Sternenfaust - 111 - Die Stimmen der Götter
habt mich berührt«, flüsterte Saha-Fera kaum hörbar. »Ihr habt mich berührt, Euer Heiligkeit, und mir ist kein Dämon entwichen! Dann ist es wahr! Es war der Eine, der zu mir sprach. Ich bin gesegnet, nicht verflucht!«
Die Kridan richtete langsam ihren Blick in das Gesicht der Raisa. Ihr Gesicht wirkte glatt und weich, es zeigte große Freude und Stolz. »Ich werde den Auftrag ausführen. Ich folge meiner Berufung. Koste es, was es wolle!«
*
Matlanor, Palast des Friedens, im goldenen Empfangsgemach
Der Raisa konnte seine Augen kaum von der schönen Kridan lassen. Es waren nicht nur Saha-Feras interessante Augen mit der riesigen grün schimmernden Iris. Es war ihre ganze Art! Wie sie sich bewegte – als ob sie tanzen würde; wie sie zierlich durch ihre Schnabelöffnungen atmete, ohne dass man das Zittern der feinen Häute darin erahnen konnte und wie sie strahlte, als sei sie in ein eigenes Licht getaucht, das sie umgab wie eine Aura aus göttlicher Energie.
Aufmerksam hörte er sich an, was die junge Kridan zu berichten hatte. Ein Diener brachte zwei Karaffen mit Deras-Saft, eine für den Raisa und eine weitere für die Besucher und Vertrauten. Sie saßen an einem achteckigen goldbemalten Tisch. Dem Raisa stand ein reich verzierter Thronstuhl mit eingearbeiteten glitzernden Tak-Steinen im Kniebrettbereich zu.
»Ihr sagt also …«, meinte der Raisa schließlich zögernd, »der Eine – die Stimme – verkündete Euch Ihre Wut auf die Schnabellosen? Auf die Solaren Welten?«
»Ja, denn die Schnabellosen nutzen die Techniken der Verlorenen.«
Satren-Nor richtete sich in seinem einfachen Stuhl auf. Es saßen nur die drei Kridan, Sun-Tarin und Kiri-Tan standen als Krieger am Eingang der Tür und leisteten ihre Arbeit als Wächter. »Nun«, begann der Prediger zögernd. »Aufgrund der politischen Lage müsste Euch bewusst sein, Saha-Fera, dass diese Prophezeiung vielen Kridan gerade recht kommen könnte um einen Krieg mit den Solaren Welten zu beginnen.
Einen Krieg, der unzählige Leben auf beiden Seiten kosten kann.«
»Ich weiß, was Krieg ist.« Die junge Kridan wirkte verzweifelt. »Aber ich weiß auch, was mir widerfahren ist! Soll ich den Wunsch des Einen ablehnen, weil ich keinen Krieg wünsche? Wie anmaßend wäre das! Die Stimme sagte mir, ich solle in Matlanor im großen Tempel zu den Kridan sprechen, und genau darum ersuche ich Euch, Miru-Raisanin! Lasst mich im Tempel sprechen! Lasst mich Euch überzeugen, dass ich keine Lügnerin bin!«
Satren-Nor senkte den Schnabel. »Was sagt Ihr, Seran-Pakor?«
Der Raisa sah die junge Frau noch immer gebannt an. Das Licht um sie her war so klar, dass es blendete. Was, wenn ihr wirklich der wahre Gott erschienen war? Wenn sie die Verkünderin war, das Orakel, durch das Gott zu den Kridan sprach? Saha-Fera hatte gute Argumente angebracht. Er durfte sich nicht nach seinen Wünschen richten. Es ging um Gott und dessen Willen. Er seufzte leise, indem seine Schnabelhälften leicht aneinander schleiften. Wenn mir selbst doch nur ein Mal in meinem Leben der Eine begegnet wäre! Wie viel leichter wäre es, an Ihn zu glauben, wenn mir dies wiederfahren wäre. Ich bin der göttliche Raisa, Sein heiligstes Instrument, doch ich habe schon vor langer Zeit erkannt, dass der starke Glaube an Gott viel zu sehr missbraucht wird. Wie wundervoll wäre es, wenn der Eine mir endlich ein Zeichen sendet …
Er ergriff die Hand der ihm gegenübersitzenden Saha-Fera. Eine klare Überschreitung des Protokolls, die Satren-Nor scharf zischen ließ, doch der Raisa kümmerte sich nicht darum. Eine alte Sehnsucht war ihn ihm geweckt worden. Die Sehnsucht nach der Wahrheit, die ihn auch in die Solaren Welten gelockt hatte, um sich selbst ein Bild der Menschen machen zu können.
»Saha-Fera, ich spüre in Euch nur Licht, keine Schatten. Ihr dürft hier im Gästetrakt des Palastes mit Eurer Schwester wohnen, solange Ihr es wünscht. Ein Mal am Tag werdet Ihr gemeinsam mit Satren-Nor in den großen Tempel gehen. Sollte der Eine dort zu uns sprechen wollen, so werden wir seine Botschaft mit Freude empfangen.«
Die junge Kridan raschelte vor Verlegenheit mit den Federn. »Ich danke Euch, Euer Heiligkeit«, brachte sie mühsam hervor. »Ihr seid sehr gütig.«
Seran-Pakor winkte Sun-Tarin heran. »Bring die beiden zum Gästetrakt. Sie stehen unter deinem Schutz, solange sie sich im Palast befinden.«
Sun-Tarin machte eine bestätigende Geste mit der Krallenhand. »Wie Ihr
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