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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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ihrem Nacken und zwang ihre Augen dazu, sich zu öffnen. Im gedämpften Licht konnte sie die rundlichen Gesichtszüge einer Frau in den Fünfzigern ausmachen. Sie hatte rauhe, rosige Haut, hellbraunes Haar mit einem Hauch Grau darin und ernste, haselnussbraune Augen. Eine Fremde.
    Ein ersticktes Wimmern entrang sich Waverlys Kehle. Sie war überhaupt nicht an Bord der
Empyrean!
Sie hatten sie und alle Mädchen auf die
New Horizon
gebracht.
    »Versuch es mit einem Schluck hiervon, Schatz«, sagte die Frau.
    Waverly öffnete den Mund und schmeckte eine aromatische Brühe aus Hühnchen und Petersilie.
    »Du hast ganz schön was durchgemacht«, sagte die Frau, und Waverly hörte einen Löffel an einer Steingutschale entlangschaben. Kurz darauf wurde ihr der Löffel an die Lippen gehalten. Die Brühe war warm und schmeckte sehr gut. Während sie schluckte, bemerkte Waverly, dass sie einen Bärenhunger hatte.
    »Ist das gut?«, fragte die Frau sanft.
    Etwas an der Art, wie die Fremde sie berührte und sich um sie kümmerte, vielleicht die Sanftheit in ihrer Stimme, gab Waverly das Gefühl, geliebt zu werden. Sie nickte und war zugleich irritiert durch diese merkwürdige Intimität, die ihr falsch und ungerechtfertigt erschien. Alles war identisch mit der
Empyrean
 – wie das Schiff vibrierte, das Geräusch der Maschinen, der Geruch der Pollen von den Getreidepflanzen, die ovale Form des Bullauges und der Blick auf den Nebel, der draußen wie ein gespenstisches Leichentuch glühte. Es war wie daheim und doch nicht daheim.
    »Was ist mit mir passiert?«, krächzte sie.
    Die Frau legte den Löffel in Waverlys Hand und sackte dann in einen Sessel in der Nähe des Betts. Sie schien sehr müde zu sein und bewegte sich, als wögen ihre Gliedmaßen hundert Kilo. Es war die gleiche Erschöpfung, die Waverly auch bei den Männern, die sie aus dem Auditorium geholt hatten, aufgefallen war. Waren alle Menschen auf der
New Horizon
krank?
    »Ich bin deine Krankenschwester. Mein Name ist Magda.«
    »Wo sind die Mädchen?«, fragte Waverly zwischen zwei Löffeln.
    »Sie sind in Sicherheit.«
    Sie hasste es, dass diese Frau ihre Fragen nicht wirklich beantwortete.
    »Sind wir an Bord der
New Horizon?
«
    »Die
Empyrean
trug nach unserer Rettungsoperation weitere Beschädigungen davon.« Die kontrollierte Art, mit der sie sprach, wirkte, als ob sie aus dem Gedächtnis rezitierte. »Wir mussten euch an Bord bringen.«
    »Wo sind wir?« Waverly reckte den Hals, um aus dem Bullauge zu schauen. »Wo ist die
Empyrean?
«
    »Man kann sie von hier aus nicht sehen. Wir mussten etwas Abstand zwischen unser und euer Schiff bringen, Schatz.«
    »Wieso?«
    »Es war nicht mehr sicher.«
    »Wieso habt ihr nur die Mädchen genommen?«
    »Nicht alles auf einmal, okay?«, sagte die Frau und zeigte auf den Löffel, den Waverly hielt, obwohl es eher so schien, als würde sie über Informationen reden: Nicht zu viel auf einmal.
    Die Brühe fühlte sich trotz allem wie ein Heilelixier an, und Waverly schluckte sie gierig hinunter. Wenn sie kräftiger gewesen wäre, wäre sie in einen Hungerstreik getreten und hätte gefordert, zu ihrer Mutter zurückgebracht zu werden. Aber sie war nicht kräftig. Ihre Finger zitterten, ihre Beine schmerzten, und ihr Hals war quälend trocken, egal wie viel Brühe sie schluckte.
    »Ich habe einen Stromschlag abbekommen«, sagte sie. Es war weniger eine Frage als eine Information an sich selbst.
    »Ja. Dein Herz und dein Nervensystem sind in Mitleidenschaft gezogen worden, und du hattest Verbrennungen. Du brauchtest sofortige Hilfe. Das war einer der Gründe, warum wir euch fortgebracht haben.«
    »Ihr habt auf Menschen geschossen«, sagte Waverly, die braunen Augen auf den kantigen Kiefer der Frau namens Magda gerichtet. »Ihr habt auf meine Freunde geschossen.«
    Die Krankenschwester ließ ihren Blick auf Waverlys Knie sinken und bewegte unruhig ihre schwieligen Finger. »Eine Panik brach aus. Sie mussten die Menge unter Kontrolle bringen, aber es gab nur wenige Opfer.«
    »Wieso sollte ich dir glauben?«
    Sie meinte Angst in Magdas Augen zu sehen. Eine furchteinflößende Stille lastete auf dem Raum, als hätten die Wände einen fremdartigen eigenen Willen.
    »Du hast keine Wahl, als uns zu trauen«, sagte Magda langsam und vorsichtig. Die Art, mit der sie Waverly fixierte, sagte deutlich, dass sie tatsächlich nicht vorhatte, ihrer Patientin eine Wahl zu lassen.
    Waverly fühlte sich sehr verletzlich.
    »Hast du genug

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