Sternenfinsternis (German Edition)
beugen, schließlich wollte er nicht auch noch das Leben des jungen Lucas in Gefahr bringen.
»Kri‘Warth allerdings bleibt keine Wahl. Er ist noch immer ein Soldat der Golar und steht unter meiner Befehlsgewalt«, fuhr Nym‘Sec lächelnd fort.
»Du bist dir darüber bewusst, dass ich nicht dazu imstande bin, die Fähre zu meinem Schiff zurückzufliegen. Was spielst du nur für ein zwielichtiges Spiel? Ist es das, was du unter Freundschaft verstehst? Behandelt man so einen langjährigen Alliierten?«
Erneut drang aus dem Mund des Golar-Administrators ein dröhnendes Lachen.
»Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Bleib hier oder begleite uns. Es steht dir frei.«
»In Ordnung, alter Freund«, reagierte Jaro sarkastisch. »Wir werden euch begleiten.«
»Gut ... gut. Ich wusste, dass du Vernunft annehmen wirst ... sehr gut! Wir werden eure Fähre nutzen, um zur Raumstation zu gelangen. Sicherlich hast du nichts dagegen.«
Nokturijè sah ein Licht am Ende des Tunnels.
Ihr war so, als spürte sie schon jetzt die unbarmherzige Kälte des Eisplaneten auf ihrer Haut, obwohl dies geradezu unmöglich war, da die Schutzbarriere eigentlich die Auskühlung der Einflugschneise verhindern sollte. Doch vermutlich bildete sie sich dies nur ein.
Einerseits wünschte sie sich, sie wäre mit Kri’Warth und den anderen zur Ta´iyr zurückgekehrt, doch der Gedanke, dass Cameron ohne ihre Hilfe dem sicheren Tod ausgesetzt war, trieb sie voran.
Zu ihrem Glück gab es nur eine Richtung, in die der Colonel gehen konnte, denn auf dem geriffelten Felsgestein der Zugangsröhre, welche einst die gewaltigen Bohrköpfe hinterließen, konnte man keinerlei Spuren verursachen.
Fasziniert stand sie, als sie schließlich das Ende des Tunnels erreichte, vor dem hell schimmernden Schutzwall, der den Anschein machte, aus purem Licht zu bestehen. Es war zwar nicht das erste Mal, dass sie diese Barriere zu Gesicht bekam, jedoch durchquerte sie diese bislang immer nur mit einer Fähre. Niemals zuvor hatte sie die Gelegenheit, dieses ›Wunderwerk der Technik‹ von Nahem zu betrachten.
Zögerlich streckte sie eine Hand aus und berührte die eigenartig leuchtende Oberfläche mit ihren Fingerspitzen. Es fühlte sich kalt und unwirklich an.
Sie konnte die Energie, welche von der Barriere auf sie überging und ihren Körper durchströmte, regelrecht spüren. Die Menge an Energie war jedoch so gering, dass es keinerlei Schäden verursachte, ganz im Gegenteil – die wenigsten waren überhaupt dazu in der Lage, etwas dabei zu empfinden. Es löste ein Wohlbefinden in ihr aus. Eigentlich war es paradox, wenn man bedachte, dass dies der Vorhof zur Hölle war und dahinter der Tod auf einen lauerte.
Nokturijè scheute sich davor, den Eindämmungsbereich zu verlassen. Auch sie als eine Mè war war trotz ihrer gewaltigen mentalen Stärke vor der Kälte und dem Erfrierungstod nicht gefeit. Mit viel Glück hatte er es nicht sonderlich weit geschafft und lag nicht unweit der Energiegrenze bewusstlos am Boden. So oder so hatte sie keine Zeit mehr zu verlieren. Sein Leben schwebte in großer Gefahr, denn ein Mensch konnte physisch dieser unbarmherzigen Kälte noch weniger Stand halten als ihre Spezies.
Zu ihrer Rechten entdeckte die Mè eine kleine Nische, in der die Golar Mäntel und andere Hilfsmittel aufbewahrten – für den Fall, dass sie den Schutzwall verlassen mussten, um bei Störungen des Energiefeldes die nötigen Reparaturen von außen vornehmen zu können. Der Generator musste außerhalb, einige Meter vor der Kraterstadt errichtet werden, da dessen Strahlung eine Gefahr für die Bevölkerung darstellte. Die Barriere bot also nicht nur Schutz vor der Kälte selbst, sondern auch vor dem Gerät, welches diese aufrechterhielt.
Trotz des immensen Fortschrittes, welchen die Golar in den letzten Jahrhunderten vollzogen hatten, blieb der Generator vollkommen unberührt in seiner Technologie. Warum sollte man, solange dieser funktionierte und seiner Aufgabe nachkam, so dachten sie sich wahrscheinlich, etwas daran ändern. Zudem waren zu jener Zeit nur noch wenige Golar in der Lage, dieses System zu verstehen und auch zu warten. Gespeist durch die heißen Quellen im Untergrund entstanden niemals schwerwiegendere Probleme – nur kleinere, notdürftige Reparaturarbeiten.
Nokturijè durchforstete die drei Schränke, die in der Nische eingelassen waren, und fand mehrere alte, dicke mit Fell besetzte Jacken und eine
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