Sternenfinsternis (German Edition)
sie das Porex-Schiff hinter sich gelassen hatten und auf die Erde zusteuerten.
Lucas war aufgeregter als ein Kind an seinem ersten Schultag. Auch wenn er ein wenig in Sorge war, dass ihn sein Dad nach all den Jahren noch immer mit Argwohn und Ablehnung behandeln könnte, überwog auf eine für ihn unerklärliche Weise die Vorfreude, ihn endlich wieder zu sehen. Er war bereit, alles zu vergessen und hinter sich zu lassen, wenn er dies auch könnte. So viel war inzwischen in seinem Leben geschehen, was ihn über so manche Dinge anders denken ließ – auch er machte Fehler, die es zu verzeihen galt.
Mit gemischten Gefühlen fieberte er dem Treffen entgegen, darauf hoffend, ihn tatsächlich zu finden, damit es nach Jahren des Schweigens endlich zu einer Aussprache kommen konnte.
Als Lucas nach langer Zeit wieder aus dem Frontfenster der Fähre sah, stellte er erstaunt fest, dass Nokturijè bereits dabei war, auf das westliche Festland der Vereinigten Staaten zu zusteuerten.
Der Bundesstaat Kalifornien hatte in seiner Vergangenheit bereits einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Das Erdbeben von 1906 erschütterte die Küste Nordkaliforniens und galt lange Zeit als schlimmste Naturkatastrophe der Vereinigten Staaten. In San Francisco kamen durch das Beben und die dadurch ausgelösten Feuer nach offiziellen Angaben rund dreitausend Menschen ums Leben und es gab eine Vielzahl an Verletzten. Nach damaligen Schätzungen lag das Beben bei 7,8 auf der Momenten-Magnituden-Skala. Andere Quellen behaupteten, Oberflächenwellen bis 8,3 auf der Richterskala gemessen zu haben.
Anfang des 21. Jahrhunderts stellten irdische Wissenschaftler fest, dass die südlichen hundert Kilometer der San-Andreas-Verwerfung das einzige Stück der Formation war, welches in der Neuzeit noch nicht durch ein Erdbeben zerbrochen war. Die Geologen befürchteten, ein großes Erdbeben mit einer Stärke von 7 bis 8 auf der Richterskala könnte diesen Teil der Verwerfung bereits in naher Zukunft heimsuchen. Besonders beunruhigend an diesem Ergebnis war, dass sich die Millionenmetropole Los Angeles in diesem Bereich befand.
Am 04.03.2032 trat der schlimmste anzunehmende Fall ein. Los Angeles wurde nach beinahe einhundertfünfzig Jahren Überfälligkeit von einem Beben erschüttert, welches eine Stärke von 9,3 auf der Richterskala erreichte. Das Aufreißen des San-Andreas-Grabens erstreckte sich von San Francisco bis nach Mexiko hinunter in einer Länge von etwa 1.100 Kilometer. Kalifornien wurde regelrecht auseinandergerissen. San Francisco verschwand gänzlich von der Bildfläche, so wie viele weitere Ortschaften. Dem westlichen Teil Los Angeles erging es nicht anders. Jener Teil, der vom Meer nicht verschlungen wurde, fiel nahezu erbarmungslos den Gewalten der Erschütterungen zum Opfer. Diese Katastrophe forderte rund sechs Millionen Menschenleben und unzählige Verletzte. Innerhalb von nur zehn Jahren bauten die Einwohner und die Unmengen an Helfern die Küstenstadt wieder auf und nannten sie fortan New Angeles.
Gut ein Dutzend Dokumentationen wurden über dieses Unglück, welches das Land in seinen Grundfesten erschütterte, verfasst, sogar Spielfilme drehte man darüber. Jedes Kind, egal in welchem Teil des Landes es lebte, wurde über diese dramatischen Ereignisse in den Schulen unterrichtet, so auch Lucas. Man machte keinen Hehl daraus, dass dies jederzeit überall auf der Welt unter ähnlichen Umständen erneut passieren könnte. Dies machte Lucas so große Angst, dass ihn die Bilder der Zerstörung, die das Beben hinterließ, sehr lange in seinen Träumen verfolgten.
Etwas Ähnliches ist jedoch nie eingetroffen und diese gewaltige Zahl an Todesopfern blieb seit jenem schicksalhaften Tag unerreicht – doch nun standen sie einer noch viel größeren Gefahr gegenüber, welche nicht nur die Vereinigten Staaten betraf, sondern die gesamte Menschheit.
Nokturijè lenkte Ki`Ta´iyr über New Angeles hinweg und nun lag das, was aus Blut und Tränen wieder auferstanden war abermals in Trümmern. Auch wenn Lucas diese Zeit nur aus Schulbüchern und dem Geschichtskanal kannte, musste es für die Menschen damals ähnlich furchteinflößend ausgesehen haben. Nur das 18-zackige Raumschiff, welches so mächtig war, dass man es noch über eine große Distanz über all die himmelstrotzenden Bauwerke hinweg erspähen konnte, veränderte das Bild vergangener Zeit.
Die Mè flog ganz dicht über die Ruinen und halb zerstörten
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