Sternenfeuer
Feuerschweif gen Himmel, und dann befand man sich Wochen oder Monate im freien Fall, während das Schiff sein Ziel ansteuerte.
Die Erfindung des rückstoßfreien Antriebs hatte eine Revolution in der Raumfahrt bewirkt - jedenfalls für Schiffe, die groß genug waren, um einen solchen Antrieb zu installieren. Nun musste ein Schiff nicht mehr teure Reaktionsmasse über Bord werfen, um zu manövrieren. Der Weltraum-Antriebsgenerator krümmte den Raum asymmetrisch um sich herum und rutschte dann den solcherart erschaffenen künstlichen Hügel hinab. In den Tagen der alten Raketen, als Brennstoff sehr kostbar war, hätte ein Schiff einunddreißig Jahre gebraucht, um Neptun auf einer minimalenergetischen Bahn zu erreichen. Die Ruptured Whale würde die gleiche Reise in 200 Stunden bewältigen und dabei eine maximale Geschwindigkeit von 1100 km pro Sekunde erreichen.
Obwohl er sich ein Abteil mit Michail Vasloff teilte, hatte er die Kabine für die meiste Zeit der Reise praktisch für sich allein. Trotz Marks Versuche, den Russen in ein Gespräch zu verwickeln, war Vasloff dauernd in sich gekehrt und einsilbig. Ob er nur schmollte oder irgendetwas ausheckte, war schwer zu sagen.
Mark verbrachte die meiste Zeit der Reise mit Lisa im Kommunikationscenter des Schiffs. Sie hatten fieberhaft daran gearbeitet, ein Softwareprogramm zu erstellen, das die Flotte in der Umgangssprache der Broa unterweisen sollte. Sie hatte ebenfalls Probleme mit ihrem »Stubenkameraden«, jedoch anderer Art. Sar-Say blies angesichts der langen Reise nämlich kein Trübsal, sondern seine Freude schien grenzenlos.
»Man sollte meinen, dass eine Rasse von Händlern es gelernt hätte, ihre Gefühle besser zu verbergen«, merkte Lisa eines Morgens beim Frühstück an.
»Das kannst du ihm nicht verdenken. Er freut sich eben darauf, wieder nach Hause zu kommen.«
»Ich wünschte, er würde sich zumindest so weit beruhigen, um nachts schlafen zu können.«
Der Sprachkurs, den sie vorbereiteten, war ein typisches multimediales Lehrprogramm. Es war aus ein paar hundert Stunden Kontrollaufzeichnungen von Sar-Say zusammengestellt worden und aus Übungen, die Lisa in der PoleStar aufgezeichnet hatte. Die Benutzer hörten zuerst Sar-Say zu und dann Lisa, die das jeweilige Wort auf Broanisch aussprach. Dann sollten die Studenten das Wort wiederholen, und die Ergebnisse wurden anhand einer Stimmenanalyse verglichen.
Mark hatte schon eine Menge von dem gelernt, war Sar-Say als »Handelssprache« bezeichnete. Er war überrascht, dass die Sprache so logisch aufgebaut und so leicht zu erlernen war.
»Natürlich ist sie leicht zu erlernen«, sagte Lisa, nachdem er sie darauf angesprochen hatte. »Sie muss auch einfach sein, damit eine Million empfindungsfähiger Spezies sich in ihr verständigen können.«
»Wieso das?«
»Weil diese Million Spezies auf eine Million Arten mit ihren Artgenossen kommunizieren. Ihre Gehirne funktionieren alle unterschiedlich. Überhaupt ist es eine reife Leistung, dass die Broa eine so einfache Sprache entwickelt haben. Ich glaube auch, dass die meisten Leute eine falsche Vorstellung von den Broa haben.«
»Wie meinst du das?«
»Was haben die Broa, das sie dazu befähigt, eine Million anderer Spezies zu beherrschen?«
»Das ist doch ganz einfach. Sie kontrollieren den Zugang zu den Sternentoren.«
Lisa nickte. »Richtig. Solange niemand ohne ihre stillschweigende Zustimmung von einem System zum anderen reisen kann, besteht für sie auch keine Notwendigkeit, eine große Präsenz auf jedem einzelnen Planeten aufrechtzuerhalten. Sar-Say sagt, es gibt Systeme, die jahrelang nicht von den Broa besucht werden.«
»Dann sind sie also nicht die bösen Imperialisten, für die wir sie halten?«, fragte Mark.
»Ganz im Gegenteil, sie sind vielleicht noch viel schlimmer, als wir es uns vorstellen. Nein, ihr Herrschaftsgebiet wird nicht wie ein menschliches Reich regiert, weil das ganz einfach nicht möglich ist.«
»Ich vermag dir nicht mehr zu folgen.«
»Denk mal nach. Würdest du eine Rasse zivilisierter Delfine mit den gleichen Techniken kontrollieren, die du bei Menschen anwenden würdest? Wohl kaum, oder? Weil die Gehirne und Kulturen von Menschen und Delfinen eben zu verschieden sind.«
»Es gibt aber einen großen Unterschied: Delfine machen sich nichts aus Geld.«
Lisa lachte. »Und weil die Frauen das Sagen haben, handelt es sich um ein viel sensibleres System als das, was wir benutzen. Stell dir nur die Probleme vor,
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