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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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größeren Aufgabe und dem glorreichen Tag, an dem die Schiffe New Earth erreichten und die Terraformung beginnen konnte. Es war eine heilige Mission, ein Bund mit Gott und dem Rest der Menschheit – nicht nur mit denen, die auf der Erde zurückgeblieben waren, sondern auch mit deren Kindern und den Kindern der Kinder für die Jahrtausende, die kommen würden. Diese Worte berührten Kieran, und er spürte, dass sie wahr waren. Die Mission der
Empyrean
war das großartigste Unternehmen in der gesamten Geschichte der Menschheit, die Fortführung des auf der Erde entstandenen Lebens. Sie durfte nicht scheitern. Das musste eindeutig das Werk Gottes sein. Aber wieso? Wieso hatte Gott dann zugelassen, dass diese Leute ihre Familien getötet und die Mädchen entführt hatten? Wieso würde er sein Werk aufs Spiel setzen? Außer … es war Teil des Plans.
Leiden erfüllt einen Zweck,
dachte Kieran. Seine Zeit des Hungers und Schmerzes in der Brig hatte ihn gereinigt und ihn darauf vorbereitet, Gottes Wort zu empfangen. Gott hatte den Angriff auf die
Empyrean
zugelassen, damit sich die gesamte Crew seiner Stimme öffnete.
    Kieran blieb die ganze Nacht auf, las die Predigten, machte sich Notizen und schrieb seine eigenen Gedanken dazu im gelben Schein der Schreibtischlampe nieder. Je mehr er schrieb, umso stärker wurde das Gefühl, dass er sich seiner Bestimmung stellte. Die Stimme hatte ihn hierhergeführt, und er hatte herausgefunden, was zu tun war.
    Am Morgen, als der Rest der Jungen sich aus den Betten erhob und zum Frühstück in den Zentralbunker schlenderte, fanden sie Sitzreihen vor, die vor ein Rednerpult gestellt waren. Am Pult, im schwarzen Anzug mit Krawatte, stand Kieran Alden, frisch rasiert, das rötliche Haar zurückgekämmt, die Fingernägel tadellos sauber. »Bitte setzt euch alle«, sagte er ins Mikrofon. »Ich habe ein paar Ideen, die ich mit euch teilen will.«
    Die Jungen zögerten, bis sie frische Brotscheiben mit einem großzügigen Klacks Brombeermarmelade auf jedem Stuhl liegen sahen. Daraufhin setzten sie sich zufrieden.
    Nur ungefähr die Hälfte der Jungen war gekommen, aber das war in Ordnung. Es war ein guter Anfang. Kieran nickte Arthur zu, der auf einen Knopf am Interkom drückte und eine Sonate von Beethoven abspielte. Dann dämpfte er das Licht und hielt einen einzelnen Punktstrahler auf Kieran, so dass er zu glühen schien. Kieran stellte sich vor, dass er das Licht vielfach reflektierte, es in sich aufnahm und als Geschenk an die traurigen, verängstigten kleinen Jungen abstrahlte.
    Konnte er das hier wirklich schaffen? War er wirklich der richtige Mann dafür?
    »Danke, dass ihr gekommen seid.« Kieran sah auf seine Notizen, die ihm in der Nacht zuvor so brillant vorgekommen waren. Jetzt, da sechzig Augenpaare wartend auf ihm ruhten, erschienen ihm seine Worte dünn und schwach. Er spürte, wie sein Licht verblasste.
    Aber dünn und schwach war besser als nichts.
    »Wir haben in den letzten Monaten eine Menge durchgemacht«, fing er an. »Wir haben geliebte Menschen verloren, sind von unseren Familien getrennt worden, unseren Freunden, und wir wissen nicht, wo sie sind oder ob sie in Sicherheit sind. Bis sich dieser Nebel lichtet, können wir nichts tun, als zu warten und auf das Beste zu hoffen.«
    Kieran hörte ein höhnisches Schnauben von der Rückseite des Raums, aber er nahm es nicht zur Kenntnis.
    »Wieso ist uns das passiert? Wir sind in die Weite des Weltalls geschickt worden, um unsere neue Heimat nach dem Ebenbild von Gottes perfekter Schöpfung zu formen.« Viele der Jungen sahen ihn verwirrt an, aber noch mehr schauten nachdenklich drein. »Wir haben alle ohne Frage an die Richtigkeit unserer Mission geglaubt, oder nicht? Lasst uns die Hände heben, unsere Einigkeit demonstrieren, dass unsere Mission Gottes Werk ist.«
    Kieran hob seine rechte Hand, und die meisten der Jungen hoben ihre ebenfalls.
    »Seht euch um. Seht euch all die erhobenen Hände an. Die Mehrheit von uns war sich seit langem bewusst, dass wir Gottes Werk vollbringen, oder nicht? Jetzt senkt eure Hände wieder und lasst mich eine weitere Frage stellen.«
    Gehorsam sanken die Hände herab, und Kieran sah die Jungen an. Alle beobachteten ihn und warteten darauf, was er als Nächstes sagen würde.
    Das hier war so viel einfacher, als er gedacht hatte.
    »Und jetzt hebt die Hände, wenn ihr einmal pro Woche zum Gottesdienst gegangen seid.«
    Nur fünf Hände gingen nach oben, so wie Kieran es vorhergesehen

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