Sternenfaust - 116 - Traumkämpfer
Höhlengang, während das Schreien und Reißen, das Brüllen und Jammern an sein Ohr klang.
Warum bin ich hier? flüsterte David und Tränen rannen ihm über die Wangen. Ich weiß, dass ich träume und ich möchte aufwachen! Und dennoch bin ich hier!
Diesmal antwortete eine dunkle Stimme: Weil du existiert, obwohl ich die Menschen noch nicht erschaffen habe. Weil du diesen Pfad gehst, ohne bereit zu sein!
Für was, um alles in der Welt, sollte ich bereit sein? stieß David hervor. Ich bin Zweiter Offizier auf dem Raumschiff STERNENFAUST. Meine Heimat ist das Waffenleitpult.
Die Stimme lachte. Die Heimat bleibt in dir, solange du lebst. Und deine Heimat ist nicht das All! Warte ab, was geschehen wird!
David sackte in sich zusammen und war erstaunt, dass seine Verletzungen verschwunden waren. Verdammt noch mal, wann endete dieser Traum? So war es noch nie gewesen – noch nie so … intensiv! Helle zwitschernde Töne unterbrachen das Gemetzel. David lugte um einen Felsvorsprung und sah vier Bachstelzen, die sich mutig den reißenden Tieren entgegenstellten. »Hört auf mit dem Morden! Hört auf, euch wie Ungezügelte zu benehmen. Die Furcht macht euch blind! Geht zum Berg und erfahrt, wer das Licht ist!« riefen sie und verschwanden.
Die Tiere gehorchten und begaben sich zum Berg. David folgte ihnen vorsichtig, er machte sich kleiner, als er im wirklichen Leben war. Nicht mehr über einsachtzig, sondern kleiner als einssechzig, so wie ein schmal gewachsener, hagerer Aborigine aussah. Er blickte an sich hinab und sah, dass er fast nackt war. Seine schwarze Haut war tätowiert.
In allen Himmelsrichtungen erhoben sich Säulen, die wie Rauchfahnen aussahen. Der Boden donnerte, als die vier Säulen sich zu drehen begannen und im Kreis über die Ebene auf sie zuwirbelten. Näher und näher kamen sie an den Berg heran. Sie vereinigten sich zu einer einzigen mächtigen Säule. Diese veränderte ihre Form und wurde zu einer Wassersäule. Es war wunderschön, in sich gefesselte Gezeiten, gegen den Strom in den Himmel aufsteigend, ein glitzernder Tornado aus Wasser, dessen Gischt einen Regenbogen über die Wüste spannte. Staunend verfolgte David, wie die Wassersäule in sich zusammenfiel, sich verfestigte und in einen riesigen Pilz verwandelte, der mit einem kristallenen Überzug versehen war. Die Tiere standen still, starrten und zitterten, während trocknendes Blut ihre Gestalten verkrustete. Dunkle Wolken verdunkelten den Himmel, ein Blitz fuhr herab und spaltete den Pilz.
Der erste Mensch! dachte David und wunderte sich über sein Wissen. So wollte es der allmächtige All-Vater. Nun wird der erste Mensch geschaffen! Das ist die uralte Geschichte meines Volkes!
Der Pilz klappte auseinander.
Die Wolken verzogen sich, Mutter-Sonne legte ihre ganze Kraft in diesen Akt der Geburt, dann erhob sie sich in den Himmel und würde nie wieder auf die Erde zurückkehren. Eine seltsame Gestalt kletterte aus dem Kristallpilz.
David traute seinen Augen nicht. Es war ein bunt glitzernder Schild, hinter dem David eine menschliche Gestalt zu sehen glaubte. Und doch … genauso gut hätte es sich um ein Wesen handeln können, wie es dieser Planet noch nie gesehen hatte. Ein Fremdling. Eine neue Spezies. Der Geborene reckte sich und kam auf sie zu.
David Alyawarry erwachte.
*
Auf der Brücke der S.C.S.C. STERNENFAUST III herrschte Stille.
Commodore Dana Frost rieb sich die Augen und musterte die Apparaturen und Konsolen. Sie hatte die Deltaschicht hinter sich und war müde. Der morgendliche Befehlsappell war absolviert, alle Morgenüberprüfungen abgerufen, die Koordinaten gecheckt. Die übliche Routine.
In letzter Zeit fühlte sie sich wie die Protagonistin in einer dieser antiken Soap Operas, die man hin und wieder noch auf zweidimensionalen Bildschirmen guckte. Sie stritt mit Taglieri und man versöhnte sich wieder. Es gab Auseinandersetzungen unter der Mannschaft und man versöhnte sich wieder. Man stritt mit dem Star Corps, den Christophorern, mit Far Horizon – und versöhnte sich wieder.
Lieber Himmel, wenn man sich über die Crew der STERNENFAUST III Geschichten erzählen würde, wären nur die wenigsten Krisen interessant – aber wer berichtete über diese unendlich langen Leerzeiten, in denen nichts, rein gar nichts geschah? Zeiten, in denen man stundenlang auf den Frontbildschirm starrte, bis einem die Augen schmerzten, Stunden, in denen die Brückenbesatzung wie versteinert vor ihren Konsolen hockte?
Weitere Kostenlose Bücher