Sternenfinsternis (German Edition)
Flugmaschine preschte.
Sichtlich erschöpft, aber erleichtert, blickte Nokturijè, die den noch immer bewusstlosen Menschen in ihren Armen hielt, in das helle Scheinwerferlicht der vor ihr erschienenen Landefähre.
»Nokturijè«, erklang Jaros Stimme rauschend aus ihrem Kommunikator.
»... Nokturijè, hörst du mich?«
»Ja«, antwortete sie.
»Wäre es euch möglich, wenn wir einen Steg errichten, darüber in die Fähre zu kommen?«
»Nein, Cameron ist ohne Bewusstsein, und ihn zu tragen, fühle ich mich nicht imstande«, entgegnete sie.
»Wäre die Steilwand nicht so hoch, könnten wir uns über euch positionieren und die Seilwinde einsetzen, doch so würden wir Gefahr laufen, dabei gegen den Fels gedrückt zu werden.«
»Nein, das ist viel zu gefährlich!«, erwiderte Nokturijè. »Es wäre töricht, euer Leben aufs Spiel zu setzen, um das unsere zu retten.«
Der Botschafter dachte fieberhaft über eine Lösung nach. Er wusste, dass die Mè recht hatte, doch war er nicht gewillt, so schnell aufzugeben. Es musste einfach einen Weg geben, die beiden in die Fähre zu bekommen.
»Jaro«, riss Lucas den Syka aus seinen Gedanken. »Könnten wir nicht etwas an das Ende des Seils befestigen und dieses zu ihr schwingen?«
Er starrte für einen Moment den Menschenjungen an, wandte sich dann unvermittelt von ihm ab und nahm wieder Blickkontakt zu der Mè auf.
»Hast du das gehört Nokturijè?«
Die Mè nickte.
»Das könnte funktionieren. Cameron wird der Erste sein, der an Bord kommen wird. Also los!«
Der Syka erhob sich eilig vom Platz des Co-Piloten und stürmte zu einer der hinteren Sitzbänke, während Kri‘Warth die Fähre aufsteigen ließ. Der Golar wählte eine Position relativ nah oberhalb Nokturijè und Cameron, die es ihm dennoch ermöglichte, wenn sie von einer Welle erfasst werden würden, erforderliche Gegenmaßnahmen ausführen zu können, noch bevor sie an der scharfkantigen Felswand zerschellen würden.
Lucas beobachtete den Syka, wie dieser unter einer der beiden parallel zueinander stehenden Sitzbänke, welche an den Wänden des Passagierraums befestigt waren, eine kleine Truhe hervorwuchtete.
»Lucas. Steh nicht nur rum, hilf mir.«
»Wie kann ich dir helfen?«, fragte er ihn, ohne zu zögern.
»Am Ausstieg in der rechten, oberen Ecke befindet sich eine kleine Klappe. Öffne diese«, sprach der Syka ächzend, während er die Kiste vor sich herschob.
Lucas begab sich sofort zum Ausstieg und fand auch die von Jaro genannte Klappe an besagtem Ort, doch der Junge war zu klein, als dass er sie ohne Weiteres hätte erreichen können.
Noch ehe er den Syka auf das Problem aufmerksam machen konnte, spürte er, wie etwas Hartes gegen seine rechte Ferse und die Wade stieß. Verwundert blickte er an die betroffene Stelle, sah die kleine Kiste und dahinter den kaum größeren Jaro.
»Nutze die Truhe, um heranzukommen.«
Lucas schmunzelte und nickte, stieg hinauf und erreichte gerade so die Klappe. Er öffnete sie, woraufhin eine verborgene Spule dahinter erschien.
»Klappe die Winde heraus, indem du sie von rechts nach links ziehst.«
»Erledigt!«, bestätigte Luc.
»Gut. Jetzt ziehe sie über die kleine angrenzende Schiene bis zur Mitte des Ausstieges. Soweit, bis sie einrastet.«
Lucas tat, wie Jaro ihm befahl. Ein kurzes deutliches Klack-Geräusch bestätigte das Einrasten der Winde.
»Auch erledigt. Was jetzt?«
»Jetzt ziehst du ein Stück des Seiles heraus. So viel, dass es bis zum Boden der Fähre reicht.«
Der Junge griff nach dem Haken am Anfang des Seils, welcher ein wenig an einen Karabinerhaken erinnerte und zog ein ganzes Stück heraus, während er von der Kiste herunterstieg. Dabei fiel ihm auf, dass das Seil ungewöhnlich dünn und eher mit einer Nylonschur zu vergleichen war als einem strapazierfähigen Seil.
»Gut, jetzt bindest du das Seil um die Truhe. Mach aber keinen Knoten hinein, der von Nokturijè nicht wieder gelöst werden könnte. Und befestige vorher diesen Rettungsgurt an dem Haken«, wies Jaro ihn an und warf ihm den besagten Gurt vor die Füße.
Ohne sich darüber Gedanken zu machen, dass der Junge die ihm auferlegte Aufgabe nicht meistern könnte, wandte sich der Syka von dem vollkommen hilflos dreinblickenden Lucas ab und kehrte zu seinem Co-Piloten Platz zurück.
»Nokturijè. Hörst du mich? Wir werden in wenigen Momenten beginnen. Halte dich also bereit.«
Lucas war froh, sich eigenständig die Schuhe binden zu können. Doch wie sollte er es nur
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