Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
zu werfen, und sah Seth. Er stand neben einem EMS , schien nur aus Ellbogen und Knien zu bestehen, hatte die Hände in seinem blutverklebten Haar vergraben und schrie immer wieder mit all seiner Kraft: »Tu das nicht, Waverly! Tu es nicht!«
Sie schüttelte den Kopf, denn zum Rufen fehlte ihr die Energie. »Es tut mir leid«, flüsterte sie. Dann zog Felicity sie die Rampe hinauf, die sich mit einem hohlen Krachen hinter ihnen schloss.
Zurückgelassen
K ieran hatte auf Waverlys schmalen Rücken gestarrt und still gefleht:
Geh nicht. Komm aus diesem verdammten Shuttle raus!
Sie hatte sich umgedreht, Seth Ardvale angesehen, den Kopf geschüttelt – und dann war sie die Rampe hochgehumpelt, und die Rampe hatte sich geschlossen, und sie war fort gewesen.
Jetzt erwachten die Shuttle-Triebwerke summend zum Leben, husteten orangefarbenes Feuer, brannten dann blau, und ihr Photonenausstoß warf ein kränkliches Glühen auf die Körper der Toten auf dem Hangarboden. Die Lebenden wichen von dem Shuttle zurück und starrten es fassungslos an. Kieran sah sich um, suchte verzweifelt nach jemandem, der wusste, was zu tun war, aber alle schienen paralysiert zu sein. Der Mund von Mrs. Anderson aus dem Agrikult-Team stand weit offen, und Mr. Bernstein aus der Schneiderei fiel auf die Knie, als das Shuttle sich vom Boden erhob und langsam zur Luftschleuse glitt.
»Setzt die Schleuse außer Betrieb!«, rief Seth und lief selbst auf die Kontrollpanels zu, aber dann fuhr seine Hand an seinen zerschlagenen Kopf, und er ging in die Knie und sackte schließlich in sich zusammen.
Plötzlich kam wieder Leben in die Crewmitglieder. Gut ein Dutzend von ihnen rannte auf die Schaltfläche bei den großen Toren zu, und Kieran folgte ihnen. Harvard erreichte die Tore kurz vor ihm und schlug auf das Tastenfeld ein, aber die Kontrolllichter blieben tot. Immer wieder schlug der Lehrer mit der Faust zu und rief: »Sie haben die Luftschleuse so programmiert, dass sie nur auf Befehle aus dem Shuttle reagiert!«
»Versuch es über die Kommandozentrale«, brüllte Kieran zurück. »Sie können die Tore von dort verriegeln.«
Harvard rief ins Interkom: »Sammy! Hörst du mich?«
Aber Sammy antwortete nicht.
Erneut drückte Harvard den Übertragungsknopf. »Zentrale? Hallo?«
Seine Augen weiteten sich, als er begriff. »Niemand ist da.«
Alle waren losgestürmt, um ihre Kinder zu retten, und hatten ihre Posten verlassen. Zweiundvierzig Jahre friedliche Isolation hatten dazu geführt, dass sie nun vollkommen inkompetent auf einen Angriff reagierten.
»Ich gehe«, sagte Kieran und rannte den Weg zurück, den er gekommen war, an Seth vorbei, der benommen auf Händen und Knien in eine Lache Erbrochenes starrte.
»Alle Mann in ein Shuttle!«, hörte er Harvard schreien.
Als er den Gang erreicht hatte, beschleunigte er und rannte dann den verlassenen Korridor hinab. Das Schiff fühlte sich leer an. Gänge, die einst voller Bauern und Techniker, Lehrer und Lehrlinge, Familien und Freunde waren, wirkten nun wie ausgestorben.
Wie viele waren schon gestorben? Wie viele würden noch folgen? Und: Wo war sein Vater?
Kieran verbannte diese Gedanken aus seinem Kopf und rannte in Höchstgeschwindigkeit nach oben, bog nach links aufs Kommandodeck des Schiffs ab und schoss dann den Gang zum Büro des Captains hinunter. In einem irrealen Teil seines Herzens hoffte er, Captain Jones wäre da, säße wie immer wie die Ruhe selbst an seinem Schreibtisch und hätte alles unter Kontrolle. Aber natürlich war der Captain nicht da. Er war höchstwahrscheinlich nicht einmal mehr am Leben.
Kieran rannte in die Kommandozentrale, wo die Offiziere die diversen Schiffssysteme kontrollierten. Normalerweise war dieser Raum voller Menschen, alle sprachen durch Interkoms, kommunizierten mit verschiedenen Teilen des Schiffs, befassten sich mit Wartungsaufgaben. Aber jetzt war niemand da, und der Raum wirkte klein und schutzlos.
Kieran trabte den Halbkreis der Computerbildschirme entlang und suchte nach demjenigen, mit dem man die Tore des Shuttle-Hangars ansteuern konnte, aber keiner der Arbeitsplätze war beschriftet. Er stöhnte vor Verzweiflung, sein Blick fiel auf sein Spiegelbild im Sichtfenster, und er starrte es an, als könnte es ihm sagen, was zu tun war.
»Der Computer des Captains. Er muss Zugriff auf alles haben«, sagte er zu seinem Spiegelbild und ließ sich in den Kapitänssessel gleiten. Ein Computerbildschirm an einem flexiblen Arm schob sich vor ihn. An
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