Sternenfinsternis (German Edition)
angriff.
Ein schrecklicher Gedanke schoss ihr durch den Kopf. War der Grund, weshalb sie ständig nur einem Lebenszeichen folgte, womöglich der, dass dieses Scheusal ihr im Aufspüren von Cameron zuvorgekommen war? Es schien mehr als nur offensichtlich zu sein, da sie wohl ständig hinter der Kreatur hergelaufen war. Doch ihr widerstrebte dieser Gedanke. Cameron konnte nicht tot sein – er durfte es einfach nicht.
Obwohl Gesicht und Körper der Bestie relativ gedrungen waren, hatte es beinahe die Ausmaße der Transportfähre der Ta´iyr, was nach menschlichen Dimensionen einem Kleinbus gleichkam.
Nachdem der erste Schrecken nun bei dem Tier nachließ, begab es sich wieder auf seine Vorderläufer und schnupperte neugierig in Nokturijès Richtung. Sie wartete nur darauf, dass die Bestie Anzeichen dazu machte, sie anzugreifen. Erneut versuchte sie, ihre biotische Kraft zu aktivieren, doch die unbarmherzige Kälte forderte noch immer ihren Tribut. Sie rechnete sich kaum Chancen aus gegen die sichelförmigen Krallen der Kreatur, welche gut acht Zentimeter maßen. Und das bestialische Wesen besaß vier dieser Mordinstrumente an jeder Pfote.
Unsicher blickte das Ungetüm die Mè an, als ob es so etwas wie sie noch nie zuvor gesehen hatte. Oder es war von seiner letzten Mahlzeit noch zu gesättigt und wägte ab, ob Nokturijè eine potenzielle Gefahr darstellte. Sofern dieses Wesen zu derart komplexen Gedankengängen überhaupt fähig war.
Nokturijès Herz raste, während die Bestie sich mit ihrer platten hellhäutigen Nase voran immer näher in ihre Richtung bewegte und dabei stetig größer und bedrohlicher wurde. Egal, was sie nun tun würde, auf keinen Fall durfte sie die Fassung verlieren, denn darauf schien es regelrecht zu warten. Jedes Raubtier erwartete von seinem Opfer, dass es die Flucht ergreifen würde und solange sie nichts tat, hätte es auch keinen Grund anzugreifen, so dachte sie jedenfalls. Auch wenn diese Taktik vielleicht nicht ewig gutgehen würde, so musste sie nur den richtigen Moment abpassen, um selbst zu zuschlagen.
Es war nur noch einen geschätzten halben Meter von ihr entfernt – nah genug, dass Nokturijè den fauligen Atem des Ungetüms riechen konnte.
›JETZT!‹, rief ihre innere Stimme drängend.
Sogleich machte sie einen flinken Schritt nach vorn und bohrte eine ihrer Klingen seitlich und tief in den Hals des mächtigen weißen Monsters.
In einem ohrenbetäubenden, wimmernden Jaulen schrie es auf, einem Geräusch, welches sie bei noch keinem anderen Wesen zuvor vernommen hatte, während es sich erneut bedrohlich auf die Hinterläufe begab. In einer mehr oder weniger fließenden Bewegung fiel das Ungetüm mit einem dumpfen Schlag zur Seite und blieb bewegungslos liegen.
› Lauf weg!‹, meldete sich die Stimme in ihr abermals, doch sie konnte nicht.
Sie wollte sichergehen, dass sie die Bestie auch wirklich getötet hatte oder zumindest so schwer verletzt, dass diese ihr nicht mehr gefährlich werden konnte.
Langsam, kaum zu atmen wagend, bewegte sie sich auf den Kopf der Kreatur zu. Die Augen schienen starr, wie die eines Toten – doch plötzlich, vollkommen unvermutet, als ob sie dies geplant hätte, sah diese sie direkt an. Nokturijè glaubte, Rachegelüste in den geweiteten Pupillen des Monsters erkennen zu können, als ob es sich der List, welche die Mè verfolgt hatte, voll bewusst war.
› Los, lauf!‹, dröhnte es in ihrem Kopf.
› Lauf, Nokturijè!! LAUF!!!‹
Die Mè wandte sich blitzartig von der Kreatur ab und fing an zu rennen, ohne ein bestimmtes Ziel – nur weg, in der Hoffnung, dass die Bestie nicht schnell genug wieder auf die Beine kam.
Nokturijè hatte zwischenzeitlich einige Meter zurückgelegt, als sie hinter sich einen wütenden Schrei und ein wildes Aufstampfen vernahm. Sie wusste, dass der kleine Vorsprung, den sie sich erarbeitet hatte, nicht lange ausreichen würde. Wenn sie einen Schritt machte, legte das Monster zehn oder noch mehr Schritte zurück. Schneller, immer schneller trugen sie ihre Beine voran, mit dem Wissen, dass ihr der Tod dicht auf den Fersen war.
Fieberhaft rieb sie ihre Hände aneinander, um ihre mächtigste Waffe, ihre Biotik wieder einsetzen zu können. Doch inzwischen war ein viel gewaltigeres Hindernis entstanden, das eine Blockade zu ihrem inneren Gleichgewicht aufbaute – sie verspürte Furcht.
Ihre Angst war zu groß und ohne nötige Ausgeglichenheit, dies lernte sie bereits in den ersten Jahren in der
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