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Sternenfeuer

Sternenfeuer

Titel: Sternenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Kulturen ein paar Gemeinsamkeiten. Zum Beispiel Ehe und Familie. Es hatte noch keine menschliche Gesellschaft gegeben, die nicht irgendeine Form der Ehe kannte und die ihre Kinder nicht behütet hätte. Obwohl Generationen von Seefahrern dieses Prinzip gewohnheitsmäßig verletzt hatten, waren die meisten Leute immer noch so klug, sich von den Frauen in einem fremden Land fernzuhalten, bis sie zumindest eine grobe Vorstellung von den örtlichen sexuellen Tabus hatten.
    Lisa bezweifelte jedoch, dass sie in dieser Hinsicht Probleme mit den Orpheanern bekommen würden. Die kugelköpfigen Oktopus-Hälse — wie einer der Anthropologen sie bezeichnet hatte - waren so weit vom menschlichen Schönheitsideal entfernt, wie es weiter nicht ging. Sie vermutete jedoch, dass es sich umgekehrt genauso verhalten würde.
    Mehr Sorgen bereitete ihr da schon die Möglichkeit, dass ein unbeabsichtigter Fauxpas oder eine Beleidigung einen Zwischenfall zwischen beiden Spezies auslösen könnte. Wie war zum Beispiel die ördiche Einstellung gegenüber Körperfunktionen wie Fäkalienausscheidung? Ein Außerirdischer zu Besuch auf der Erde würde es vielleicht seltsam finden, dass öffentliche Toiletten nach Geschlechtern getrennt waren, während die Toiletten in Privathaushalten gemeinsam genutzt wurden. Genauso wie die menschliche Sitte, Kleidung in den Klimazonen zu tragen, wo sie ebenso hinderlich wie hilfreich war, einen Außerirdischen verwirren würde, für den Nacktheit kein Tabu war.
    Die Orpheaner hatten zweifellos ähnliche Unverträglichkeiten in ihren sozialen Arrangements. Die Arbeitsgruppe Anthropologie hatte deshalb den Auftrag, entsprechende Schlussfolgerungen aus den abgefangenen Kommunikationsübertragungen zu ziehen. Sie hatten ihr Bestes gegeben, doch kaum einen Sinn in den Handlungen der Außerirdischen zu erkennen vermocht.
    Von den körperlichen Besonderheiten abgesehen waren die Orpheaner aber gar nicht so verschieden von den Menschen. Sie kannten Holovision - das heißt, Kommunikations-Übertragungen zu Unterhaltungszwecken -, oder zumindest war die Mehrheit der Wissenschaftler dieser Ansicht. Sie schienen auch eine große Zahl von »Moderatoren«-Programmen zu haben, möglicherweise sogar »Talkshows«, in denen ein paar Orpheaner auf der Mattscheibe erschienen, in ihrer Muttersprache sich gegenseitig zutexteten und die Tentakel schwangen. Die ganze Szene erinnerte Lisa an einen Wald aus Seetang, der sich in einer starken Strömung wiegte.
    Dem Verhalten nach zu urteilen, das sie in ihren Holo-Programmen an den Tag legten, hielten die meisten Anthropologen die Orpheaner für Individualisten. Die herrschende Meinung war, dass sie selbstbezogener wären als die Menschen, obwohl Lisa sich das kaum vorzustellen vermochte. Es bestand jedenfalls weitgehend Einigkeit darüber, dass sie zänkisch waren und auch keine Bedenken hätten, Fremde übers Ohr zu hauen, wenn die Gelegenheit sich bot.
    Lisa hatte den Datenträger bei sich, der den aus mehreren tausend Wörtern bestehenden gesammelten Wortschatz der Wissenschaftler enthielt. Der Bericht war erst eine halbe Stunde, bevor sie abfliegen sollte, beendet worden. Sie hatte geglaubt, sie sei der einzige Passagier, und war umso erstaunter, als sie sah, dass Michail Vasloff an der Luftschleuse auf sie wartete. Er hatte auch seine Arbeitstasche dabei und verströmte die Aura von jemandem, der zu einem Abenteuer aufbrach.
    »Was tun Sie denn hier, Mr Vasloff?«
    »Ich komme mit. Es bedurfte zwar einiger Überredung, doch Captain Landon hat vor einer Stunde die Erlaubnis erteilt. Ich soll Sie begleiten.«
    »Ich dachte, Sie wollten hier auf Versteck bleiben«, erwiderte Lisa vorsichtig. Sie wurde sich plötzlich bewusst, dass sie sich vielleicht auf dünnem Eis bewegte.
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Sie waren bisher schließlich nicht gerade der eifrigste Verfechter dieser Expedition, oder?«
    Anstatt verärgert zu reagieren, warf der Russe nur den Kopf zurück und lachte. Dann sagte er: »Ich habe bisher kaum eine diplomatischere Äußerung gehört, Miss Arden. Vielleicht sollte ich Sie für meinen kleinen Zirkel von Fanatikern gewinnen.«
    »Ich habe Sie nie als >Fanatiker< bezeichnet, Mr Vasloff.«
    »Da dürften Sie wohl die Einzige in der Sternenforschung sein — aber Sie gehören auch gar nicht zur Sternenforschung, nicht wahr?«
    »Nein, Sir. Ich wurde eigens für diesen Auftrag rekrutiert.«
    »Dann haben Sie wahrscheinlich ein besseres Verständnis für meine

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