Sternenfaust - 152 - Am Scheideweg (2 of 2)
verlangt niemand von dir. Es ist vorbei.
Doch , widersprach er zaghaft. Jemand verlangt mehr. Ich.
*
Die Kunde kam zwei Stunden später – verzögert, weil am Fuß des Turanor-Berges niemand mehr auf mentale Kontaktversuche achtete. In den südlichen Provinzen Helemaius peitschten Wirbelstürme über das Land, wie sie die Zwillingswelten nie zuvor gesehen hatten. Es hieß, die Unwetter hätten einen ganzen Volksstamm, der sich bisher jeglichen Evakuierungsversuchen verweigert hatte, vom Rest des Planeten abgeschnitten. Letzten Berichten, die aus der Region gekommen seien, zufolge, hätten die dortigen Alendei nicht einmal dann, wenn sie es wollten, noch genügend Kraft, sich den Naturgewalten entgegenzustellen und sich zu retten.
Es war vorbei. Auch dort.
Und Turanor von den Alendei spürte, wie die Sturheit Oberhand über den Schmerz und die Hoffnung gewann. Es war seltsam und bar jeglicher Rationalität – zumindest für ihn in seinem fragilen, unsicheren und seines Fundamentes beraubten Gemütszustand –, doch das Schicksal jener Unerweichlichen in den südlichen Provinzen der alten Heimat wurde für ihn zum brennenden Mahnmal. Zum Symbol für alles, was mit der Situation nicht stimmte. Für das Ende, das ihm und seinem Volk bevorstand. Das, dem sie sich – ganz ähnlich wie die Betroffenen daheim – bereits wissentlich und willenlos überantwortet hatten.
Turanor wusste längst nicht mehr, was er eigentlich tat, als der Entschluss in ihm reifte, an Bord der STERNENFAUST – dem Ort, der beinahe zu Izanagi Naradas Grab geworden wäre – um Hilfe zu bitten. Ohne den jungen Japaner konnte er sich doch nicht verständlich machen, wenn er in Gesellschaft der Menschen war! Niemand würde begreifen, was auf seiner Seele lastete, niemand würde vom Leid jenes Stammes Notiz nehmen!
Dennoch … Sturheit war eine Krankheit, von der sich mancher nie ganz erholte.
Die Kunde war zwei Stunden später gekommen – und fünf Minuten darauf teleportierte der oberste Alendei abermals auf das Raumschiff von der Erde.
*
S.C.S.C. STERNENFAUST
»Er ist wach.«
Drei Worte nur, und doch so mächtig. So wichtig. Dana hatte sie gehört und war sofort aufgebrochen. Nun stand sie auf der Krankenstation ihres neuen, alten Schiffes und sah auf das medizinische Wunder in dem Biobett vor ihr. Der Anblick zählte zu den schönsten, derer sie je hatte Zeugin werden dürfen.
»Wie geht es Ihnen, Izanagi?«, fragte die Kommandantin leise, sanft.
Der ehemalige Christophorer lächelte schwach. Schon diese winzige Regung schien ihm Unmengen an Kraft zu rauben. »Geht schon«, hauchte er und bemühte sich hörbar um Nonchalance, was ihm aber misslang. Wer so käsigblass und schweißgebadet war, konnte niemanden täuschen. Erst recht nicht die Leute, die ihn noch vor wenigen Stunden beinahe für tot erklärt hätten. »Unkraut wie ich ist zäh, wissen Sie?«
»Wem sagen Sie das«, sagte Dana und nickte. »Aber das sollte sich schon alles in gewissen Grenzen halten. Sie müssen sich schonen, Izanagi. Am besten schlafen Sie einfach weiter. Wir kümmern uns um den Rest. Es ist schön, Sie wieder unter uns zu wissen.«
Ash stand neben ihr und nickte bestimmt, ohne den Blick von den Anzeigen des Diagnostikpanels zu nehmen, das Izanagis Biowerte aufzeichnete. »Schonen. Das sage ich ihm seit Minuten! Aber meinen Sie, er hört auf mich?«
»Wie … Wie geht es Turanor?«, hauchte der junge Japaner.
»Turanor?« Dana riss die Augen auf. »Junger Mann, Ihr Mitgefühl in allen Ehren, aber Turanor ist der Grund, aus dem Sie beinahe gestorben wären. Dr. Tregarde und sein Team haben Sie buchstäblich aus den Klauen des Todes gerissen. Ich will dem Alendei nicht zu nahe treten, aber meiner Ansicht nach sollten Sie sich fortan von ihm fern halten. Was auch immer mit diesem Volk geschieht – die Auswirkungen, die es auf die alendeische Gedankengemeinschaft hat, sind offenkundig zu viel für einen Menschen. Selbst für einen – besonders für einen! –, der telepathisch begabt ist.«
»Auch das hört Izanagi heute nicht zum ersten Mal«, murmelte Ash.
Izanagi schluckte, leckte sich mit sichtlicher Anstrengung über die spröden Lippen. Es war deutlich zu sehen, dass ihm eine Erwiderung auf der Zunge lag, doch er musste erst die Kraft sammeln, die er brauchte, um sie zu äußern. Dana wünschte sich, er würde es lassen.
Dann wurde ihr Wunsch erhört. Denn auf einmal – materialisierte Turanor neben ihr, mitten in der
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