Sternenfeuer
Steuertriebwerke zündeten erneut, als Frees das Schiff erst verlangsamte und dann beidrehte. Der Anflug glich der Beobachtung einer Kollision in Zeitlupe. Die durchlöcherte Kaffeekanne von einem Schiff wurde immer größer, bis sie den Himmel ausfüllte, dann ertönte der Knall der Triebwerke, und dann kam das Wrack ein Dutzend Meter backbord plötzlich zum Stillstand. Mit ein paar weiteren Triebwerksstößen driftete der Scout noch näher heran, bis er schließlich noch durch einen Meter Leerraum vom Wrack getrennt war. Irgendwie war das Fremdraumschiff in den letzten Monaten in eine leicht taumelnde Bewegung versetzt worden. Frees zündete die Triebwerke, um sie zu neutralisieren, und betätigte mit dem Kinn das InterKom-Gerät.
»Die erste Gruppe ausschiffen!«
Hinter ihnen wurden beide Türen der Backbord-Luftschleuse aufgestoßen, und sechs Raumfahrer mit Riot-Guns steuerten das Innere des Alien-Wracks an. Landon verfolgte das auf dem Bildschirm und wünschte sich, dass er auch dabei hätte sein können. Knappe Befehle wurden per Funk erteilt, als die Entermannschaft im Schiff ausschwärmte. Sie alle waren beim ersten Mal auch schon an Bord gewesen und sollten nun feststellen, ob das Fremdraumschiff in der Zwischenzeit Besuch bekommen hatte.
Zehn Minuten später meldete die Entermannschaft, dass sie keine Spuren von Eindringlingen gefunden hätte. Landon betätigte das InterKom und sagte: »Gut, Johnson. Schaffen Sie die Bombe an Bord und machen sie scharf.«
»Aye, aye, Sir.«
Der Kapitän aktivierte mit dem Kinn die Befehls-Schaltung im Helm. »Das Wrack ist sicher, Scott. Bringen Sie das Schiff her.«
»Aye, aye, Captain. Wir werden in einer halben Stunde dort sein.«
Landon befreite sich von den Gurten. »Guter Anflug, Lieutenant. Sobald wir ausschiffen, ziehen Sie sich mit dem Scout auf eine sichere Entfernung zurück, damit die Magellan genug Platz für ihren Anflug hat.«
»Aye, aye, Sir.« Frees sah, wie der Captain sich durch die Cockpit-Luke achtern zur Luftschleuse hangelte. Er fragte sich, ob Landons Herz auch so schnell wie seins schlug, als er das Wrack zum ersten Mal enterte.
16
Zwei Wochen nach seiner Ankunft an Bord der PoleStar ging Mark Rykand für ein spätes Frühstück in die Messe und sah Lisa Arden an einem der langen Tische sitzen. Er schwebte zum Selbstbedienungsautomaten, stellte sich ein Frühstück zusammen und wartete eine halbe Minute, bis es erhitzt war. Als das Tablett im Servierfach ausgegeben wurde, schob er es unter den Brustgurt und hangelte sich zu Lisas Platz.
»Hallo«, sagte er, stellte das Tablett auf die stählerne Tischplatte und ließ es los, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die magnetische Unterseite am Tisch haftete. Dann setzte er sich unter Zuhilfenahme beider Hände und schlang die Beine um den Rahmen, damit er nicht wieder davonsegelte. »Schon wieder ein >Spätstück<, was?«
Sie nickte. »Ist wieder eine lange Nacht geworden. Und Sie?«
»Das deiche. Ich habe bis zur Mitte der Frühschicht Spektralklassen für Professor Bendagar verglichen.«
»Und wie läuft's? Haben Sie schon irgendwelche Übereinstimmungen gefunden?«
»Noch nicht. Wir machen aber Fortschritte«, sagte er. »Haben Sie unsere Kunstsammlung schon gesehen?«
Sie lächelte. Es war eigentlich Professor Bendagars Idee gewesen, aber sie hatte mitgeholfen. Sar-Say hatte nicht nur ein annähernd fotografisches Gedächtnis, sondern er war auch ein begnadeter Künstler. Er hatte die letzten Tage mit einem handelsüblichen Grafiksoftware-Paket »himmlische« Szenerien kreiert - Impressionen von Planeten mit außergewöhnlichen Phänomenen am Himmel.
»Ich habe sie gesehen.«
»Eins der Bilder zeigt einen riesigen Nebel am Himmel. Professor Bendagar fragt sich, ob es nicht das Sternbild Krebs ist!«
»Können Sie das bitte etwas näher erklären? Sie sprechen quasi mit einem Analphabeten, was Astronomie betrifft.«
»Der Krebs-Nebel. Es handelt sich dabei um die Überreste eines Sterns, der vor etwa 8000 Jahren zur Nova wurde. Er ist im Jahr 1045 am Himmel erschienen und wurde von chinesischen Astronomen gesichtet.«
»Was ist denn so besonders an diesem Nebel?«
»Der Größe nach zu urteilen, in der Sar-Say ihn gezeichnet hat, muss der Nebel sich im Radius von ein paar hundert Lichtjahren um die Welt befinden, die er besucht hat. Stimmt die Identifikation, sind wir auf dem besten Weg, unsere erste Welt in der Souveränität zu entdecken.« Er nahm die Abdeckung vom
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