Sternenfinsternis (German Edition)
Colonel. Doch aus einem anderen Grund. Der Syka befürchtete, dass der Junge durch die Unterbrechung nicht alle nötigen Informationen erhalten haben könnte. Er nahm die Schale vom Boden, reinigte sie grob vom Sand und reichte sie Nokturijè, die diese unter ihrer Robe verstaute.
»Gerne hätte ich einen Blick in die Ur‘Ulusal geworfen, doch dies dürfte durch dein unüberlegtes Handeln jetzt wohl nicht mehr möglich sein. Zudem hatte ich nicht mit derart gravierenden physischen Auswirkungen gerechnet. Doch wie es um seine mentale Gesundheit steht, kannst du wohl ebenso wenig beurteilen, wie ich dies kann. Womöglich hast du durch dein Eingreifen alles nur schlimmer gemacht. Die Übertragung war noch nicht abgeschlossen. Es ist durchaus möglich, dass der Junge nie wieder derselbe sein wird wie zuvor. Dafür müssen wir jedoch eine Analyse durchführen, die wir nur auf Syhaal, meinem Heimatplaneten vornehmen können. Dort befindet sich ein Gerät, welches die Erinnerungen des Jungen in Bilder fassen kann.«
»Jetzt soll ich daran schuld sein, wenn der Junge einen Schaden davongetragen hat?«, rief Cameron wütend aus, sodass sich beinahe seine Stimme überschlug. »Wer hat gesagt, dass er in dieses Foltergerät schauen soll? Ich kann ihnen schon jetzt sagen, wie es um seine mentale Gesundheit steht. Er dürfte traumatisiert sein – haben sie nicht gehört, wie er geschrien hat? Und das, bevor ich ihn davon befreite. Sie sagten selbst, dass man mit diesem Ding die Vergangenheit und die Zukunft sehen kann – ich denke kaum, dass Lucas aufgrund des dramatischen Ausgangs eines Zeichentrickfilmes so reagiert hat. Oder was denken sie Professor Neunmalklug?«
Cameron konnte es nicht begreifen, wie der Syka derart kühl und distanziert sein konnte, wo man von dieser Spezies doch stets Gegenteiliges berichtete. Die Wut kochte so sehr in dem Colonel, dass er das, was er Jaro in Ruhe erzählen wollte, da er wusste, dass ihn dies zutiefst treffen würde, nun achtlos als Gegenschlag aussprach.
»Ach und bevor ich es vergesse. Wenn sie nach Syhaal wollen, dann wünsche ich viel Spaß beim ...«
»Cameron! Tu das nicht!«, versuchte ihn Nokturijè davon abzuhalten, weiterzusprechen. Doch er war derart in Rage, dass er sie nicht einmal wahrnahm und unbeirrt weitersprach. »... Aufspüren ihres geliebten Heimatplaneten. Wenn sie Glück haben, klebt davon noch etwas an der Frontscheibe meines Raumschiffs.«
»Was?«, fragte Jaro erschüttert. »Wie meinst du das?«
»Der Junge und ich waren auf dem Weg nach De‘rekesch. Ich sollte Lucas auf einem Schulschiff der CSA abliefern, doch wir gerieten in einen Solarsturm. Ich dachte zumindest, dass es sich um einen handelte. In Wahrheit waren es die Ausläufer einer Supernova der Syka-Sonne, die bereits ihre Plasmawolken über den Rand eures Systems hinaus schickte. Wir bekamen zum Glück nur wenig davon ab, sonst wären wir der unbarmherzigen Glut dieser gewaltigen Explosion ebenfalls zum Opfer gefallen.«
Kaum hatte Cameron dies ausgesprochen, tat es ihm auch schon leid, Jaro die Hiobsbotschaft auf diese Weise übermittelt zu haben. Er sah, wie sich die Gesichtszüge des Syka langsam veränderten. Trauer überkam den kleinen Mann, der leicht ins Schwanken geriet. Nokturijè stützte ihren Freund und blickte den Colonel mit hasserfüllten Blicken an, als ob er persönlich es gewesen war, der die Syka-Sonne zu einer Supernova werden ließ.
»Cameron, du bist so ein ...«, Nokturijè kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden.
»Bist du dir sicher, Colonel? Ihr seid nicht vom Kurs abgekommen und habt die Supernova einer anderen Sonne miterlebt?«, fragte Jaro ihn schon beinahe flehend.
Cameron neigte beschämt sein Haupt und sah Lucas an, der noch immer nicht seine Besinnung zurückerlangt hatte.
»Nein, Sir. Ein Irrtum ist leider vollkommen ausgeschlossen. Es handelte sich ganz sicher um das Syka-System. Es tut mir leid.«
Jaro war die Traurigkeit von einem zum anderen Moment wie aus dem Gesicht gewischt. Mit weit aufgerissenen, starren Augen lief er auf den Colonel zu, der noch immer bei Lucas kniete, was es dem Syka ermöglichte, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
»Genau dies ist der Grund, warum wir hierher kamen, um diese Gefahr, welcher auch die Erde ausgesetzt ist, abzuwenden. Mein Planet ist zerstört – meine Familie und Freunde tot. Ich könnte nun aufgeben, da es nichts mehr gibt, wofür es sich zu kämpfen lohnt – alles, was ich liebte, ist weg.
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