Sternenfinsternis (German Edition)
Auch die anderen, die für ihre Augen im Nebel verborgen waren, schienen gescannt zu werden.
Nachdem dies abgeschlossen war, erlosch der Strahl und das blaue Licht im Raum wurde durch ein grelles Weiß ersetzt. Mit dem Wechsel der Lichtverhältnisse sprang auch ein Ventilationssystem an, welches den Nebel innerhalb eines Wimpernschlages verschwinden ließ. Nacheinander wurden für Nokturijè all ihre Freunde wieder sichtbar, zuerst Jaro, dann der entfernt, mit dem Rücken an der Tür liegende Golar und schließlich Cameron.
»Was ist passiert und warum umarmst du mich?«, vernahm sie plötzlich Lucas Stimme, den sie noch immer fest umschlungen hielt.
Augenblicklich ließ sie von ihm ab und blickte in sein Gesicht. Nokturijè war derart glücklich, Lucas bei Bewusstsein zu sehen, dass sie ihm einen Kuss auf die Wange drückte. Lucas wünschte sich einen flotten Spruch darauf entgegnet zu haben, doch er war derart perplex, dass ihm lediglich die Röte ins Gesicht stieg.
Dann begann sich der Syka zu regen, was ihre Freude noch mehr steigen ließ und sie umgehend dazu veranlasste von der Pritsche zu springen. Nur Cameron und auch Kri‘Warth blieben vollkommen regungslos liegen.
»Ist alles in Ordnung, Jaro?«, erkundigte sich Nokturijè.
Der Syka fasste sich an seinen Kopf und sah sich dabei verwundert um.
»Mein Kopf schmerzt ein wenig. Ich muss wohl ungünstig gestürzt sein.«
»Ungünstig? Du bist kopfüber im Nebel verschwunden. Du kannst von Glück sagen, dass dein Kopf nur schmerzt«, entgegnete Lucas, der sich zu den beiden gesellt hatte.
Plötzlich erklang ein ächzendes gequältes Quietschen aus Richtung des Golars, der nach wie vor gegen die Tür gelehnt dasaß. Aus der Ferne machte es jedoch den Eindruck, dass er sich immer weiter nach links bewegte.
Nokturijè erhob sich und wollte schon zu ihm laufen, um nach ihm zu sehen, als sie bemerkte, dass die zerbeulte Schiebetür in diesem Moment von mehreren Soldaten aufgestemmt wurde, was letztlich für die Geräusche und auch für die Bewegungen des Hünen verantwortlich war. Erst nachdem sich einer von ihnen durch einen schmalen Spalt zwängte und den Golar ein wenig zur Seite schob, war es ihnen möglich, die Tür komplett in der Wand zu versenken.
Ehe sie sich versahen, war der Raum mit den graumaskierten Soldaten überflutet worden.
Zwei von ihnen nahmen sich Cameron an und ganze drei Soldaten waren nötig, den golarianischen Koloss hinauszuschleppen.
Der sechste verbliebene Soldat steuerte Lucas, Jaro und Nokturijè an.
»Folgen!«, sprach er langsam und mühsam, als ob er dieses Wort zum ersten Mal aussprechen würde.
»Was ist mit Kri‘Warth und Cameron? Wo bringt ihr sie hin?«, wollte Nokturijè wissen, die als Einzige in der Lage war, den noch nötigen Widerstand zu leisten und Fragen zu stellen.
»Folgen!«, wiederholte der Soldat energischer und auch ein wenig sicherer.
»Erst wenn sie uns sagen, wo unsere Freunde hingebracht werden und ob es ihnen gut geht«, erwiderte die Mè stur.
»FOLGEN!!«, schrie der Soldat ungeduldig und richtete seine Waffe auf sie.
»Der scheint kein anderes Wort zu kennen als das«, flüsterte Lucas.
»Ich hoffe, er bringt uns zu jenem, mit dem ich über Funk gesprochen habe. Lasst uns ihm also folgen«, sprach Jaro und sie folgten dem Maskierten anstandslos.
Der wortkarge Soldat führte sie durch mehrere Korridore, bis sie an einen gläsernen Kubus gelangten, vor welchem er stehen blieb.
»Rein!«, befahl er erneut einsilbig und deutete auf den Eingang des klarsichtigen Würfels.
»Er scheint doch weitere Wörter zu beherrschen«, fiel Lucas spitzfindig auf.
»Und wer sagt uns, dass wir dort nicht wieder irgendeinem Gas ausgesetzt werden?«, entgegnete Nokturijè skeptisch.
Als ob der Maskierte das Misstrauen begreifen würde, legte er einen am Kubus angebrachten Schalter um, der einen Scanvorgang auslöste, wie er auch abschließend in dem Raum vorgenommen worden war.
»Letzter Test?«, fragte Jaro den Maskierten, der daraufhin deutlich nickte.
Prüfend sahen sich die drei gegenseitig an. Sollten sie ein weiteres Mal vertrauen oder aus der letzten Erfahrung die Konsequenzen ziehen.
Jaro wusste genau, dass die Mè sich am liebsten für diese Schmach, die man ihr bereitet hatte, rächen würde, doch er war ein Diplomat. Nie hätte er die letzten Jahrhunderte so viele Freunde gewinnen können, würde er bei dem kleinsten Missverständnis oder der geringsten Abweichung seiner gewohnten Norm
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