Sternenfinsternis (German Edition)
im Käfig auf und ab, was Lucas zeitweise um den Verstand brachte.
Lucas hatte zudem das Gefühl, dass die Luft in dem Raum von Minute zu Minute dünner wurde und das Atmen ihm stetig schwerer fiel. Außerdem glaubte er, ein Ansteigen der Raumtemperatur bemerkt zu haben, wodurch er sich vorkam, als befände er sich in einem türkischen Dampfbad, nur dass der Dampf fehlte und der fette haarige Typ, der stets den Aufguss machte.
Keiner hatte dem anderen auch nur ein Wort zu sagen. Das Schweigen seiner Freunde war geradezu beängstigend. Doch vielleicht hätte er ohne diese Stille, das zischende Geräusch, welches auf einmal zu hören war, gar nicht wahrgenommen.
Zuerst war es nur leise zu vernehmen und Lucas fragte sich, ob es womöglich schon immer da war, ihm seither nur nicht aufgefallen war, doch dann wurde es intensiver. Aufgebracht suchte er mit seinen Augen den Raum ab, ob er irgendwo etwas Auffälliges sehen konnte. Als seine Blicke schließlich auf die länglichen, feingliedrigen Schachtabdeckungen in Fußleistenhöhe der Wände fielen, meinte er, daraus etwas entweichen zu sehen.
»Die wollen uns vergasen!«, brach es auf einmal unruhig aus Lucas heraus.
Der Syka sah den Jungen prüfenden Blickes an, als ob er sichergehen wollte, dass dieser sich keinen Spass erlaubte. Dann fing er an, schnuppernd seine Nase zu rümpfen.
»Lucas hat recht. Hier strömt Gas ein«, bestätigte Jaro, woraufhin ersichtlich dichter Rauch aus den bodennahen Abdeckungen drang.
Erst nach Jaros Worten machte sich nun auch Panik in Kri‘Warth breit. Wie ein Berserker stürmte der Hüne zu einer Tür, die dem Tor, durch welches sie gekommen waren, unmittelbar gegenüberlag und hämmerte wie ein wildgewordener Grizzly darauf ein. Seine Schläge waren derart intensiv, dass er tiefe Spuren darin hinterließ, obwohl diese aus demselben Material bestand, wie auch der Zugang, an dem sich Nokturijè zu Anfang ohne Erfolg einen Ausweg zu schaffen versuchte. Doch die Bemühungen des Golar sahen da schon vielversprechender aus. Die Tür wies bereits etliche gewaltige Dellen auf.
»Nokturijè!«, schrie Jaro und patschte der Mè einige Male mit seinen kleinen knubbeligen Fingern in ihr Gesicht. »Wach auf Nokturijè. Wir brauchen dich, hörst du?«
Die Mè schlug ihre Augen auf und sah sich orientierungslos um.
»Beim großen Huiju, was geschieht hier.«
»Gas, Nokturijè, Gas. Keine Zeit für lange Erklärungen. Steh auf, wir müssen uns in Sicherheit bringen.«
»Und was ist mit Cameron?«, entgegnete Lucas, der inzwischen bei den beiden stand und sah zu dem Colonel hinüber, über den bereits die Rauchschwaden hinwegstiegen.
»Cameron ist zu schwer für uns, selbst wenn wir es gemeinsam versuchen würden«, sagte Jaro.
»Nein«, entgegnete Nokturijè bestimmt. »Ich habe nicht auf Gol mein Leben für ihn aufs Spiel gesetzt, um ihn jetzt hier sterben zu lassen. Los Lucas, hilf mir.«
Auch wenn Jaro dies für ein sinnloses Unterfangen hielt, ließ sich Lucas nicht zweimal bitten. Die Mè und er schafften es tatsächlich, Cameron zu ziehen. Zu ihrem Vorteil war, dass der Colonel auf der Bahre festgeschnallt war, sodass sie diese problemlos an der Kopfseite anheben konnten, ohne dass er von dem glatten Metall einfach herunterrutschte.
»Wohin?«, fragte Lucas, da es für ihn keinen Sinn machte, Cam zu bewegen, wenn keine gemeinsame Richtung vorgegeben war.
Jaro sah sich in dem kleinen Raum um. Das schwache Blau, das die Örtlichkeit nur schemenhaft ausleuchtete, erschwerte die Orientierung jedoch. Hektisch suchten seine Augen nach einer Lösung, dem Nebel, der sich bislang noch am Boden befand, zu entgehen, als er in den Wänden eingelassene Pritschen entdeckte. Er dachte, je höher man sich im Raum befand, desto mehr Zeit blieb, um sich weitere Schritte zu überlegen.
»Da rüber Lucas«, sagte der Syka und deutete in Richtung der Pritschen.
Lucas und Nokturijè bemühten sich, so schnell es ging, vorwärts zu kommen, während der Qualm immer höher stieg und bald auch schon Camerons Kopf unter der weißen Nebeldecke zu verschwinden drohte.
»Nokturijè«, sprach Lucas die Mè an. »Du weißt, Cameron ist auch mein Freund, aber wir schaffen es nie und nimmer, ihn auf diese Pritsche zu hieven. Wir müssen ihn liegen lassen, es sei denn wir wollen mit ihm draufgehen.«
Die Mè blickte zu Cameron und sah, wie der Rauch von ihm bereits bei jedem Atemzug durch die Nase eingesogen wurde. Auch wenn sie es nur ungern zugab, sah sie
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