Sternenfaust - 111 - Die Stimmen der Götter
wünscht, Euer Heiligkeit.« Er führte die beiden Kridan aus dem Raum. Der Raisa überlegte, ob es als unschicklich gelten würde, die beiden Frauen zum Essen einzuladen.
Satren-Nor klackte mit den Klauen auf den goldenen Tisch. »Diese Kridan wirkt nicht geistig verwirrt. Ich weiß nicht, was schlimmer ist: Wenn dies hier eine Intrige ist, ersonnen von unseren Feinden, die sich durch irgendwelche Mittel des Geistes der jungen Kridan bemächtigt haben, und ihr das Wunder vom schwarzen Tümpel vorspielten, oder wenn es tatsächlich der Eine ist, der zu ihr sprach …«
Der Raisa spürte zum ersten Mal seit langem Wut auf seinen väterlichen Berater. »Wie könnte es schlecht sein, wenn der Eine zu uns spricht?«, begehrte er heftig auf. Er war froh, dass sie allein im Raum saßen und er sich nicht mehr an das Protokoll halten musste.
Satren-Nor senkte beschämt seinen Schnabel. »Vergib einem alten Narren, Seran-Pakor. Wenn der Eine tatsächlich den Krieg wünscht, dann …«Der alte Kridan stoppte gequält und klackerte nur leise weiter. »Dann war mein ganzes Leben eine selbstgefällige Lüge.«
Schweigen breitete sich im Raum aus. Seran-Pakor bereute seine aufbrausenden Worte. »Warten wir doch einfach ab. Wenn es tatsächlich der Eine ist, wird er sich auch uns offenbaren.«
Satren-Nor wiegte bedächtig den Schädel. »Ich weiß nicht, ob Abwarten allein genügt. Wir brauchen Hilfe. Wenn du mich fragst, sollten wir handeln. Wir benötigen die Unterstützung von jemandem, der unvoreingenommener ist als wir. Wir können nicht neutral sein, wenn es um Gott geht.«
»Hast du da jemand Bestimmten im Sinn?«
Der Prediger klackte bestätigend mit dem Schnabel. »Ja, das habe ich.«
*
Kales-Sun tobte innerlich.
Der selbstgefällige Priester Orlan-Gal hatte ihn bei der Ankunft im Palast vor seinen beiden weiblichen Schützlingen behandelt wie ein frisch geschlüpftes Küken! Er hatte ihn nicht ausreden lassen, ihn bevormundet und zu guter Letzt sogar die beiden Eierlegerinnen allein losgeschickt, um sich beim Raisa zu melden! Allein! Dabei hatte er gerade bei diesem ersten Gespräch um jeden Preis dabei sein wollen! Die Botschaft, die Saha-Fera den Kridan der Hauptstadt brachte, war zu brisant. Man musste sowohl die Kridan des Reiches als auch diese junge Eierlegerin schützen! Nicht auszudenken, wenn sie gar keine Vision gehabt hatte, sondern lediglich die Entkräftung des langen heiligen Marsches ihren Geist verwirrt hatte. Es kam immer wieder zu Massenhalluzinationen, besonders unter jungen, weiblichen Kridan, und eine Aufzeichnung der Vorfälle über das »Wunder vom Schwarzen Tümpel« gab es nicht.
Und jetzt redet diese Eierlegerin allein mit dem Raisa und ich habe zu warten, bis man mich ruft. Eine Unverschämtheit! Satren-Nor wird versuchen, sie zu beeinflussen. Jeder weiß doch, wie sehr er den Frieden will. Er wird ihr einreden, dass sie etwas falsch verstanden hat und Gott die Verbrüderung mit den Schnabellosen wünscht!
Kales-Sun betrachtete sein Gesicht über dem violetten Priestergewand in einem ovalen Spiegel seines Zimmers im Gästetrakt. Was wollte er überhaupt? Wollte er den Krieg? Wollte er den Frieden? Oder einfach nur die Wahrheit?
Ich weiß, dass Saha-Fera hier in Matlanor in Gefahr ist, denn auch ich bin nicht unschuldig und rein im Denken …
Er fuhr sich mit den Handkrallen an der Stirn entlang und musste an eine Strophe der heiligen Schriften denken. »Denn Gott der Allmächtige richtet all jene, die wankelmütig sind im Geiste und nicht folgen seinen heiligen Worten, und die nicht handeln nach seinem Gefallen. Denn er braucht keine ängstlichen Diener, sondern ein starkes Volk, ein auserwähltes Volk, das seine Lehre in die Welt hinaus trägt …«
Nein, ich werde nicht wankelmütig sein. Ich weiß, was ich will. Das Schicksal hat mir eine gute Gelegenheit zugespielt. Und ich werde sie nutzen.
*
Solare Welten, New York, Regierungsgebäude
Die Botschafterin Wanda Ndogo stand im Büro von Jasper Mitchell, dem Ratsvorsitzenden der Solaren Welten und überdachte ihre Optionen. »Ich soll also nach Kridania reisen?«
»Am besten noch heute. Kalpren Suresh habe ich bereits informiert. Außerdem schicke ich Ihnen zehn Marines als Ehrengarde mit.« Der attraktive Mann mit der verwegen wirkenden Narbe im Gesicht strich sich den langen silbernen Zopf auf den Rücken, der in der Tradition chinesischer Kaiser geflochten war. Ein anderer hätte mit dieser Frisur
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