Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
Vom Netzwerk:
was für eine Freude es ist, junge Gesichter zu sehen! Ich hatte vergessen, wie junge Haut aussieht.« Amanda beugte sich vor, als wollte sie Waverlys Wange berühren, aber Waverly wich vor ihr zurück. Sie sah sich das offene Gesicht der Frau vorsichtig an, ihre hohe Stirn und die vorspringenden Wangenknochen, und suchte nach einem Weg, wie sie Informationen aus ihr herausbekommen könnte. »Ich habe heute mit Anne Mather Tee getrunken, und sie hat dasselbe gesagt«, entgegnete sie schließlich.
    »Gott sei gedankt für Pastorin Mather«, sagte Amanda und strahlte. »Ich weiß nicht, was wir ohne sie hätten machen sollen. Alle an Bord waren so mutlos und niedergeschlagen, bis sie sich erhob … bis sie erwählt wurde, uns zu führen.«
    »Mir ist aufgefallen, dass die Leute sie Pastorin nennen. Auf der
Empyrean
hatten wir einen Captain.«
    »Den hatten wir zu Anfang auch«, sagte Amanda aufgewühlt. »Captain Takemara.«
    »Was ist mit ihm geschehen?«
    Amanda schüttelte den Kopf. »Er wurde krank. Es war so traurig. Er war nicht besonders alt.«
    »Aber hätte dann nicht sein Erster Offizier das Kommando übernehmen müssen?«
    Amanda sah zur Küchentür, als hoffte sie, Josiah würde hereinkommen und sie retten. »Nun, tatsächlich hatte Commander Riley … sich selbst umgebracht. Einige Wochen bevor der Captain das Kommando abgab.« Sie blinzelte und rang sich ein Lächeln ab.
    »Also übernahm Anne Mather das Kommando.«
    »Sie wurde gewählt«, sagte Amanda. »Von den Kirchenweisen.«
    »Weisen?«
    »Ich glaube, auf deinem Schiff wurde es der Zentralrat genannt, richtig?«
    »Ich dachte, wenn der Erste Offizier nicht übernehmen kann, ist eine allgemeine Wahl vorgesehen, und jedermann kann wählen. Ist das nicht in den Missionsstatuten festgelegt?«
    Amanda kicherte. »Oh, von Politik habe ich keine Ahnung. Oder was meinst du, Josiah?«
    Josiah hatte den Raum betreten und stellte einen dampfenden Gemüseeintopf auf den Esstisch. »Das stimmt, Waverly. Amanda kümmert sich um so etwas nicht. Weißt du, sie ist Künstlerin.«
    Waverly nickte und sah auf das Gemälde über dem Tisch – das Porträt eines kleinen Mädchens mit rosigen Wangen und schwarzgelocktem Haar. »Hast du das gemalt?«
    »Ja, habe ich. Und hast du eine Ahnung, wer das ist?«, fragte sie mit einem Glitzern in den Augen.
    Waverly betrachtete die Apfelwangen, das spitze Kinn, den kantigen Haaransatz und den molligen Körper und sagte mit zunehmendem Unbehagen: »Das ist Anne Mather, nicht wahr?«
    »Mit drei Jahren, ja. War sie nicht unglaublich niedlich?«
    Der Blick des Kleinkinds war unschuldig und offen, ihre rosa Lippen eine Rosenblüte, und die Babyspeckhände hielten einen Maiskolben. Sie war tatsächlich ein wunderschönes Kind gewesen.
    Amanda lächelte. »Ich liebe es, Kinder zu malen! Es war … es hat mich ein Stück weit gesund gemacht. Natürlich konnte ich nicht vom lebenden Modell abmalen, aber die Pastorin war so nett, mir ein Bild aus ihrer Kindheit zu leihen.«
    »Es ist wirklich gut«, sagte Waverly. Instinktiv mochte sie Amanda und wollte deshalb glauben, dass die Frau keine Ahnung hatte, was auf der
Empyrean
geschehen war. Auch Josiah mochte sie. Er war kleiner als Amanda, mit weit auseinanderstehenden braunen Augen und verstrubbelten grauen Haaren. Während Amanda redete, werkelte er im Wohnbereich, schien aber immer mit einem Ohr bei ihr zu sein und lächelte bei einigen Dingen, die sie sagte. Für Waverly lag auf der Hand, dass die beiden sich liebten.
    Jetzt wandte Josiah sich direkt an sie. »Die Suppe ist fertig, Mädels.«
    Er schaufelte appetitlichen Eintopf in Waverlys Steingutschale; große Stückchen Brokkoli, Tomate und Spargel schwammen in einer wohlriechenden Brühe. Waverly nahm aus dem Korb ein Stück knuspriges Brot und tauchte es ein. Sie war hungrig wie ein Bär, aber da spürte sie sanfte Finger auf ihrem Ellbogen. Amanda lächelte nachsichtig. »Wir haben unsere Traditionen«, sagte sie und schloss die Augen. »Herr, wir danken dir, dass du Waverly sicher zu uns geleitet hast. Wir sind so dankbar, dass du in deiner Weisheit diese Kinder in unsere Obhut gebracht hast.«
    Waverly legte ihren Löffel beiseite und senkte den Blick. Sie hatte nie zuvor in ihrem Leben ein Tischgebet gesprochen. Soweit sie wusste, hatte das niemand auf der
Empyrean
getan, nicht einmal Kieran und seine Eltern. Sie fühlte sich zappelig und unwohl, faltete jedoch Josiah und Amanda zuliebe die Hände im Schoß, bis sie

Weitere Kostenlose Bücher