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Sternenfeuer

Sternenfeuer

Titel: Sternenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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tappen.
    Pavel hatte in den letzten Wochen sechzehn Stunden am Tag gearbeitet. Obwohl das Schlafbedürfnis des menschlichen Körpers in der Mikrogravitation reduziert war, schien der Tag dennoch nie genug Stunden zu haben. Nicht nur, dass die Forschungsteams auf der Erde immer nachdrücklicher Antworten auf ihren endlosen Fragenkatalog verlangten - er musste nun auch noch die bevorstehende Konferenz auf der Erde organisieren.
    Der Plan sah vor, die bedeutendsten Forscher zu einem Gedankenaustausch zusammenzubringen. Außerdem erhoffte man sich von ihnen eine definitive Antwort auf die Frage, ob die Broa nur ein Hirngespinst von Sar-Say waren. Mit jedem Tag, den sie auf diese Antwort warteten, stieg das Risiko für die bestehenden Machtstrukturen.
    Als derjenige, der sich mit der »Öffentlichkeit« befasste, wusste Dieter Pavel nur zu gut, dass der Mensch als »Kollektivwesen« im Vergleich zu einer Einzelperson eine starke Einbuße an Intelligenz verzeichnete. Seit den Fertilitäts-Aufständen des vorherigen Jahrhunderts war die Massenpsychologie ein obligatorischer Bestandteil der Ausbildung eines Anwärters für den öffentlichen Dienst. Sein Dozent in empie (wie die Studenten es nannten) hatte betont, dass kollektive Handlungen durch kollektive Ängste verursacht werden. Und Dieter vermochte sich nicht vorzustellen, was schneller eine Massenpanik auslösen würde als die Kunde von den Broa und ihrem mutmaßlichen Reich.
    Der Akustikmelder an Pavels Tür summte, und im nächsten Moment schwebte Lisa Arden über die Schwelle.
    »Beschäftigt?«
    »Nicht mehr als sonst auch.«
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    In der linken Hand hielt sie eine Kunststofffolie, wie sie für Computerausdrucke verwendet wurde. Das Farbspiel sagte ihm, dass es sich um eine Grafik handelte. Lisa hangelte sich mit dem freien Arm zum Schreibtisch und breitete den Ausdruck vor ihm aus.
    Das dort abgebildete Wesen war ein Zweibeiner. Und damit endete die Ähnlichkeit mit einem Menschen auch schon. Das Alien war ein mit blaugrünen Schuppen bedecktes Reptil. Es hatte einen kurzen Schwanz, stand aufrecht, war aber vornübergebeugt und balancierte auf Beinstümpfen. Zwei Knopfaugen lugten unter ausgeprägten Augenwülsten hervor. Die Schnauze rundete die Ähnlichkeit mit dem Kopf einer Schlange ab. Der Mund stand offen und war mit spitzen Zähnen gespickt. Der Leib war in schmale Streifen aus einem Material gewickelt, das wie die Bandagen einer ägyptischen Mumie anmutete. Um die Taille hatte das Alien einen Riemen geschnürt, an dem mehrere Gerätschaften hingen.
    »Hübsch hässlich«, sagte Pavel. »Was ist das denn?«
    »Das, Herr Administrator, ist ein Broa.«
    Er nahm das Bild in Augenschein. Von dem Wesen ging etwas aus, dass sich ihm die Nackenhaare sträubten. »Woher haben Sie das?«
    »Ich hatte die Eingebung, dass, wenn Sar-Say exakte astronomische Szenen zu zeichnen vermag, er auch andere Dinge zeichnen kann. Dies ist seine neuste künstlerische Kreation.«
    »Stimmt das damit überein, was er uns über die Broa erzählt hat?«
    »Bislang sind seine Beschreibungen etwas vage gewesen - deshalb habe ich auch die Zeichnung in Auftrag gegeben. Ich finde, wir sollten wissen, wie unser Gegner aussieht.«
    »Wie gesagt, schön hässlich!«
    Beim Anblick des Bilds hatte er eine Vision, wie die Darstellung in jeden Haushalt im Sonnensystem übertragen wurde. » Vergiss die Unruhen«, sagte er sich. »Revolution ist angesagt!«

17
    Melissa Trank bewegte sich durch den dunklen Gang und betete, dass sie nicht plötzlich einem Ungeheuer begegnete. Das war ihr nämlich gleich am ersten Tag an Bord passiert, und sie schauderte jetzt noch beim Gedanken daran.
    Sie hatte Quadrant 3, Deck 5 erkundet, um den Gesamtzustand der Ruptured Whale zu beurteilen; der Name hatte sich eigenartigerweise innerhalb der ersten Stunden an Bord eingebürgert. Sie und ihr Partner, Emil Valdez, hatten sich getrennt, um zwei kleine Tunnels zu überprüfen, die vom zu den geräumigen Ladebuchten der Whale führenden Hauptgang abzweigten. Nachdem sie das tote Schiff über vier Stunden erforscht hatte, hatte ihre anfängliche Aufregung sich gelegt. Sie schwärmte von einer wohligen heißen Dusche und schob den Oberkörper in den »Wartungstunnel«.
    Der Tunnel war gerade breit genug, dass sie mit dem Anzug und dem Rückentornister hineinpasste. Dann arbeitete sie sich wie ein Bergsteiger vor, der in einem Felsenkamin steckte. Sie sah die Biegung des Tunnels erst, als

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