
Es knirschte und knackte, als die HYPERION auf der eisigen Ebene aufsetzte.
Ein Geräusch, das im Heulen des Windes beinahe unterging, zumal das schwere, keilförmige Schiff beinahe sofort durch die seltsame Konsistenz des Bodens abgebremst wurde. Mendoza spürte dieses merkwürdige Bewegungsmoment bis in die Fingerspitzen und war froh, dass die HYPERION die Heckdüsen nach unten richten konnte. Ein Notstart war so jederzeit möglich.
Der Lander der HYPERION, den die Mannschaft PROMETHEUS getauft hatte, kam zum Stillstand. Roberto Mendoza hielt das Steuer so fest er nur konnte und hoffte, dass die anderen ihm seine Nervosität nicht ansahen. Versank die PROMETHEUS auch nicht? Der Kommandant der Mission versuchte, sich zu sammeln. Er wusste, die anderen warteten gespannt auf seine offizielle Landebestätigung. Doch noch getraute sich Mendoza nicht, sie laut auszusprechen.
Jetzt können wir nur hoffen, dass die Kryotechniker auf der Erde wussten, was sie entwickeln und uns nicht alle Technik innerhalb von Sekunden einfriert. So wie damals bei Huygens. Die Sonde hat zwar immerhin eine Stunde überlebt, aber viel war das auch nicht. Bei uns muss das Ganze mindestens vier Wochen halten.
Länger konnten die Astronauten nicht auf dem Mond bleiben, sonst schloss sich das Zeitfenster, in dem sie zur Erde zurückfliegen mussten.
»Commander?«
Mendoza schreckte auf. Aspen hatte ihn angesprochen.
»Commander, Sie sollten die Landebestätigung aussprechen.«
Mendoza räusperte sich. Aspen hatte recht, es gab wohl keinen Weg mehr daran vorbei. »Natürlich«, meinte er. »PROMETHEUS an HYPERION. Sind erfolgreich in der Lyoness-Ebene gelandet. Schiff steht stabil auf sandigem Untergrund. Bodentemperatur 175° unter Null, Außentemperatur der Luft angenehme 165° minus, Windgeschwindigkeit fast null. Allerdings regnet es Methan. Werden uns bald anziehen, um nach draußen zu gehen. Ist auf der HYPERION alles in Ordnung, Summer?«
»… höre euch … mit Rauschen … bindung nicht … gut. Liegt wahrsch … am kondens … Tholin … den oberen … mosphärenschich … Gebe eure erfolgreiche Landung … an Houston weiter. Bis in zwei Stun …!«
Mendoza bestätigte und warf einen nachdenklichen Blick auf Aspen, der eine kurze Grimasse zog, Die Tholine waren Methan- und Ethanverbindungen, organische Moleküle, deren rostbraune Farbe dem düsteren Tag auf Titan die Farbe verliehen und die sich auch in den oberen Atmosphärenschichten des Mondes befanden. Man vermutete seit rund 100 Jahren, dass es diese organischen Moleküle hier auf Titan gab – und sie waren letztendlich auch das, was den Mond für die Menschen auf der Erde so interessant machte: Sie waren der Grundbaustein des Lebens. Insofern war Titan der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, der der Erde im Urstadium ähnelte. Doch bis heute vermutete die Wissenschaft das nur, denn auf der Erde existierte kein Tholin – es wurde durch den Sauerstoff in der Erdatmosphäre zerstört.
Womit allerdings keiner gerechnet hatte, war, dass sich diese geheimnisvollen organischen Moleküle nicht nur als begehrtes Forschungsobjekt erweisen würden, sondern auch als Hemmnis für die Kommunikation.
»Naja«, brummte Mendoza. »Schau dir das mal zusammen mit Naruko an, Jack, vielleicht findet ihr ja einen Weg, das alles zu umgehen.«
Sato nickte. »Vielleicht helfen Bodenproben uns da weiter. Das Tholin wird ja nicht nur in der Luft existieren.«
»Ich weiß ja nicht, wie es mit Euch steht, aber ich würde mich gern fertigmachen zum Ausstieg«, ließ sich Nils vernehmen. »Einfach nicht so viel reden, sondern das tun, wozu wir letztendlich hergekommen sind.«
Schweigend machten sich die vier Astronauten zum Ausstieg aus der PROMETHEUS bereit.
»Aspen, Luke öffnen.«
Mendoza atmete tief ein und hielt dann, als das Schott sich langsam hob, den Atem an. So müssen sich Armstrong auf dem Mond oder die Jungs und Mädels von der BRADBURY – Kang, Batrikowa, Braxton, Saintdemar und die anderen – auf dem Mars vor 62 Jahren gefühlt haben.
Vor ihm breitete sich eine düsterrot beleuchtete Landschaft aus, die am Horizont in einen Gebirgszug überging, dessen Höhe nicht einzuschätzen war. Über all dem breitete sich ein diesiger Himmel aus, an dem ein winziger, aber sehr hell leuchtender Stern durch die immer wieder aufbrechende und rötlich leuchtende Wolkendecke schien – die Sonne. Das Licht schien unwirklich. In der Ferne stand ein
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