Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
harten blauen Augen und erkannte, dass er recht hatte. Er war hier; er war die ganze Zeit hier gewesen, anwesend und mitdenkend wie kein anderer der Jungen. Kieran mochte ihn nicht, aber um die Wahrheit zu sagen: Seth war höchstwahrscheinlich seine beste menschliche Ressource.
Kieran holte tief Luft und ergriff den Steuerknüppel zwischen seinen Beinen. Er zog ihn leicht nach hinten und fühlte, wie das Shuttle vom Boden abhob.
»Parkklammern lösen«, sagte er zu Seth, dessen Finger bereits über dem Schalter schwebte.
Das Shuttle hüpfte, und Kieran gelang es nur gerade so zu verhindern, dass es durch das Dach des Shuttle-Hangars brach. Nach ein paar übelkeitserregenden Abtauchern und Schlenkern umschlossen seine Finger mit festem Griff den Steuerknüppel, und das Fahrzeug lag ruhig in der Luft.
»Okay, funk Sarek an und sag ihm, er soll die Luftschleuse öffnen.«
Seth murmelte etwas in das Mikrofon seines Headsets, und kurz darauf sahen beide Jungen zu, wie die Tore sich Zentimeter für Zentimeter öffneten und die große Luftschleuse dahinter freigaben.
»Knall nicht in die Außenhülle«, sagte Seth tonlos.
Sehr vorsichtig schob Kieran den Steuerknüppel millimeterweise voran, und das Shuttle glitt ruhig in die Schleuse. Sobald das Heck das Tor passiert hatte, wies Seth Sarek an, es zu schließen. Die Vakuumpumpen jaulten laut auf, als sie die Luft aus der Schleuse abpumpten, und die Jungen zuckten in ihren Sitzen zusammen. Sobald in der Luftschleuse ein nahezu perfektes Vakuum herrschte, konnte das äußere Schleusentor gefahrlos geöffnet werden.
»Heilige Scheiße«, wisperte Kieran. Sein Magen überschlug sich.
Er hatte die
Empyrean
noch nie in die Unendlichkeit des Weltalls verlassen. Er sah zu Seth hinüber, dessen Gesicht farblos war.
Auch Seth sah zu ihm herüber, und ihre Blicke begegneten sich. »Was zur Hölle habe ich mir dabei gedacht?«, flüsterte Seth.
Kieran brach in schallendes Gelächter aus, und Seth fiel mit ein, aber der Augenblick verging, und schließlich verstummten die beiden wieder.
Seth drückte den Knopf des Kom. »Okay, Sarek. Öffnen.«
Kieran wusste nicht, was er erwartet hatte, aber als sich die Schleusentore vor ihm öffneten, schmolz seine Angst dahin. Der Anblick des Nebels auf der anderen Seite des dicken Glases war schließlich nicht so ungewohnt.
»Langsam«, sagte Seth.
»Klar«, antwortete Kieran, als er das Shuttle aus der Schleuse bewegte.
Sobald sie die schützende Hülle der
Empyrean
verlassen hatten, wurde Kieran schwindelig, und einen Moment lang meinte er, sich übergeben zu müssen. Er holte ein paarmal tief Luft, bis sich der Schwindel legte, dann drückte er den Steuerknüppel zur Backbordseite hinüber.
Das Profil der
Empyrean
hing drohend in seinem Blickfeld. Er hatte das Schiff nie von außen gesehen, und ihm wurde jetzt erst bewusst, was für eine beeindruckende Maschine es in Wirklichkeit war. Das Shuttle bewegte sich an der Außenhülle entlang, die von unförmigen Hügeln und Tälern unterbrochen war, in denen die domartigen Komponenten der verschiedenen Schiffssysteme untergebracht waren. Der Dom für die Atmosphärenkontrolle ragte höher hinaus als alle anderen.
»Pass auf«, warnte Seth.
Kieran zog den Steuerknüppel zu sich, um Höhe zu gewinnen, aber die Unterseite des Shuttles kratzte an der äußeren Hülle entlang und erzeugte ein ekelhaftes Geräusch von über Metall schabendem Metall. Das Shuttle schien kurzzeitig festzuhängen, kam dann aber wieder frei.
»Pass auf!« Seth griff den Steuerknüppel zwischen seinen Knien, zog ihn nach hinten, und das Shuttle schwebte nach oben.
»Ich hab’s«, sagte Kieran. »Du kannst loslassen.«
»Mach das nicht noch mal«, keuchte Seth, die Hände noch immer über dem Steuerknüppel des Kopiloten.
»Was ist los? Angst?«, fragte Kieran.
Seth nickte. »Todesangst.« Dann murmelte er etwas ins Mikrofon und bat Sarek, die Atmosphärenkontrolle auf Beschädigungen zu überprüfen.
Nach ein paar atemlosen Minuten sah Kieran die hinteren Schubdüsen der
Empyrean
vor sich und wusste, dass die Luftschleuse des Maschinenraums irgendwo links sein musste. »Wo ist sie?«
»Ich sehe sie nicht.«
Das Kom piepte, und Seth antwortete. »Was?«
»Gib mir Kieran.«
Es war die Stimme von Mason Ardvale. Kieran hatte gedacht, der Mann müsste tot sein. Er hatte seit vierzig Stunden nicht mit ihm gesprochen. »Ich bin dran, Mason.«
»Du bist ein verrücktes und starrsinniges Kind, weißt du
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