Sternenfaust - 194 - Der Hüter des Krinoi'i
Ranaon, dass sich das Blatt gewendet hatte.
Er war erledigt. Nicht nur als Laluum.
Corshoan tippte sich gegen die Stirn. »Ich kann das Krinoi’i nicht mehr schützen!« Er umfasste die Menge mit einer Handbewegung. »Keiner von denen, die dieselbe Gabe haben, kann das noch tun!«
»Ihr habt diese Fähigkeit nur vorübergehend verloren, Corshoan«, versuchte Skuri ihn zu beruhigen. »In ein paar Tagen funktioniert sie wieder. Sobald Eure Gehirne sich von dem Schock erholt haben.«
Corshoan warf ihr einen verzweifelten Blick zu. »In ein paar Tagen haben uns die Tenebrikoner gefunden.« Er starrte Ranaon für ein paar Herzschläge an, dann wandte er ihm den Rücken zu, begleitet von einer wegwerfenden Geste und einem Wort: »Rikapp.«
»Nein!« Ranaon sprang auf. »Ich wollte unser Volk retten und …«
»Stattdessen hast du unser aller Todesurteil gefällt«, unterbrach Skuri. »Du, der Laluum! Dessen Aufgabe es war, das Volk zu schützen.« Sie schenkte ihm einen Blick voller Verachtung, ehe auch sie ihm den Rücken zuwandte, Corshoans Geste wiederholte und ihn mit »Rikapp!« verstieß.
Das taten auch die übrigen Versammelten. Wie auf ein Zeichen hin kehrten sie ihm den Rücken zu und vernichteten seine Existenz mit der Lossagungsgeste und einem bekräftigenden »Rikapp!«.
Als sie sich danach wieder umdrehten, wurde er von allen ignoriert. Er war vom Laluum zum Rikapp geworden: einem lebenden Toten, dessen Existenz niemand mehr anerkannte. Nicht einmal mehr mit einem Blick.
»Wir brauchen einen neuen Laluum«, sagte jemand, dessen Namen Ranaon nicht kannte. »Corshoan?«
Corshoan drehte sich um und machte eine abwehrende Geste. »Nicht, solange ich noch Hüter des Krinoi’i bin. Ihr kennt das Gesetz. Ein Hüter darf, solange er dieses Amt bekleidet, kein zweites innehaben. Erst recht nicht das des Laluum.« Er blickte die Heilerin an. »Skuri?«
Sie verneinte. »Ich kann meinen Pflichten als Heilerin nicht nachkommen, wenn ich Laluum bin. Wir Heiler haben im Moment genug damit zu tun, die Körper von Tausenden Tikar’Senn den Gegebenheiten von Tikara-Halakk anzupassen, damit niemand krank wird.« Sie deutete auf den Mann, der den Vorschlag gemacht hatte. »Ich schlage dich vor, Tipoar.«
Andere stimmten dem Vorschlag zu.
»Wir werden gleich morgen eine Wahl abhalten«, entschied Tipoar. Er blickte Corshoan an. »Wirst du dich der Entscheidung des neuen Laluum für das Krinoi’i beugen, egal wer er ist und egal was er entscheidet?«
Corshoan schloss die Augen. »Ja. Wenn dieser Entschluss nicht lautet, dass es den Tenebrikonern gegeben wird. Der Auserwählte ist nahe. Es kann sich nur noch um ein paar Tage handeln, bis er kommt, da bin ich mir sicher. Wenn der Laluum entscheiden sollte, das Krinoi’i von Tikara zu entfernen, dann werde ich mit ihm gehen. Ich bin sein Hüter. Ich gebe es nicht in andere Hände als in die des Auserwählten. Aber ich werde es bis zu meinem letzten Atemzug gegen die Tenebrikoner verteidigen.«
Tipoar machte eine zustimmende Geste. »Das wird morgen entschieden werden. Brauchst du, in irgendeiner Form Hilfe, Hüter?«
Corshoan lächelte dankbar. »Im Moment, glaube ich, ist mir mit der Fortsetzung meines Schlafes am besten gedient.«
»Leg dich hin!«, befahl Skuri. »Während du schläfst, werde ich deine Schmerzen blockieren und die Nachwirkungen des mentalen Blitzes heilen, den du durch das Krinoi’i bekommen hast.«
Sie fasste ihn am Arm und führte ihn in seine Unterkunft. Die anderen wandten sich ab. Ranaon blieb unbeachtet allein zurück. Er brauchte eine lange Zeit, ehe er es fertigbrachte, sich vom Boden zu erheben, auf dem er immer noch saß. Was er tun musste, war klar. Ein Rikapp durfte nicht mehr unter den Lebenden weilen. Er hatte bis zum Sonnenaufgang Zeit, seine persönlichen Sachen zu packen und die Siedlung zu verlassen.
In Zukunft musste er weitab von allen Tikar’Senn allein leben, nur in Gesellschaft seines Eponen, bis sein Körper eines natürlichen Todes starb. Er hatte versagt. Doppelt. Dabei hatte er doch nur das Volk schützen wollen.
Mit schleppenden Schritten kehrte er in seine Wohnung zurück und begann zu packen.
*
Die Grußbotschaften wurden schneller beantwortet, als Dana erwartet hatte. Die erste Wiederholung hatte gerade begonnen, als eine Verbindung etabliert wurde und über den Bildschirm der STERNENFAUST lief.
Danas erster Eindruck von der Besatzung war der von überdimensionalen Axolotln oder
Weitere Kostenlose Bücher