Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
pinkfarbenen Brühe jemals wieder nach Hause finden?
Waverly ging zu Felicity, legte eine Hand auf ihren Rücken und setzte sich neben sie.
»Was willst du?«, fragte ihre Freundin gereizt.
Waverly entschied sich fürs Schweigen und lehnte sich nur an.
»Weißt du, vor einiger Zeit«, sagte sie schließlich, »auf der
Empyrean,
hat Mason Ardvale versucht, mich zu küssen.«
Felicity schien hellhörig zu werden, aber ihre Augen blieben auf das Bullauge gerichtet.
»Ich musste ihm eine scheuern. Er hat sich eine blutige Lippe eingefangen.«
»Und dann hat er aufgehört?«
»Wir waren in einem Fahrstuhl. Die Tür öffnete sich, und jemand kam rein.«
»Du hast Glück gehabt«, sagte Felicity mit einem freudlosen Lachen. »Dieser Typ …«
Waverly hielt den Atem an.
Erzähl mir, was passiert ist, Felicity. Lass mich dir helfen.
Felicity schien sich das, was sie hatte sagen wollen, noch einmal zu überlegen und drehte sich weg.
»Man hat dir weh getan, nicht wahr?«, fragte Waverly, so sanft sie konnte.
»Ich will nicht mit dir darüber reden.«
»Wieso nicht? Vielleicht hilft es dir dabei –«
»Vergessen hilft. Zu tun, als wäre es nicht geschehen, hilft.«
»Das glaube ich nicht.« Waverly streckte die Hand aus, um über das Handgelenk ihrer Freundin zu streichen, aber Felicity vergrub die Hände in ihrem Rock.
»Erzähl mir, was passiert ist.«
»Das hättest du schon selbst herausgefunden«, spie Felicity aus, »wenn dein Freund nicht der Liebling des Captains gewesen wäre.«
Das traf sie schwer, aber Waverly versuchte, nicht auf sie wütend zu sein. »Felicity, ich will helfen.«
»Jetzt, da Kieran nicht da ist, hast du Zeit für mich, nehme ich mal an?«
»Wie bitte?«
»Komm schon, Waverly. Tu nicht so. Sobald Kieran Interesse an dir zeigte, hattest du keine Zeit mehr für irgendjemanden sonst.«
»Das ist nicht wahr!«
»Es ist wahr. Also tu nicht so, als würdest du dich jetzt um alles kümmern. Ich bin schon eine ganze Zeitlang allein zurechtgekommen, ohne jemanden, mit dem ich sprechen –«
»Was ist mit deinen Eltern?«
»Mein Vater wäre damit nicht zurechtgekommen. Er wäre zusammengebrochen. Oder getötet worden.«
»Aber deine Mutter –«
»Hat mir gesagt, ich soll ihnen aus dem Weg gehen. In einer geschlossenen Metallkiste, tief im All.«
»Ihnen? Wem?«
»Das ist egal.« Felicity ließ ihren Kopf gegen das dicke Glas sinken. Die Haut um ihren Mund war gesprungen, und Waverly sah kleine Speicheltropfen in den Mundwinkeln. Sie kannte Felicity Wiggam schon ihr ganzes Leben, aber ihr fiel nichts ein, mit dem sie ihr hätte helfen können.
»Ich mache dir keinen Vorwurf, wenn du nicht wieder nach Hause willst«, sagte Waverly.
»Wieso glaubst du, dass es hier irgendwie anders ist?«
»Es könnte anders sein. Ist es nicht das, was du glaubst?«
»Du bist so naiv!« Felicity lachte verächtlich. »Siehst du nicht, was Männer sind? Sie sind Tiere. Jeder einzelne von ihnen.«
»Felicity.« Waverly ergriff ihre Hand und drückte stark genug, um ihr weh zu tun, bis Felicity schließlich den Blick hob und sie ansah.
»Wir sind auch Tiere. Wir können uns wehren.«
Felicity riss ihre Hand los. »Du Idiotin! Es spielt keine Rolle, wie sehr du dich wehrst.«
»Für mich schon«, sagte Waverly leise.
Felicity riss sich von ihr los und entfernte sich mit schnellen Schritten. »Dann kämpf!«, rief sie über die Schulter zurück.
Auch Waverly erhob sich, die Hände zu Fäusten geballt. »Das werde ich, Felicity. Das werde ich.«
Gastfamilie
W averlys Gastfamilie waren Amanda und Josiah Marvin, und sie waren nervöser als sie. Amandas lange Finger zitterten, und Josiah sprang andauernd auf und ging an einem sehr unaufgeräumten Arbeitstisch, der mit Werkzeugen und Holzspänen übersät war, vorbei, um nach dem Essen zu sehen.
»Wie man sehen kann, hat Josiah ein Hobby.« Amanda lächelte. Fältchen umrahmten ihre grünen Augen, aber ihr sanftes, liebevolles Gesicht verlieh ihr eine gewisse Alterslosigkeit. Sie zeigte auf die verschiedenen geschnitzten Holzinstrumente, die an den Wänden hingen. Es waren Gitarrenvarianten von verschiedener Form und Größe und auf ihre primitive Art wunderschön. »Josiah baut sie. Er ist ein ganz guter Musiker. Er macht die Musik bei den Diensten.«
»Diensten?«, fragte Waverly.
»Gottesdienste. Wir besuchen sie alle.«
»Ich verstehe.«
Amanda deutete auf eine hölzerne Bank, und Waverly setzte sich.
»Ich kann gar nicht sagen,
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