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Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Sternenfeuer: Gefährliche Lügen

Titel: Sternenfeuer: Gefährliche Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Kathleen Ryan
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Luftschleusenunfall drei Menschen wirbelnd in das Weltall geschleudert hatte – jener Unfall, der Seth die Mutter und Waverly den Vater genommen hatte. Kieran fand die Rede, die Captain Jones damals gehalten hatte, aber sie war nicht angemessen für das, was vorgefallen war. Auch im persönlichen Tagebuch des Captains stand nichts, was ihm weiterhelfen konnte.
    Ein Ordner in den persönlichen Dateien fiel Kieran auf. Er war mit
Predigten
bezeichnet. Kurz überflog er die Titel und fand einen mit der Bezeichnung
Wenn alle Hoffnung verloren ist.
Er öffnete das Dokument und begann zu lesen. Es war eine kurze Rede, aber sie war wunderschön, und als er fertig war mit Lesen, fühlte er sich besser. Er vermutete, dass sich die anderen Jungen genauso fühlen würden.
    Kieran lud die Predigt auf einen tragbaren Reader, den er sich an den Gürtel hängte, und schwebte zurück in den nunmehr leeren Korridor. Die Letzten hatten mit ihren Eltern gesprochen oder erfahren, was mit ihnen geschehen war, wenn sie sich unter den Toten befanden. Es war vorbei.
    Das Mikrofon war neben der Tür des Schlafsaals befestigt, und Kieran griff danach. Er wusste nicht, wie er die Jungen auf sich aufmerksam machen sollte. Sie zusammenzurufen schien irgendwie falsch zu sein. Also begann er einfach zu lesen:
    »Manchmal in unserem Leben müssen wir uns einem großen Verlust stellen. Die Leere des Verlusts türmt sich auf, und wir haben keine andere Wahl, als sie zu ertragen. Was könnten wir sonst tun? Wir schauen aus unseren leeren Bullaugen auf die gewaltige Schöpfung – Sterne, die ewig zu sein scheinen, stecknadelkopfgroß. Und wir fühlen uns so klein, so allein. Unbedeutend. Wie kann irgendetwas, das wir tun, in so einem Kosmos eine Rolle spielen?«
    Er hörte Kichern aus der Ecke des Raums, wo Seth und seine Freunde schwebten, aber er achtete nicht auf sie. Einige der Jungen schauten ihn durch ihre Tränen hindurch an.
    »Wir spielen eine Rolle. Darauf zu vertrauen, dass unser Leben bedeutsam ist, ist die Essenz des Glaubens. Wir sind nicht so groß oder strahlen so hell oder sind so ewig wie die Sterne, aber wir tragen als Banner die Liebe der Menschheit durch die Galaxie. Wir sind die Ersten. Wir sind die Weltenbereiter. Hoffnung ist unsere Nahrung. Wie das zarte Ried, das sich im Wind wiegt, wachsen wir einer neuen Sonne entgegen.«
    Kieran legte vor dem letzten Absatz eine Pause ein und sah auf. Alle schauten ihn nun an. Viele weinten offen, verteilten Tränen in der Luft des Zentralbunkers wie Schnee, aber sie schwiegen. Selbst Seth schwieg, während er zusah, wie Kieran die Kontrolle über den Raum übernahm.
    »Die Menschheit wird nicht in der Dunkelheit vergehen. Die Reise ist lang, die Aufgabe schwer, einige sagen: unmöglich. Aber wir werden standhaft bleiben. Es wird eine Zeit kommen, in der sich Kinder um ein Feuer versammeln und zu uns heute noch unbekannten Sternen aufblicken. Sie werden sich an unsere Opfer erinnern. Und unsere Namen werden in ihren Liedern fortbestehen.«
    Keiner der Jungen sprach, aber die Stimmung im Raum schien weniger erdrückend zu sein. Kieran legte das Mikrofon in den Haken an der Tür und driftete zu seiner Koje. Er schlüpfte in die Laken, zog den Reißverschluss zu, drückte das Lesegerät an die Brust und schloss schließlich die Augen.
    Aber sein Hirn arbeitete weiter, sah die Leichen, das Blut, die Qual in ihren Gesichtern. Und jetzt starb auch noch der Rest der Erwachsenen im Maschinenraum. Würde er so etwas wie heute noch einmal tun müssen? Es musste eine Möglichkeit geben, die Crew dort herauszubekommen. Er konnte sie nicht einfach aufgeben. Er würde sie nicht einfach aufgeben.
    Er konnte jetzt nicht schlafen, nicht, wenn so viel zu tun war. Und so stand er von seiner Liege auf und begann, bei perfekter Schwerkraft, zum Maschinenraum zu gehen. Je länger er ging, desto länger schien der Schlafsaal zu werden. Er sah sich um, und jeder Junge in jeder Koje war Seth Ardvale, der ihn mit diesen anklagenden blauen Augen anstarrte.
    Er träumte. Er lag immer noch in seinem Bett. Er versuchte, wieder aufzustehen, aber seine Glieder waren wie gelähmt.
    Er musste schlafen. Sein Körper hatte abgeschaltet. Er würde ein paar Stunden schlafen.
    Die Worte der Predigt hallten durch seinen Geist und trösteten ihn:
Unsere Namen werden in ihren Liedern fortbestehen.
    Ehe er in die Dunkelheit fiel, wünschte er sich, er könnte sich bei demjenigen, der sie geschrieben hatte, bedanken.
    Wie war der

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