Sternenfaust - 187 - Fanal der blauen Sonne
der Lage wäre, Taros Fesseln zu lösen.«
In diesem Moment näherte sich eine Gruppe aus vier Swampern. Ihre sackartigen Körper ruhten auf den vier seitlichen Tentakeln. Mithilfe der beiden vorderen Fangarme zogen sie sich voran. Beigefarbene Tücher schützten die Haut vor der Sonne. Nur das »Gesicht« blieb frei, beschattet durch eine nach vorne schirmartig geformte Kapuze.
Einer von ihnen musterte Taro aus seinen handtellergroßen, leicht hervorstehenden Augen und deutete mit einem seiner Armtentakel auf den Karolaner. Sein Gefährte hob ihm den Multifunktionskragen eines Star-Corps-Anzuges vor die verhornte Mundöffnung.
»Warum ist er noch nicht erwacht?«, übersetzte das Translatormodul des Kragens die Zwitscherlaute.
Corporal Cimino pfiff durch die Zähne. »Sie sind intelligent. Sie haben herausgefunden, wie man das Übersetzungsmodul mit Daten füttert.«
Keiner der Swamper reagierte auf ihn, stattdessen stießen sie Captain Mulcahy leicht an, sodass er an seinen Fesseln hin und her baumelte.
»Wir haben euch beobachtet. Du bist anscheinend der Wortführer. Antworte uns!«
»Er stammt nicht von der gleichen Welt wie wir«, antwortete Mulcahy geduldig. Joelle beneidete ihn um diese Ruhe. Ihr selbst schlug das Herz bis zum Hals. »Sein Körper reagiert anders auf euer Gift.«
»Weshalb seid ihr hier eingedrungen?«, wollte der Swamper wissen.
»Ich bin bereit, alles zu erklären«, sagte Mulcahy ruhig. »Die Fesseln schneiden uns in das Fleisch. Befreit uns, und ich werde auf jede Frage antworten.«
Die Gesichtsfarbe des Wortführers wechselte in ein dunkles Rot. Er hob einen Tentakel und schlug erneut nach Mulcahy. Dabei verrutschte eine der Tuchbahnen. »Ihr habt keine Forderungen zu stellen. Ihr könnt froh sein, falls wir euch am Leben lassen.«
Joelle überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis ein Rettungstrupp auf dem Weg war. Doch da sie nicht wusste, wie lange sie ohnmächtig gewesen war, blieb es müßig, hierüber Vermutungen anzustellen.
»Wir haben euch nichts getan«, fuhr Captain Mulcahy fort. »Wir kamen in friedlicher Absicht. Wir sind unbewaffnet und keine Bedrohung für euch. Warum könnt ihr meiner Bitte nicht entsprechen?«
»Das habe ich nicht allein zu entscheiden«, antwortete der Swamper. Seine Hautfarbe ging nun in einen sanften Grünton über, nur um langsam wieder zu ergrauen. Er zog sich das verrutschte Tuch zurück über die nackte Stelle des Tentakels.
Diese sich ändernden Farbmuster schienen Gemütszustände widerzuspiegeln, vermutete Joelle, die sich von Mulcahys Art allmählich beruhigen ließ und ihren analytischen Verstand zurückgewann.
Möglicherweise haben sie auch nur Signalwirkung. Drohen, Besänftigen, Einschmeicheln , überlegte sie. Der Captain wird es besser analysieren können. Dank seines Gedächtnischips kann er sich haargenau an jede Situation zurückerinnern und die Farben den gesprochenen Worten zuordnen. Das könnte noch von Nutzen sein.
»Wer hat es dann zu entscheiden?«, wollte Mulcahy wissen.
»Ein Tribunal wird über euer weiteres Schicksal entscheiden«, erklärte der Swamper und gestikulierte mit seinen Armtentakeln. »Antwortet ihr zu meiner Zufriedenheit, werde ich mich für euch einsetzen.«
»Was wirft man uns vor?«, wollte Mulcahy wissen.
Bei den meisten Rassen der Solaren Welten hätte man diese Frage als berechtigt empfunden. Der Swamper jedoch geriet erneut in Wallung. Sein Hautmuster wechselte zu Violett. Er riss die Tentakelarme in die Höhe und schlug nach dem Captain. Mit einem Beinschwinger gelang es diesem auszuweichen, was das Oktopuswesen nur stärker in Rage brachte. Er packte Mulcahys Beine und zerrte daran. Der Captain stöhnte vor Schmerz auf.
Die zwitschernde Stimme überschlug sich, während der Translator das Wort mechanisch-nüchtern übersetzte. »Was habt ihr in der Ruine zu suchen gehabt? Und was habt ihr mit unseren Forschern angestellt? Antworte!«
»Wir haben nichts mit euren Forschern angestellt!«, rief Colonel Yefimov. »Wir haben noch nie einen eures Volkes gesehen, bevor ihr uns überfallen habt!« Es war unvorsichtig von ihm, die Aufmerksamkeit des aufgebrachten Swampers auf sich zu lenken. Doch ein Blick in sein besorgtes Gesicht verriet Joelle, dass er Mulcahy aus der Schusslinie bringen wollte, um ihm Gelegenheit zur Erholung zu geben.
»Lüge!« Das Zwitschern schlug in schrilles Kreischen um. Nun griffen auch die Gefährten des Wortführers nach den an den Bäumen hängenden
Weitere Kostenlose Bücher