Sternenfaust - 192 - Romanas Entscheidung
mit unnötigen Experimenten unsere Zeit, dabei hätten wir längst Versuche an Objekt E anstellen können.«
Serima wandte sich Celene zu. Ihre Kristalle gleißten in der gleichen Farbe wie ihre Augenbänder. »Du weißt ganz genau, dass die Risiken viel zu groß sind!«
»Soso, zu groß.« Celene lachte hell auf. »Du argumentierst schon wie die Klima-Skeptiker!«
»Vergreif dich nicht im Ton!« Serimas Worte hätten sogar den Stahl der Außenwand der SPY ZONE mühelos durchschnitten.
»Du tust ja ganz so, als ob dieser leidige Versuch heute etwas bewirken könnte …« Das Schiff schwankte, als würde es Celenes Worte bestätigen.
»Hey«, begann die Ministerpräsidentin, »du kennst die Ursache unserer Probleme. Wir produzieren keine Treibhausgase mehr, selbst das seit Jahrtausenden in der Atmosphäre befindliche Kohlendioxid wurde im Ozean versenkt. Da hilft auch nichts, wenn die Klimatologen fordern, dass wir wieder mehr CO2 hinausblasen, da würden Jahrzehnte nicht reichen. Aber mit einem Energiestrom von der Sonne …«
»Genau, du sagst es ja selber: ein Energiestrom macht noch lange keinen Sommer. Wir bräuchten hundert.«
Serimas Kristalle funkelten angriffslustig. »Dein Objekt E schafft es wahrscheinlich auch nicht allein. Deshalb machen wir ja heute dieses Experiment. Mit der Wärmeenergie könnten wir die vielen eisbedeckten, weißen Flächen wieder auftauen. Sie reflektieren zu viel Sonnenlicht zurück in den Weltraum – im Gegensatz zum freien Ozean. Und das Vordringen des Eises vom Nordpol nach Süden könnten wir mit den Mikrowellen auch unterbinden. Wir bräuchten uns keine Sorgen mehr machen, dass die Eisbarrieren den zirkulären Meeresstrom zusammenbrechen lassen, der heute schon weit nach Süden abgelenkt wird, wie du am Zufrieren des Hafens von Tanit sehen kannst. Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird der Nordkontinent spätestens in zehn Jahren in immerwährendem Frost erstarren.«
»Und das willst du mit diesem Satelliten schaffen?« Celene stieß die Luft geräuschvoll aus und drehte sich samt ihres Stuhls um. Direkt vor ihr durchbrach ein überdimensionales Bullauge die Seitenwand der SPY ZONE.
Draußen rissen für einen Moment die Wolken auf. Die Sonnenstrahlen tauchten bizarre Eisformationen, die neben dem Schiff emporragten, in ein gelbes Licht, aber einen Augenblick später zogen die Sturmwolken wieder zu.
»Die Temperatur fällt rapide«, hörte Celene aus verborgenen Lautsprechern die schneidende Stimme der Kapitänin, die sie schon im Gyrokopter genießen durfte. »Die Eisdicke beträgt mittlerweile vier Meter, deshalb bewegen wir uns nur mehr mit zwei Logs vorwärts.«
Celene drehte ihren Stuhl zu Serima. Sie schüttelte den Kopf.
»Wir sollten diesen Versuch abbrechen«, sagte sie und dachte daran, dass die Insel nicht umsonst Yamal – das Ende der Welt – hieß. »Das Schiff kann unmöglich innerhalb von einer Stunde an der Forschungsstation anlegen.«
»Ich will dir zeigen, dass dies ein Ausweg ist«, sagte die Ministerpräsidentin und winkte Magali, die Leiterin der Forschungsabteilung an Bord, herbei.
»Ja, Präsidentin?«, fragte die zierliche Frau.
»Haben wir Kontakt zur Insel?«, fragte Serima.
Die Wissenschaftlerin nickte. Sie holte ein gläsernes Kom-Pad aus ihrer Tasche und nahm die entsprechenden Schaltungen vor. Zuerst erschien das Bild einer weiteren Wissenschaftlerin auf dem kleinen Pad und nach einem weiteren Befehl auf dem großen Wandbildschirm.
»Sie können die Testschleife beenden«, befahl Serima. »Fahren Sie mit dem Countdown bei T minus sechzig fort!«
Celene lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
»Auf deine Verantwortung!«, zischte sie, nachdem die Wissenschaftlerin an ihren Platz zurückgekehrt war.
»Was soll schon passieren?«, fragte die Ministerpräsidentin zurück.
Draußen prasselte der Eisregen gegen die Bullaugen. Der gequälte Stahl des Schiffes brach sich seinen Weg durchs Eis.
*
Immer mehr Frauen kamen in die Bar. Romana Hel’gara kam es unheimlich vor, wie sich innerhalb von nur wenigen Minuten das gesamte Rund der diskusförmigen Bar füllte.
Der Platz an der äußeren Peripherie bot Romana Hel’gara einen Blick über die meisten der gut hundert Tische. Die Frauen waren allesamt geschmackvoll angezogen, was bei dem herrschenden Wetter nicht selbstverständlich war.
Die Frauen folgten offensichtlich einer bestimmten Kleiderordnung, denn praktische Gesichtspunkte schienen keine Rolle zu
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