Sternenfaust - 108 - Die Gabe der Telepathen
weiß das.«
»Du hilfst dem Raisa bei seiner Ausbildung?«
»Ich bringe ihm das Kämpfen bei. Damit er sich zu verteidigen weiß. Satren-Nor bat mich darum.«
»Hättest Du den Auftrag ablehnen können?«
»Nein. Einen solchen Auftrag kann man nicht ablehnen.« Sun-Tarin schwieg kurz. »Zunächst wollte ich ihn ablehnen. Ich war wütend über die Störung. Zuerst setzte sich Wanda mit mir in Verbindung, und kurz darauf kam diese Bitte Satren-Nors. Mein Leben, so wie es war, existierte nicht mehr. Aber dann besann ich mich. Ich habe im Kloster viel gelesen, William, und ich fühle mich den südlichen Ländern eurer Welt verbunden. Dort hieß des Öfteren: Kismet. Schicksal. Es sind höhere Mächte, die uns führen und ich folge.«
»Auch ich hatte keine Wahl.«
»Du wehrst Dich noch. Das sehe ich. Du folgst nicht deiner Bestimmung.« In den Augen des Christophorers sah Sun-Tarin sein Zögern.
»Ich habe Angst, man könne meine Gabe missbrauchen. Du warst nicht mehr an Bord der STERNENFAUST II, Sun-Tarin. Nachdem bekannt wurde, dass ich die Gabe zu latenter Telepathie besitze, haben mich manche Leute behandelt wie, na wie …« William stockte verlegen.
»Wie einen kridanischen Austauschoffizier?«, half Sun-Tarin schnabelklackernd nach. Williams Scham erheiterte ihn. »Das ist lange vorbei.« Er musste an Rana Quaid denken. »Was ist eigentlich mit deiner Eierlegerin … deiner Frau passiert. Ihr Name war Rana, nicht?«
Williams Augen wirkten leer. »Rana. Wir …« Er setzte neu an. »Sie kam aus dem HD-Raum, aber sie war nicht mehr dieselbe.« William schluckte schwer. »Wir haben es versucht. Ich habe es versucht. Aber zwischen uns war eine Wand, höher als ein Gebirge. Es gab kein Durchkommen für mich. Sie machte zahllose Therapien, doch ihren wahren Frieden fand sie nie. Ich wollte sie trotzdem nicht aufgeben, aber letztlich ist unsere Beziehung daran zerbrochen. Der Eintritt in den HD-Raum und die Dinge, die damals geschahen …« Wieder stockte William. Er konnte nicht weitersprechen.
»Verzeihung«, meinte Sun-Tarin leise. Er meinte, was er sagte. Ihm war es nicht vergönnt gewesen, eine Eierlegerin zu finden. Sein Schicksal sah das nicht vor.
Williams Augen glänzten unnatürlich. »Ich hätte die gesamte STERNENFAUST II eingetauscht, wenn es mir dafür nur gelungen wäre noch einmal an Rana heranzukommen. Aber sie machte dicht. Soweit ich weiß arbeitet sie irgendwo in einer Grenzzone und setzt ihr technisches Verständnis für soziale Projekte ein. Ich bin nach St. Garran gegangen und habe mich um Menschen gekümmert, die so sind wie ich. Die meine Gabe haben. Manchmal denke ich, dass diese Gabe ein Fluch ist. Als Rana ging …« Er zögerte mit dem Weitersprechen und Sun-Tarin gab ihm alle Zeit die er brauchte. »Ich hatte das Gefühl, sie zu spüren, Sun-Tarin. Ihre Gedanken lesen zu können. Ich weiß inzwischen, dass die meisten latenten Telepathen wesentlich empfindsamer sind als andere Menschen. Es gab eine Zeit, da wäre ich überglücklich gewesen meine Gabe los zu sein.«
»Aber du hast dich ihr gestellt. Du hast dein Schicksal angenommen und du wirst es auch weiterhin tun. Ich weiß nicht, ob ich das auch kann. Es sieht düster aus auf Kridania und keiner weiß, wie lange der Frieden noch währt. Seitdem die STERNENFAUST III ihren Jungfernflug machte, ist die Stimmung sehr aufgeladen. Ihr Menschen seid zu tief in die Dinge des Seins eingedrungen. Vielen Kridan gefällt das nicht. Ihr benutzt Techniken deren alleinige Erwähnung auf Kridania für einen Gefängnisaufenthalt sorgen würde.«
»Ihr wisst mehr über die Errungenschaften der Toten Götter als ihr preis gebt«, beschuldigte ihn William.
Sun-Tarin versuchte nicht es abzustreiten, aber er würde auch nicht darüber reden. Das hatte er dem Raisa und Satren-Nor versprochen. »Ihr rührt an sehr alten Dingen. Und wir werden nicht tatenlos zusehen können. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns nicht verstecken, sondern versuchen alles in unserer Macht stehende zu tun, um einen Krieg zu verhindern. Du hast diese telepathische Gabe. Du hast das Geschick Verhandlungen zu führen und du bist ein gestandener Mann, kein unsicherer Anfänger mehr. Stell dich deinem Schicksal. Der Eine ruft nach uns allen, ob man nun an Ihn glaubt oder nicht. Nicht umsonst meinte der Prophet Erlor-Dan ›Die Wege des Seins sind unergründlich.‹«
William lächelte. »Ich habe unsere Gespräche vermisst, Sun-Tarin. Doch ich wollte dich in deiner
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