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Sternenfaust - 192 - Romanas Entscheidung

Sternenfaust - 192 - Romanas Entscheidung

Titel: Sternenfaust - 192 - Romanas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry Haynaly
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eine Glasfeile aus ihrer Tasche und reichte sie Romana Hel’gara.
    »Danke«, sagte Romana Hel’gara. Wie zufällig berührte sie dabei die Haut der Ministerin. Mehr benötigte Romana Hel’gara nicht. Sie hatte alles, was sie wollte.
     
    *
     
    Romana Hel’gara verließ die Endstation der U-Bahn. Das Gedränge auf der Rolltreppe, auf der sie mit dem Strom der anderen Fahrgäste ans Tageslicht gespült wurde, erinnerte sie an die ersten Tage auf Makato Zan, als Hunderttausende Wanagi zum ersten Mal die Körperlichkeit dieses Universums gespürt hatten. So wie sie selbst hatten sie nach einem Leben gegiert, nach einem richtigen Leben, das aber viel zu kurz gewesen war und für viele nicht einmal begonnen hatte, bevor die große Leere gekommen war.
    Ein eisiger Wind wehte ihr entgegen und brachte salzgeschwängerte Luft vom Meer mit. Sie roch trotz der Kälte nach Freiheit, ganz im Gegensatz zu der sterilen oder bestenfalls tausendfach recycelten Atmosphäre an Bord der Nussschale namens STERNENFAUST.
    Wenigstens zerstreuten sich die Frauen an der Oberfläche. Schon nach wenigen Schritten Richtung Hafenpromenade war Romana Hel’gara allein. Sie hatte bis zum Abend Zeit und wollte die Gelegenheit nutzen, um mehr über die Stadt erfahren, deshalb hatte sie auch nicht gezögert, als Rea ihr die Haltestelle »Hafen« vorgelesen hatte. Sie hatte noch nie einen Hafen aus der Nähe gesehen, obwohl sie wusste, wie dehnbar dieser Begriff war.
    Je näher sie dem Ufer kam, desto mehr Geschäfte und Restaurants lockten am Straßenrand. Romana Hel’gara hatte aber keine Augen dafür, zu sehr zog sie das Meeresrauschen an. Schon von Ferne konnte sie die Holzplanken erkennen, aber erst im Näherkommen erkannte sie, dass das Geländer mit einer dicken Eisschicht überzogen war. Armdicke Eiszapfen hingen von den Sitzbänken. Sie überzogen auch die Betontröge, die bei wärmerem Wetter vielleicht mit Blumen gefüllt sein mochten. Jetzt sahen sie eher wie graubraune Tiere aus, die auf dem steinernen Pflaster festgefroren und zur Bewegungslosigkeit verdammt waren.
    Ein Steg aus Glas erregte Romana Hel’garas Aufmerksamkeit. Er führte von der Uferpromenade zu einem diskusförmigen Bauwerk in der Bucht, das halb in Nebel eingehüllt war. Die Luftigkeit der Architektur erinnerte sie an jenen Teil des Museums, in dem das Akoluthorum auf sie wartete, obwohl der Diskus aus Glas und Stahl noch ästhetischer wirkte. Romana Hel’gara fühlte sich magisch von dem Bau angezogen und als vor dem Zugang zur Glasröhre noch ein Schild verriet, dass dort drüben ein Restaurant auf sie wartete, hatte sie ihren Entschluss gefasst.
    Beinahe hätte sie ihre Entscheidung jedoch gleich wieder bereut. Selbst der Rollsteig, auf dem Romana Hel’gara die Röhre entlangschwebte, war durchsichtig und bot einen Ausblick auf die tosenden Wellen unter ihren Füßen. Die Wogen leckten bis zum Steg herauf, wo sie eisige Schlieren hinterließen, die erst nach einigen Sekunden zerschmolzen.
    Sie wählte einen Tisch an der Peripherie des Restaurants, wo sie sowohl einen Blick auf die Theke als auch auf das Meer hatte. Um diese Zeit, es war noch nicht einmal Mittag, hatte das Lokal kaum Besucher, und Romana Hel’gara musste nicht lange warten, bis die Kellnerin ihren bestellten Fruchtsaft brachte.
    Der orangefarbene Saft perlte im Glas und schmeckte unheimlich süß.
    Während Romana Hel’gara über den Rand des Glases zum Ufer blickte, wohin die Seeluft die Nebelschwaden trieb, musste sie voller Wehmut an Makato Zan zurückdenken.
    Plötzlich kam in die Waschküche Bewegung. Zwei gegenläufige Wirbel entstanden, wurden größer und entließen einen Gyrokopter, der im Tiefflug über die letzten Gebäude der Uferpromenade donnerte. Der riesige Rotor und der Schubpropeller am Heck knatterten so laut, dass die Glashülle des Restaurants beim Anflug vibrierte.
    Vier Frauen saßen an Bord des Tragschraubers.
    Für einen Moment nur erhaschte Romana Hel’gara den Gesichtsausdruck von einer von ihnen. Ein verbissenes, zu allem entschlossenes Gesicht, das Romana Hel’gara inzwischen kannte: Celene, die Umweltministerin, unverkennbar in ihrem purpurfarbenen Outfit.
    Wo mochte sie hinfliegen?
    Romana Hel’gara blickte dem Fluggerät nach, wie es über dem Meer rasch kleiner wurde und schließlich im Grau verschwand.
     
    *
     
    Celene drückte die Hände auf die Kopfhörer. Die Motoren des Gyrokopters machten einen Lärm, der ein Sprechen ohne Funkgerät unmöglich

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