Sternenfaust - 125 - Die fremde Dimension (2 of 2)
anders aus, als sie sie in Erinnerung hatte und wie es normal gewesen wäre. Doch die falschen Eindrücke, die verkehrten Bilder machten vor ihrem optischen Sinn nicht halt. Auch ihr Denkvermögen schien davon betroffen zu sein; sobald sie versuchte, die Visionen da draußen richtig zu ordnen und zu verstehen, nahmen ihre Gedanken buchstäblich eine andere Richtung auf. Es wurde anstrengend, nachzudenken. Kopfschmerzen explodierten unter ihrer Schädeldecke. Aber das, was da draußen war, diese Umgebung, die so schrecklich verwirrend schien, ließ sich nicht verdrängen und schlich sich immer und immer wieder in ihre Überlegungen und Versuche hinein, sich selbst zu beruhigen. Neela fing an zu wimmern. Ihr Gehirn schien mit den Eindrücken überfordert.
So kann ich nicht fliegen! Ich werde verrückt! Die Kopfschmerzen wurden schlimmer. Doch sie versuchte, sich zusammenzunehmen. Morten hatte mehr als einmal gesagt, dass sie in seinen Augen fluguntauglich war. Er sollte nicht recht behalten! Wenn sie nur nicht mehr den Wahnsinn draußen hätte sehen müssen!
Plötzlich fiel ihr ein, dass es eine Vorrichtung gab, mit dem sich der transparente Stahl der Cockpitkuppel polarisieren ließ. Sie schloss die Augen und tastete danach.
Das Steuer ließ sie in der Zwischenzeit los. Auch wenn sie nicht mehr sehr stark waren, die Gravitationswellen wirbelten das Schiff immer noch heftig herum. Steuern hatte noch keinen Sinn. Schließlich hatte sie den Knopf gefunden, den sie trotz ihrer Handschuhe haptisch erfassen konnte. Erleichtert legte sie ihn um.
Doch die Augen ließ sie noch ein paar Sekunden geschlossen. Als sie sie vorsichtig öffnete, sah sie erleichtert, dass jetzt von hier innerhalb des Cockpits kein Blick mehr nach außen möglich war. Sie atmete durch.
Langsam schienen auch die unkontrollierten Bewegungen der ›Earhart‹ nachzulassen, und auch wenn die Kopfschmerzen nicht verschwanden und immer noch ihre Schädeldecke zu sprengen drohten, war sie imstande, langsam zu überlegen, was als Nächstes zu tun war.
Sie griff über sich in ein kleines Fach, aus dem sie einen Beutel mit Flüssigkeit hervorzog. Erst einmal einen Schluck trinken. Und wirklich – sie fühlte sich beinahe sofort besser. Sie sah auf ihre Anzeigen. Wo war sie? Die wie rasend durchlaufenden Ziffern hatten sich beruhigt und sich dazu entschieden, sich auf einen bestimmten Wert einzupendeln, doch auf die angezeigten Koordinaten konnte sich die Pilotin keinen Reim machen. Es schienen dieselben zu sein wie kurz vor dem Erscheinen des Phänomens, doch hier war sie eindeutig nicht mehr knapp außerhalb der Umlaufbahn von Aditi V.
Verdammt. Wo hat es uns hin verschlagen?
Neela sah auf und bemerkte, dass die Funkanlage auf Maximum stand. Zeit für eine Durchsage.
»Flight Control STARFIGHTER Two, hier ist Pilotin First Class Neela Hiller von Flugstaffel STERNENFAUST-Vier. Können Sie mich verstehen?«
Es herrschte Schweigen. Mist.
»Flight Control STARFIGHTER Two, hier ist Pilotin First Class Neela Hiller von Jäger Sierra Tango Foxtrott One One Two. Können Sie mich verstehen?«
»Vergiss es, die hören uns nicht«, krächzte es auf einmal im Gerät. Neela fiel beim Klang der Stimme ein Stein vom Herzen. »Sam! Sam, bist du das?«, sprudelte es aus ihr heraus. »Den Raumgöttern sei dank! Ich hatte schon gedacht, dass du und Tyree vernichtet worden sind!«
»Neela, wir … ich bin gar nicht so weit entfernt davon! – Was ist das da draußen? Ich kann da nicht hinsehen …!«
»Die Scheiben polarisieren! Na los, der Schalter links über dir! … – Sam? Sam! Antworte mir! Hast du ihn gefunden?«
Für ein paar quälend lange Sekunden war nichts zu hören. Doch dann knackte es wieder in Neelas Mikrofon. »Ich hab’s geschafft.« Sam Wyczinskis Stimme klang schwach. »Hier ist es … hier ist es jetzt zwar dunkel wie in einem Grab, aber immerhin muss ich diesen Wahnsinn da draußen nicht mehr sehen …«
»Wie geht es Marvin, Sam?«
»Ich habe keine Ahnung. Warte.«
Wieder war es lange Sekunden still, während denen auch Neela Hiller nach ihrem Piloten sah. Morten Jackville schien zu schlafen, aber er war nicht wach zu bekommen. Stattdessen murmelte er unverständlich in sich hinein und warf unruhig den Kopf hin und her. Es schien, als träume er schlecht. Besorgt strich Neela ihm von hinten über die Stirn und versuchte, von ihrem etwas erhöhten Sitz hinter ihm auf ihn herab zu sehen. Doch es war keine Verletzung zu erkennen.
»Sam?
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