Sternenfaust - 198 - Verzweiflung (1 of 2)
entgegenblicken«, fuhr Ash ungerührt fort. »Auf der einen Seite wäre es ratsam, die größtmögliche genetische Vielfalt aus der mageren Auswahl der sechshundertzwanzig überlebenden Besatzungsmitglieder herauszuholen. Auf der anderen Seite verlangen wir hier etwas, das unmenschlich und unethisch ist, und das zutiefst die Intimsphäre aller Beteiligten tangiert.«
»Es wäre für das Überleben Ihrer Spezies in der Tat ratsam, wenn sich die Menschen in diesem konkreten Punkt eine pragmatischere Sichtweise aneignen würden«, sagte Shesha’a.
»Nicht jeder tickt wie ein Shisheni«, erwiderte Private Kreiß angewidert. »Bei uns haben Liebe und Tod eine große Bedeutung.«
»Private, das reicht«, presste Yefimov wütend hervor, doch Shesha’a unterbrach ihn: »Joel Kreiß ist als Ratsmitglied hier, Colonel Yefimov, nicht als Ihr Untergebener. Er darf offen seine Meinung äußern.«
Dana konnte deutlich sehen, dass Yefimov etwas auf der Zunge lag, das er mühselig hinunterschluckte.
»Ich finde die Direktheit von Joel Kreiß sogar sehr erfrischend«, fügte Shesha’a hinzu, worüber Kreiß sich sogar ein wenig zu ärgern schien. Es war eindeutig, dass er sich von einer Außerirdischen keine Rückendeckung wünschte.
»Dann verraten Sie mir doch, wie die Shisheni dieses Problem lösen würden«, wollte Joel Kreiß wissen, ohne seinen Spott zu verhehlen.
»Jeder Shisheni kann seinen Körper auf eine Zwitterfunktion umstellen und ohne externe Befruchtung neue Eier legen.«
»Wie bitte?«, fragte Joel Kreiß.
»Sie könnten jederzeit für Nachwuchs sorgen?«, mischte sich nun auch Savanna ein.
»Ich habe das sogar erst kürzlich getan«, fügte Shesha’a hinzu. »Auf Tikara-Halakk.«
»Sie haben auf Tikara-Halakk Nachwuchs zurückgelassen?«, hakte Joel Kreiß nach. »Sie haben dort also ein Ei gelegt und es einfach zurückgelassen?«
»Corshoan kümmert sich um meine Nachkommen.«
»Nachkommen?«, wollte Kreiß wissen. »Sie sprechen von der Mehrzahl.«
»In der Tat«, erklärte die Shisheni. »Es waren exakt vierhundertsiebenundachtzig Eier.«
Dana wusste davon, aber den anderen war dieser Umstand offenbar vollkommen neu, und nicht wenigen klappte dabei die Kinnlade hinunter.
»Wie lange dauert es, bis diese Nachkommen ebenfalls gebärfähig sind?«
»Zwei Jahre«, erklärte Shesha’a.
Joel Kreiß nickte. »Das würde ja bedeuten, sie könnten – bei nur einem Wurf von fünfhundert Jungen pro Individuum – theoretisch auf dem Planeten Future in sechs Jahren dreiundsechzig Milliarden Shisheni züchten.«
»Das ist korrekt«, sagte Shesha’a unbeeindruckt.
»Wer sagt uns, dass der Planet in wenigen Jahren noch uns gehört und nicht den Shisheni?«
»Die Shisheni haben nicht den Wunsch, andere Völker zu unterwerfen oder zu dominieren«, erklärte Shesha’a. »Dies ist eine menschliche Eigenheit, die den Shisheni fremd ist.«
Dana konnte allen im Raum ansehen, dass niemandem der Gedanke gefiel, als Menschen lediglich eine Randgruppe einer Shisheni-Welt zu sein. Das galt keineswegs nur für Joel Kreiß. Selbst Bruder William runzelte die Stirn.
Wahrscheinlich hatten die Wanagi doch recht gehabt , dachte Dana bitter. Die Menschen wollten nur dann mit offenen Armen auf andere Völker zugehen, wenn sie im Kosmischen Gefüge eine Hauptrolle spielten. Wahrscheinlich unterschieden sich die Menschen weniger von den Toten Göttern, als sie selbst glaubten.
Die Menschen hatten schon immer alles dominieren wollen, und sie hatten die unzähligen Schüsse vor den Bug, die ihnen dabei um die Ohren geflogen waren, hartnäckig ignoriert. Durch verantwortungslose Ausbeute hatten sie zunächst den eigenen Planeten geplündert. Und als es schließlich gelungen war, diese Plündereien auf das All auszuweiten, hatte man allerlei Kriege geführt und sich fremde Techniken angeeignet. Angriffe durch die Basiru-Aluun oder die Orphanen hatte man bekämpft, anstatt die Signale zu beachten und auch einmal einen Schritt rückwärts zu gehen.
»Im Moment verfolgen wir eine todsichere Taktik, um jegliche Art der Unterjochung für die Zukunft auszuschließen«, mischte sich nun wieder Ash ein. »Es wird in einigen Jahrhunderten nämlich niemand mehr da sein, den die Shisheni oder sonst wer unterjochen könnten.«
»Ist es nicht ein wenig früh, über dieses Thema nachzudenken?«, fragte Bruder William. »Wir sind noch nicht einmal auf dem Planeten angekommen.«
»Wir sprechen hier von der Gefahr, dass die
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