Sternenfaust - 116 - Traumkämpfer
drückte gegen seine Lunge und nahm ihm die Luft zum Atmen. Das 3D-Display einer Warntafel traf David mitten in die Nerven. Er hielt sich an einer Konsole fest, deren Lumineszenzen im verrückten Rhythmus zu wirbeln schienen. Unnatürlich, so weit weg war alles von der Einheitlichkeit, Geschlossenheit, so weit weg vom Unverfälschten.
»Commander … Commander …!«, hallte Jakes Stimme in seinem Kopf.
»Ist schon gut, Austen. Alles kein Problem. Ich glaube, ich habe mir den Magen verdorben …«
Jake grinste. »Das kenne ich! Kürzlich war ich im Forum Romanum auf Vesta. Tolles Restaurant, sage ich Ihnen. Hauptsache, man isst dort nicht. Jedenfalls nicht am Montag, wenn der Küchenchef frei hat. Und schon gar nicht Fisch! Meine Begleiterin hat sich daran fürchterlich verhoben und lag drei Tage im Bett. Ich musste sie pflegen …«
Doktor Tregarde, der eine Weile abseits gestanden hatte, um die Rückkehrer vorbeizulassen, nickte den Offizieren grüßend zu und ging vorbei. Wie immer wirkte der relativ kleine Mann zwar frisch und ausgeruht, aber auch nachdenklich.
David grunzte gequält und blickte dem Arzt hinterher. »Lassen Sie uns später weiterreden, Commander!«
»Natürlich«, reagierte Jake professionell, deutete einen Gruß an und folgte der Gruppe.
David wischte sich über die Augen und blinzelte. Er versuchte, die Sinneswahrnehmungen zu verscheuchen. Er sah Jake hinterher, der mit wiegenden Schritten hinter der Biegung verschwand. Ein netter Kerl, etwas gewöhnungsbedürftig, aber freundlich und, was viel wichtiger ist: Ein hervorragender Soldat!
David war sich bewusst, dass er, seitdem er an Bord dieses Schiffes war, ein einsames Leben führte. Er hatte keine Freunde, sah man von der militärischen Loyalität einmal ab. Angebote, sich im Fuzzy’s mal einen hinter die Binde zu kippen, hatte David bisher freundlich aber bestimmt abgelehnt. Er wusste, dass manche Frau an Bord sich für ihn interessierte, was wohl nicht zuletzt an seinem exotischen Äußeren lag. Schwarzhäutig, groß, durchtrainiert, weißes lockiges Haar – und Macht! Einer, auf den die Ladys neugierig waren.
Man wusste, dass David Ethikschulungen bei Meister Beaufort erhalten hatte. Wie nahe stand David den Christophorern? War er vielleicht selber einer – heimlich? Es war klar, dass Gerüchte über ihn kursierten, aber er störte sich nicht daran. Er hatte gelernt, dass die Welt ihm alle Aufgaben zueignete, die sie für richtig hielt. Und er, David, würde sie erfüllen.
Er hatte seinen großen Auftritt noch nicht gehabt, sah man mal davon ab, dass er einen erfolgreichen Einsatz mit Jake Austen absolviert hatte, damals, als sie in die Druckwelle einer Explosion geraten waren und die STERNENFAUST dadurch in Gefahr geriet. So ein Problem zu lösen erwartete man von ihm. Schließlich war er die Nummer Zwei. Und was hieß überhaupt »großer Auftritt«? Es lag David fern, sich in den Mittelpunkt zu spielen. Er war ein Teamplayer, soweit es die militärischen Regeln zuließen, fair und gerecht.
Und nun brach seine Welt auseinander.
Sollte er ein Gespräch mit Doktor Tregarde führen? Oder sollte er warten, bis diese Träume, jene hypersensiblen Sinneswahrnehmungen von alleine verschwanden? Nein, etwas geschah mit ihm, und er benötigte ärztliche Hilfe. Das war er sich und dem Schiff schuldig!
Auch jetzt spürte er Stimmen, die aus seinen Träumen zu kommen schienen, die nach ihm griffen, ihn in eine Richtung drängten, hin zu etwas, das er noch nicht durchschaute. Es war ein Wort, das ihm fehlte, eine klare Aussage. Und sie lag vor ihm, sozusagen auf seiner Zungenspitze. Als er versuchte, sich zu konzentrieren, erfasste ihn Grauen und ein Gefühl …
… der Ohnmacht?
… der Wahrheit?
… der Angst!
Er taumelte in seine schlichte, aber gepflegte Offiziersunterkunft und schloss die Tür hinter sich. Er drückte den Code, um nicht von Besuchern überrascht zu werden und war alleine mit sich. Mit einer raschen Bewegung wischte er den Tisch zur Seite und kauerte sich im Schneidersitz auf den Teppich. In seinem Hirn hallte und rumorte es.
Ohne es zu merken, tasteten seine Finger zur Flamme.
*
»Sie haben ihn weggeschickt, wie ein ungehorsames Kind auf sein Zimmer?« fragte Admiral Vincent Taglieri und kniff seine Augen zusammen. »Sie haben tatsächlich die Nummer Zwei aufs Zimmer geschickt? Derartige disziplinarische Maßnahmen bin ich von Ihnen ja gar nicht gewohnt.«
Nahm Dana Belustigung wahr – oder
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